aber nicht von ihrem Rechte. Sagt, daß die Völker einen ligitimen Fürsten fürchten, sagt aber nicht, daß sie ihn lieben. Die Franzosen haben dreimal die Bourbons verjagt, so legitim sie waren, und haben für den Usurpator Napoleon mehr gethan als je für einen ihrer Könige; denn sie liebten ihn. Die Schweizerische Republik lebt schon ein halbes Jahr¬ tausend im Glücke und Frieden, weil sie ihre Berge gegen die Fürsten schützte oder diese über die Thei¬ lung des Raubes nicht einig werden konnten. Nord¬ amerika genießt seit sechszig Jahren Freiheit und Ordnung, weil es die Könige nicht erreichen können. Don Pedro ist ein legitimer Fürst, warum gelingt es ihm nicht? Weil er seinem Volke die Freiheit zu geben gedenkt und ihn darum seine gekrönten Brüder als ein unwürdiges Glied aus der Familie gestoßen, und ihm schaden soviel sie können. Don Miguel ist ein Usurpator, warum erhält er sich? Weil er die Tyrannei meisterhaft handhabt, und die entzückten Fürsten ihm darum heimlich Beistand leisten. Das ist der Segen der Legitimität, daß ist die Ruhe und Ordnung in Monarchien: man findet sich mit den Räubern ab, und gegen den Beutel lassen sie uns das Leben. Und will einer sein Leben und seinen Beutel behalten, schlägt man ihn todt und dann heißt es: Seht! das sind die blutigen Folgen der Revolu¬ tionen. Vor einigen Jahren machte Vidocq der
aber nicht von ihrem Rechte. Sagt, daß die Völker einen ligitimen Fürſten fürchten, ſagt aber nicht, daß ſie ihn lieben. Die Franzoſen haben dreimal die Bourbons verjagt, ſo legitim ſie waren, und haben für den Uſurpator Napoleon mehr gethan als je für einen ihrer Könige; denn ſie liebten ihn. Die Schweizeriſche Republik lebt ſchon ein halbes Jahr¬ tauſend im Glücke und Frieden, weil ſie ihre Berge gegen die Fürſten ſchützte oder dieſe über die Thei¬ lung des Raubes nicht einig werden konnten. Nord¬ amerika genießt ſeit ſechszig Jahren Freiheit und Ordnung, weil es die Könige nicht erreichen können. Don Pedro iſt ein legitimer Fürſt, warum gelingt es ihm nicht? Weil er ſeinem Volke die Freiheit zu geben gedenkt und ihn darum ſeine gekrönten Brüder als ein unwürdiges Glied aus der Familie geſtoßen, und ihm ſchaden ſoviel ſie können. Don Miguel iſt ein Uſurpator, warum erhält er ſich? Weil er die Tyrannei meiſterhaft handhabt, und die entzückten Fürſten ihm darum heimlich Beiſtand leiſten. Das iſt der Segen der Legitimität, daß iſt die Ruhe und Ordnung in Monarchien: man findet ſich mit den Räubern ab, und gegen den Beutel laſſen ſie uns das Leben. Und will einer ſein Leben und ſeinen Beutel behalten, ſchlägt man ihn todt und dann heißt es: Seht! das ſind die blutigen Folgen der Revolu¬ tionen. Vor einigen Jahren machte Vidocq der
<TEI><text><body><divn="1"><div><div><p><pbfacs="#f0196"n="184"/>
aber nicht von ihrem Rechte. Sagt, daß die Völker<lb/>
einen ligitimen Fürſten fürchten, ſagt aber nicht, daß<lb/>ſie ihn lieben. Die Franzoſen haben dreimal die<lb/>
Bourbons verjagt, ſo legitim ſie waren, und haben<lb/>
für den Uſurpator Napoleon mehr gethan als je für<lb/>
einen ihrer Könige; denn ſie liebten ihn. Die<lb/>
Schweizeriſche Republik lebt ſchon ein halbes Jahr¬<lb/>
tauſend im Glücke und Frieden, weil ſie ihre Berge<lb/>
gegen die Fürſten ſchützte oder dieſe über die Thei¬<lb/>
lung des Raubes nicht einig werden konnten. Nord¬<lb/>
amerika genießt ſeit ſechszig Jahren Freiheit und<lb/>
Ordnung, weil es die Könige nicht erreichen können.<lb/>
Don Pedro iſt ein legitimer Fürſt, warum gelingt<lb/>
es ihm nicht? Weil er ſeinem Volke die Freiheit zu<lb/>
geben gedenkt und ihn darum ſeine gekrönten Brüder<lb/>
als ein unwürdiges Glied aus der Familie geſtoßen,<lb/>
und ihm ſchaden ſoviel ſie können. Don Miguel iſt<lb/>
ein Uſurpator, warum erhält er ſich? Weil er die<lb/>
Tyrannei meiſterhaft handhabt, und die entzückten<lb/>
Fürſten ihm darum heimlich Beiſtand leiſten. Das<lb/>
iſt der Segen der Legitimität, daß iſt die Ruhe und<lb/>
Ordnung in Monarchien: man findet ſich mit den<lb/>
Räubern ab, und gegen den Beutel laſſen ſie uns<lb/>
das Leben. Und will einer ſein Leben <hirendition="#g">und</hi>ſeinen<lb/>
Beutel behalten, ſchlägt man ihn todt und dann heißt<lb/>
es: Seht! das ſind die blutigen Folgen der Revolu¬<lb/>
tionen. Vor einigen Jahren machte Vidocq der<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[184/0196]
aber nicht von ihrem Rechte. Sagt, daß die Völker
einen ligitimen Fürſten fürchten, ſagt aber nicht, daß
ſie ihn lieben. Die Franzoſen haben dreimal die
Bourbons verjagt, ſo legitim ſie waren, und haben
für den Uſurpator Napoleon mehr gethan als je für
einen ihrer Könige; denn ſie liebten ihn. Die
Schweizeriſche Republik lebt ſchon ein halbes Jahr¬
tauſend im Glücke und Frieden, weil ſie ihre Berge
gegen die Fürſten ſchützte oder dieſe über die Thei¬
lung des Raubes nicht einig werden konnten. Nord¬
amerika genießt ſeit ſechszig Jahren Freiheit und
Ordnung, weil es die Könige nicht erreichen können.
Don Pedro iſt ein legitimer Fürſt, warum gelingt
es ihm nicht? Weil er ſeinem Volke die Freiheit zu
geben gedenkt und ihn darum ſeine gekrönten Brüder
als ein unwürdiges Glied aus der Familie geſtoßen,
und ihm ſchaden ſoviel ſie können. Don Miguel iſt
ein Uſurpator, warum erhält er ſich? Weil er die
Tyrannei meiſterhaft handhabt, und die entzückten
Fürſten ihm darum heimlich Beiſtand leiſten. Das
iſt der Segen der Legitimität, daß iſt die Ruhe und
Ordnung in Monarchien: man findet ſich mit den
Räubern ab, und gegen den Beutel laſſen ſie uns
das Leben. Und will einer ſein Leben und ſeinen
Beutel behalten, ſchlägt man ihn todt und dann heißt
es: Seht! das ſind die blutigen Folgen der Revolu¬
tionen. Vor einigen Jahren machte Vidocq der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/196>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.