Herrschaft zu Ende geht. Ja alle diese unsere Feinde wissen das besser als wir selbst; denn ihren Untergang sehen sie durch das Glas ihrer Furcht weit näher, als wir es sehen durch das Glas unse¬ rer Hoffnung. Aber weil sie es wissen, darum wü¬ then sie; sie wollen sich nicht retten, sie wollen sich rächen. Es giebt in Europa keinen Fürsten mehr, der so verblendet wäre, daß er noch hoffte, es werde einer seiner Enkel den Thron besteigen. Aber weil ohne Hoffnung, ist er auch ohne Erbarmen und nimmt sich die Tyranney seines Enkels voraus, sie zu der seinigen gesellend.
-- Heute kaufte ich einen schönen Geldbeu¬ tel für Sie, von der Farbe des griechischen Him¬ mels und der Königlich baierischen Nation: nämlich hellblau, mit einem goldenen Saume und mit weißer Seide gefüttert. So wonniglich weich anzufühlen, daß es einer zarten Seele schwer fiele, hartes uner¬ bittliches Geld hineinzulegen. Aber Sie werden ihn zu Almosen bestimmen. Hören Sie wie Sie dazu gekommen. Noch fünf Minuten vorher dachte ich nicht daran ihn zu kaufen, ob ich zwar an Sie dachte, denn ich schrieb Ihnen gerade. Ich las die allge¬ meine Zeitung und darin von den hannöverischen Ständen und von der Oeffentlichkeit die man ihnen bewilligt, von der Größe eines Nadelstichs; und wie
Herrſchaft zu Ende geht. Ja alle dieſe unſere Feinde wiſſen das beſſer als wir ſelbſt; denn ihren Untergang ſehen ſie durch das Glas ihrer Furcht weit näher, als wir es ſehen durch das Glas unſe¬ rer Hoffnung. Aber weil ſie es wiſſen, darum wü¬ then ſie; ſie wollen ſich nicht retten, ſie wollen ſich rächen. Es giebt in Europa keinen Fürſten mehr, der ſo verblendet wäre, daß er noch hoffte, es werde einer ſeiner Enkel den Thron beſteigen. Aber weil ohne Hoffnung, iſt er auch ohne Erbarmen und nimmt ſich die Tyranney ſeines Enkels voraus, ſie zu der ſeinigen geſellend.
— Heute kaufte ich einen ſchönen Geldbeu¬ tel für Sie, von der Farbe des griechiſchen Him¬ mels und der Königlich baieriſchen Nation: nämlich hellblau, mit einem goldenen Saume und mit weißer Seide gefüttert. So wonniglich weich anzufühlen, daß es einer zarten Seele ſchwer fiele, hartes uner¬ bittliches Geld hineinzulegen. Aber Sie werden ihn zu Almoſen beſtimmen. Hören Sie wie Sie dazu gekommen. Noch fünf Minuten vorher dachte ich nicht daran ihn zu kaufen, ob ich zwar an Sie dachte, denn ich ſchrieb Ihnen gerade. Ich las die allge¬ meine Zeitung und darin von den hannöveriſchen Ständen und von der Oeffentlichkeit die man ihnen bewilligt, von der Größe eines Nadelſtichs; und wie
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Herrſchaft zu Ende geht. Ja alle dieſe unſere
Feinde wiſſen das beſſer als wir ſelbſt; denn ihren
Untergang ſehen ſie durch das Glas ihrer Furcht
weit näher, als wir es ſehen durch das Glas unſe¬
rer Hoffnung. Aber weil ſie es wiſſen, darum wü¬
then ſie; ſie wollen ſich nicht retten, ſie wollen ſich
rächen. Es giebt in Europa keinen Fürſten mehr,
der ſo verblendet wäre, daß er noch hoffte, es werde
einer ſeiner Enkel den Thron beſteigen. Aber weil
ohne Hoffnung, iſt er auch ohne Erbarmen und nimmt
ſich die Tyranney ſeines Enkels voraus, ſie zu der
ſeinigen geſellend.
— Heute kaufte ich einen ſchönen Geldbeu¬
tel für Sie, von der Farbe des griechiſchen Him¬
mels und der Königlich baieriſchen Nation: nämlich
hellblau, mit einem goldenen Saume und mit weißer
Seide gefüttert. So wonniglich weich anzufühlen,
daß es einer zarten Seele ſchwer fiele, hartes uner¬
bittliches Geld hineinzulegen. Aber Sie werden ihn
zu Almoſen beſtimmen. Hören Sie wie Sie dazu
gekommen. Noch fünf Minuten vorher dachte ich
nicht daran ihn zu kaufen, ob ich zwar an Sie dachte,
denn ich ſchrieb Ihnen gerade. Ich las die allge¬
meine Zeitung und darin von den hannöveriſchen
Ständen und von der Oeffentlichkeit die man ihnen
bewilligt, von der Größe eines Nadelſtichs; und wie
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/134>, abgerufen am 16.07.2024.
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