Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

verspricht Portugal der Wassersack der Spanischen
Halbinsel zu werden, und Griechenland ist voraus
zum Wassersack des Orients bestimmt, wenn dieser
wie sie fürchten der Civilisation und Freiheit ent¬
gegen reist.

Der schönste Spaß in dieser baierisch-grichischen
Comödie ist: daß König Otto, oder vielmehr sein
Vater in dessen Namen, die griechische Constitution
nicht hat beschwören wollen; daß Miaulis, der Chef
der griechischen Deputation, erklärt hat, nur unter
der Bedingung eines solchen Eides sei er beauftragt
dem Prinzen die Krone anzubieten, daß er also, da
man sich weigere ihn zu leisten, den Otto nicht als
König anerkennen dürfe. Die Deputation kehrt allein
nach Griechenland zurück, und König Otto zieht an
der Spitze seiner Baiern hin und nimmt von seinem
Lande mit Gewalt Besitz. Ich fürchte sehr, daß
wenn der griechische Himmel das wahre Verhältniß
der Sache erfährt, er sein Baierisch-blau wieder
ausziehen und seinen grauen Schlafrock anziehen
wird.

Ich sage Ihnen, ich sage Ihnen, es ist mit
dem lieben Gott nichts mehr anzufangen. Da sitzt
der alte Herr den ganzen Tag auf seinem Lehnstuhle,
liest die Erdzeitungen und brummt über seine entar¬

V. 7

verſpricht Portugal der Waſſerſack der Spaniſchen
Halbinſel zu werden, und Griechenland iſt voraus
zum Waſſerſack des Orients beſtimmt, wenn dieſer
wie ſie fürchten der Civiliſation und Freiheit ent¬
gegen reiſt.

Der ſchönſte Spaß in dieſer baieriſch-grichiſchen
Comödie iſt: daß König Otto, oder vielmehr ſein
Vater in deſſen Namen, die griechiſche Conſtitution
nicht hat beſchwören wollen; daß Miaulis, der Chef
der griechiſchen Deputation, erklärt hat, nur unter
der Bedingung eines ſolchen Eides ſei er beauftragt
dem Prinzen die Krone anzubieten, daß er alſo, da
man ſich weigere ihn zu leiſten, den Otto nicht als
König anerkennen dürfe. Die Deputation kehrt allein
nach Griechenland zurück, und König Otto zieht an
der Spitze ſeiner Baiern hin und nimmt von ſeinem
Lande mit Gewalt Beſitz. Ich fürchte ſehr, daß
wenn der griechiſche Himmel das wahre Verhältniß
der Sache erfährt, er ſein Baieriſch-blau wieder
ausziehen und ſeinen grauen Schlafrock anziehen
wird.

Ich ſage Ihnen, ich ſage Ihnen, es iſt mit
dem lieben Gott nichts mehr anzufangen. Da ſitzt
der alte Herr den ganzen Tag auf ſeinem Lehnſtuhle,
lieſt die Erdzeitungen und brummt über ſeine entar¬

V. 7
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0109" n="97"/>
ver&#x017F;pricht Portugal der Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ack der Spani&#x017F;chen<lb/>
Halbin&#x017F;el zu werden, und Griechenland i&#x017F;t voraus<lb/>
zum Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ack des Orients be&#x017F;timmt, wenn die&#x017F;er<lb/>
wie &#x017F;ie fürchten der Civili&#x017F;ation und Freiheit ent¬<lb/>
gegen rei&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Der &#x017F;chön&#x017F;te Spaß in die&#x017F;er baieri&#x017F;ch-grichi&#x017F;chen<lb/>
Comödie i&#x017F;t: daß König Otto, oder vielmehr &#x017F;ein<lb/>
Vater in de&#x017F;&#x017F;en Namen, die griechi&#x017F;che Con&#x017F;titution<lb/>
nicht hat be&#x017F;chwören wollen; daß Miaulis, der Chef<lb/>
der griechi&#x017F;chen Deputation, erklärt hat, nur unter<lb/>
der Bedingung eines &#x017F;olchen Eides &#x017F;ei er beauftragt<lb/>
dem Prinzen die Krone anzubieten, daß er al&#x017F;o, da<lb/>
man &#x017F;ich weigere ihn zu lei&#x017F;ten, den Otto nicht als<lb/>
König anerkennen dürfe. Die Deputation kehrt allein<lb/>
nach Griechenland zurück, und König Otto zieht an<lb/>
der Spitze &#x017F;einer Baiern hin und nimmt von &#x017F;einem<lb/>
Lande mit Gewalt Be&#x017F;itz. Ich fürchte &#x017F;ehr, daß<lb/>
wenn der griechi&#x017F;che Himmel das wahre Verhältniß<lb/>
der Sache erfährt, er &#x017F;ein Baieri&#x017F;ch-blau wieder<lb/>
ausziehen und &#x017F;einen grauen Schlafrock anziehen<lb/>
wird.</p><lb/>
          <p>Ich &#x017F;age Ihnen, ich &#x017F;age Ihnen, es i&#x017F;t mit<lb/>
dem lieben Gott nichts mehr anzufangen. Da &#x017F;itzt<lb/>
der alte Herr den ganzen Tag auf &#x017F;einem Lehn&#x017F;tuhle,<lb/>
lie&#x017F;t die Erdzeitungen und brummt über &#x017F;eine entar¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">V</hi>. 7<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0109] verſpricht Portugal der Waſſerſack der Spaniſchen Halbinſel zu werden, und Griechenland iſt voraus zum Waſſerſack des Orients beſtimmt, wenn dieſer wie ſie fürchten der Civiliſation und Freiheit ent¬ gegen reiſt. Der ſchönſte Spaß in dieſer baieriſch-grichiſchen Comödie iſt: daß König Otto, oder vielmehr ſein Vater in deſſen Namen, die griechiſche Conſtitution nicht hat beſchwören wollen; daß Miaulis, der Chef der griechiſchen Deputation, erklärt hat, nur unter der Bedingung eines ſolchen Eides ſei er beauftragt dem Prinzen die Krone anzubieten, daß er alſo, da man ſich weigere ihn zu leiſten, den Otto nicht als König anerkennen dürfe. Die Deputation kehrt allein nach Griechenland zurück, und König Otto zieht an der Spitze ſeiner Baiern hin und nimmt von ſeinem Lande mit Gewalt Beſitz. Ich fürchte ſehr, daß wenn der griechiſche Himmel das wahre Verhältniß der Sache erfährt, er ſein Baieriſch-blau wieder ausziehen und ſeinen grauen Schlafrock anziehen wird. Ich ſage Ihnen, ich ſage Ihnen, es iſt mit dem lieben Gott nichts mehr anzufangen. Da ſitzt der alte Herr den ganzen Tag auf ſeinem Lehnſtuhle, lieſt die Erdzeitungen und brummt über ſeine entar¬ V. 7

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/109
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/109>, abgerufen am 12.12.2024.