heimer Zeitung von den Heidelberger Studenten noch niemals Prügel bekommen.
-- Soviel ich das undeutlich geschriebene Motto aus dem Tacitus lesen kann, heißt es in deutscher Uebersetzung ohngefähr wie folgt: "Nicht blos gegen "die Schriftsteller, sondern auch gegen deren Werke, "wurde auf Befehl der Triumviren mit Erbitterung "verfahren, und die Denkmäler der erhabensten Geister "wurden auf dem Forum verbrannt -- als könnten "durch Feuer die Klagen des römischen Volks, die Frei¬ "heit des Senats und das Gefühl des ganzen Men¬ "schengeschlechts vernichtet werden!"
Mittwoch, den 7. März.
Nicht auf Myrons Kuh wurden zu ihrer Zeit so viele Epigramme gemacht, als in Deutschland seit eini¬ gen Monaten auf mich gemacht wurden! Und es sind nicht blos kleine Schaumuster von Witz, von Fingers¬ länge, wie jene griechischen waren; sondern es sind ganze lange, breite, schwere Witzstücke, woran drei Blei hängen, das bekannte Fabrikzeichen der deutschen Satyre. Es ist aber merkwürdig, was ich bei den Fabrikanten Kredit habe! Sie schicken mir ihre Waare unbestellt, unverlangt, und scheinen ganz unbekümmert, ob ich sie einmal bezahlen werde oder nicht. Aber ich bezahle sie -- ehrlich währt am längsten.
Ein solches Witzstück erhielt ich gestern in meinem
heimer Zeitung von den Heidelberger Studenten noch niemals Prügel bekommen.
— Soviel ich das undeutlich geſchriebene Motto aus dem Tacitus leſen kann, heißt es in deutſcher Ueberſetzung ohngefähr wie folgt: „Nicht blos gegen „die Schriftſteller, ſondern auch gegen deren Werke, „wurde auf Befehl der Triumviren mit Erbitterung „verfahren, und die Denkmäler der erhabenſten Geiſter „wurden auf dem Forum verbrannt — als könnten „durch Feuer die Klagen des römiſchen Volks, die Frei¬ „heit des Senats und das Gefühl des ganzen Men¬ „ſchengeſchlechts vernichtet werden!“
Mittwoch, den 7. März.
Nicht auf Myrons Kuh wurden zu ihrer Zeit ſo viele Epigramme gemacht, als in Deutſchland ſeit eini¬ gen Monaten auf mich gemacht wurden! Und es ſind nicht blos kleine Schaumuſter von Witz, von Fingers¬ länge, wie jene griechiſchen waren; ſondern es ſind ganze lange, breite, ſchwere Witzſtücke, woran drei Blei hängen, das bekannte Fabrikzeichen der deutſchen Satyre. Es iſt aber merkwürdig, was ich bei den Fabrikanten Kredit habe! Sie ſchicken mir ihre Waare unbeſtellt, unverlangt, und ſcheinen ganz unbekümmert, ob ich ſie einmal bezahlen werde oder nicht. Aber ich bezahle ſie — ehrlich währt am längſten.
Ein ſolches Witzſtück erhielt ich geſtern in meinem
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heimer Zeitung von den Heidelberger Studenten noch
niemals Prügel bekommen.
— Soviel ich das undeutlich geſchriebene Motto
aus dem Tacitus leſen kann, heißt es in deutſcher
Ueberſetzung ohngefähr wie folgt: „Nicht blos gegen
„die Schriftſteller, ſondern auch gegen deren Werke,
„wurde auf Befehl der Triumviren mit Erbitterung
„verfahren, und die Denkmäler der erhabenſten Geiſter
„wurden auf dem Forum verbrannt — als könnten
„durch Feuer die Klagen des römiſchen Volks, die Frei¬
„heit des Senats und das Gefühl des ganzen Men¬
„ſchengeſchlechts vernichtet werden!“
Mittwoch, den 7. März.
Nicht auf Myrons Kuh wurden zu ihrer Zeit ſo
viele Epigramme gemacht, als in Deutſchland ſeit eini¬
gen Monaten auf mich gemacht wurden! Und es ſind
nicht blos kleine Schaumuſter von Witz, von Fingers¬
länge, wie jene griechiſchen waren; ſondern es ſind
ganze lange, breite, ſchwere Witzſtücke, woran drei
Blei hängen, das bekannte Fabrikzeichen der deutſchen
Satyre. Es iſt aber merkwürdig, was ich bei den
Fabrikanten Kredit habe! Sie ſchicken mir ihre Waare
unbeſtellt, unverlangt, und ſcheinen ganz unbekümmert,
ob ich ſie einmal bezahlen werde oder nicht. Aber
ich bezahle ſie — ehrlich währt am längſten.
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/260>, abgerufen am 17.07.2024.
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