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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

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gleich vor Schrecken. So kriecht, kriecht, Ihr Regen¬
würmer, die Ihr nach dem Gewitter in Frankreich
Euch aus der Erde hervorgewagt -- kriecht, bis Euch
der Fuß der Tyrannei zerquetscht! Welker hat in
der Ankündigung seiner neuen Zeitung, die der Frei¬
sinnige
heißen wird, gesagt: "das neue Blatt
"wird zeigen, daß Baden werth ist, das un¬
"schätzbare Gut der Preßfreiheit zu ge¬
nießen
." Zeigen -- werth ist -- wem zeigen?
Der Regierung? Der Bundesversammlung? Die¬
ser zeigen, daß ein deutsches Volk der Freiheit wür¬
dig sey? Um den Beifall der Regierungen buhlen?
Großer Gott! Wie kann man nur so wenig die
Würde des Bürgers, so wenig die Würde eines
Volks fühlen, in dessen Namen man spricht, daß
man sagt, man wolle zeigen, daß das Volk des Bei¬
falls seiner Regierung würdig sey? Die Regierun¬
gen müssen um den Beifall ihrer Völker buhlen; sie,
aus dem Volke hervorgegangen, von ihm erhoben,
von ihm theuer bezahlt -- sie müssen zeigen, daß
sie des Vertrauens würdig sind, das man in sie ge¬
setzt, daß sie die Macht verdienen, die man ihnen
geliehen zum Besten aller. Das Volk braucht nicht
zu bitten, das Volk braucht nicht zu schmeicheln, ihm
ist alle Macht, sein ist alle Herrschaft, und die Re¬
gierung ist sein Unterthan.

In einem deutschen Blatte las ich: in Preußen

gleich vor Schrecken. So kriecht, kriecht, Ihr Regen¬
würmer, die Ihr nach dem Gewitter in Frankreich
Euch aus der Erde hervorgewagt — kriecht, bis Euch
der Fuß der Tyrannei zerquetſcht! Welker hat in
der Ankündigung ſeiner neuen Zeitung, die der Frei¬
ſinnige
heißen wird, geſagt: „das neue Blatt
wird zeigen, daß Baden werth iſt, das un¬
ſchätzbare Gut der Preßfreiheit zu ge¬
nießen
.“ Zeigen — werth iſt — wem zeigen?
Der Regierung? Der Bundesverſammlung? Die¬
ſer zeigen, daß ein deutſches Volk der Freiheit wür¬
dig ſey? Um den Beifall der Regierungen buhlen?
Großer Gott! Wie kann man nur ſo wenig die
Würde des Bürgers, ſo wenig die Würde eines
Volks fühlen, in deſſen Namen man ſpricht, daß
man ſagt, man wolle zeigen, daß das Volk des Bei¬
falls ſeiner Regierung würdig ſey? Die Regierun¬
gen müſſen um den Beifall ihrer Völker buhlen; ſie,
aus dem Volke hervorgegangen, von ihm erhoben,
von ihm theuer bezahlt — ſie müſſen zeigen, daß
ſie des Vertrauens würdig ſind, das man in ſie ge¬
ſetzt, daß ſie die Macht verdienen, die man ihnen
geliehen zum Beſten aller. Das Volk braucht nicht
zu bitten, das Volk braucht nicht zu ſchmeicheln, ihm
iſt alle Macht, ſein iſt alle Herrſchaft, und die Re¬
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[226/0240] gleich vor Schrecken. So kriecht, kriecht, Ihr Regen¬ würmer, die Ihr nach dem Gewitter in Frankreich Euch aus der Erde hervorgewagt — kriecht, bis Euch der Fuß der Tyrannei zerquetſcht! Welker hat in der Ankündigung ſeiner neuen Zeitung, die der Frei¬ ſinnige heißen wird, geſagt: „das neue Blatt „wird zeigen, daß Baden werth iſt, das un¬ „ſchätzbare Gut der Preßfreiheit zu ge¬ nießen.“ Zeigen — werth iſt — wem zeigen? Der Regierung? Der Bundesverſammlung? Die¬ ſer zeigen, daß ein deutſches Volk der Freiheit wür¬ dig ſey? Um den Beifall der Regierungen buhlen? Großer Gott! Wie kann man nur ſo wenig die Würde des Bürgers, ſo wenig die Würde eines Volks fühlen, in deſſen Namen man ſpricht, daß man ſagt, man wolle zeigen, daß das Volk des Bei¬ falls ſeiner Regierung würdig ſey? Die Regierun¬ gen müſſen um den Beifall ihrer Völker buhlen; ſie, aus dem Volke hervorgegangen, von ihm erhoben, von ihm theuer bezahlt — ſie müſſen zeigen, daß ſie des Vertrauens würdig ſind, das man in ſie ge¬ ſetzt, daß ſie die Macht verdienen, die man ihnen geliehen zum Beſten aller. Das Volk braucht nicht zu bitten, das Volk braucht nicht zu ſchmeicheln, ihm iſt alle Macht, ſein iſt alle Herrſchaft, und die Re¬ gierung iſt ſein Unterthan. In einem deutſchen Blatte las ich: in Preußen

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/240>, abgerufen am 29.11.2024.