Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

steht. Oesterreich und Preußen müssen die
Revolution machen
. Und man kann ihnen ge¬
rade heraussagen, was man von ihnen erwartet;
denn sie werden uns zum Trotze und um unsere Er¬
wartung zu täuschen, gewiß nicht vernünftig werden.

Von dem ersten März an erscheinen im Badi¬
schen zwei neue liberale Blätter, ohne Censur. Das
Eine in Heidelberg vom Deputirten von Itzstein re¬
digirt, das Andere in Freiburg von den Deputirten
Duttlinger, von Rotteck und Welker. Das ist nun
zum erstenmal in Deutschland, daß bedeutende und
angesehene Männer ein politisches Blatt schreiben.
Das wird glückliche Folgen haben. Was aber wird
die hohe Bundesversammlung thun? Die Art, wie
ich geschrieben und die Tribüne, war den Herrn für
einige Zeit wenigstens gewiß willkommen. Das gab
ihnen Vorwand, gegen die Preßfreiheit mit Strenge
zu verfahren, und Tausende von deutschen liberalen
Philistern, die früher in der Abenddämmerung ein
leises Wort mitgesprochen, sind von unserm lauten
Worte am hellen Tage so in Schrecken versetzt wor¬
den, daß sie seitdem schweigen. Das war jenen in
Frankfurt auch Gewinn. Wenn aber Männer, wie
die genannten, mit Festigkeit doch mit Mäßigung,
auf eine dem ängstlichen und frommen Gemüthe der
Deutschen entsprechende Weise -- -- und sie wirken
doch, nur langsamer -- die constitutionelle Gesin¬

ſteht. Oeſterreich und Preußen müſſen die
Revolution machen
. Und man kann ihnen ge¬
rade herausſagen, was man von ihnen erwartet;
denn ſie werden uns zum Trotze und um unſere Er¬
wartung zu täuſchen, gewiß nicht vernünftig werden.

Von dem erſten März an erſcheinen im Badi¬
ſchen zwei neue liberale Blätter, ohne Cenſur. Das
Eine in Heidelberg vom Deputirten von Itzſtein re¬
digirt, das Andere in Freiburg von den Deputirten
Duttlinger, von Rotteck und Welker. Das iſt nun
zum erſtenmal in Deutſchland, daß bedeutende und
angeſehene Männer ein politiſches Blatt ſchreiben.
Das wird glückliche Folgen haben. Was aber wird
die hohe Bundesverſammlung thun? Die Art, wie
ich geſchrieben und die Tribüne, war den Herrn für
einige Zeit wenigſtens gewiß willkommen. Das gab
ihnen Vorwand, gegen die Preßfreiheit mit Strenge
zu verfahren, und Tauſende von deutſchen liberalen
Philiſtern, die früher in der Abenddämmerung ein
leiſes Wort mitgeſprochen, ſind von unſerm lauten
Worte am hellen Tage ſo in Schrecken verſetzt wor¬
den, daß ſie ſeitdem ſchweigen. Das war jenen in
Frankfurt auch Gewinn. Wenn aber Männer, wie
die genannten, mit Feſtigkeit doch mit Mäßigung,
auf eine dem ängſtlichen und frommen Gemüthe der
Deutſchen entſprechende Weiſe — — und ſie wirken
doch, nur langſamer — die conſtitutionelle Geſin¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <p><pb facs="#f0238" n="224"/>
&#x017F;teht. <hi rendition="#g">Oe&#x017F;terreich und Preußen mü&#x017F;&#x017F;en die<lb/>
Revolution machen</hi>. Und man kann ihnen ge¬<lb/>
rade heraus&#x017F;agen, was man von ihnen erwartet;<lb/>
denn &#x017F;ie werden uns zum Trotze und um un&#x017F;ere Er¬<lb/>
wartung zu täu&#x017F;chen, gewiß nicht vernünftig werden.</p><lb/>
          <p>Von dem er&#x017F;ten März an er&#x017F;cheinen im Badi¬<lb/>
&#x017F;chen zwei neue liberale Blätter, ohne Cen&#x017F;ur. Das<lb/>
Eine in Heidelberg vom Deputirten von Itz&#x017F;tein re¬<lb/>
digirt, das Andere in Freiburg von den Deputirten<lb/>
Duttlinger, von Rotteck und Welker. Das i&#x017F;t nun<lb/>
zum er&#x017F;tenmal in Deut&#x017F;chland, daß bedeutende und<lb/>
ange&#x017F;ehene Männer ein politi&#x017F;ches Blatt &#x017F;chreiben.<lb/>
Das wird glückliche Folgen haben. Was aber wird<lb/>
die hohe Bundesver&#x017F;ammlung thun? Die Art, wie<lb/>
ich ge&#x017F;chrieben und die Tribüne, war den Herrn für<lb/>
einige Zeit wenig&#x017F;tens gewiß willkommen. Das gab<lb/>
ihnen Vorwand, gegen die Preßfreiheit mit Strenge<lb/>
zu verfahren, und Tau&#x017F;ende von deut&#x017F;chen liberalen<lb/>
Phili&#x017F;tern, die früher in der Abenddämmerung ein<lb/>
lei&#x017F;es Wort mitge&#x017F;prochen, &#x017F;ind von un&#x017F;erm lauten<lb/>
Worte am hellen Tage &#x017F;o in Schrecken ver&#x017F;etzt wor¬<lb/>
den, daß &#x017F;ie &#x017F;eitdem &#x017F;chweigen. Das war jenen in<lb/>
Frankfurt auch Gewinn. Wenn aber Männer, wie<lb/>
die genannten, mit Fe&#x017F;tigkeit doch mit Mäßigung,<lb/>
auf eine dem äng&#x017F;tlichen und frommen Gemüthe der<lb/>
Deut&#x017F;chen ent&#x017F;prechende Wei&#x017F;e &#x2014; &#x2014; und &#x017F;ie wirken<lb/>
doch, nur lang&#x017F;amer &#x2014; die con&#x017F;titutionelle Ge&#x017F;in¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0238] ſteht. Oeſterreich und Preußen müſſen die Revolution machen. Und man kann ihnen ge¬ rade herausſagen, was man von ihnen erwartet; denn ſie werden uns zum Trotze und um unſere Er¬ wartung zu täuſchen, gewiß nicht vernünftig werden. Von dem erſten März an erſcheinen im Badi¬ ſchen zwei neue liberale Blätter, ohne Cenſur. Das Eine in Heidelberg vom Deputirten von Itzſtein re¬ digirt, das Andere in Freiburg von den Deputirten Duttlinger, von Rotteck und Welker. Das iſt nun zum erſtenmal in Deutſchland, daß bedeutende und angeſehene Männer ein politiſches Blatt ſchreiben. Das wird glückliche Folgen haben. Was aber wird die hohe Bundesverſammlung thun? Die Art, wie ich geſchrieben und die Tribüne, war den Herrn für einige Zeit wenigſtens gewiß willkommen. Das gab ihnen Vorwand, gegen die Preßfreiheit mit Strenge zu verfahren, und Tauſende von deutſchen liberalen Philiſtern, die früher in der Abenddämmerung ein leiſes Wort mitgeſprochen, ſind von unſerm lauten Worte am hellen Tage ſo in Schrecken verſetzt wor¬ den, daß ſie ſeitdem ſchweigen. Das war jenen in Frankfurt auch Gewinn. Wenn aber Männer, wie die genannten, mit Feſtigkeit doch mit Mäßigung, auf eine dem ängſtlichen und frommen Gemüthe der Deutſchen entſprechende Weiſe — — und ſie wirken doch, nur langſamer — die conſtitutionelle Geſin¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/238
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/238>, abgerufen am 30.11.2024.