"senden ihn euch! Polen, Deutsche, Männer "-- diese Worte wird hinfort keine Verschiedenheit "der Bedeutung trennen!" Ich kenne die Jünglinge, die das geschrieben. Kennte ich sie nicht und hätte ich sie nicht erkannt, würde ich spotten, wie ich es oft gethan, über die hohlen Reden, die wie Seifen¬ blasen glänzen und zerfließen. Aber ich kenne sie. Sie haben in Deutschland und in Belgien für die Freiheit muthig gekämpft, und ob sie zwar unglücklich waren und kein beredtsamer Sieg für sie sprach, sind sie doch bescheiden und fromm geblieben und ha¬ ben nur Worte für ihre künftigen Thaten, keine für ihre vergangenen. Wenn das deutsche Volk viele solcher zählt, nun, dann kann es wohl fallen im Kampfe gegen Tyrannei, aber in die alte Gefangen¬ schaft geräth es nimmermehr.
Der Doktor Gartenhof sollte mir eigentlich zur Warnung dienen. Der hat lange nicht so heftig geschrieben, als ich, und doch haben sie ihn eingesperrt. Dabei hat er noch das Glück, daß der constitutionelle Geist in Hessen ihn gegen gesetzwidrige Gewaltthätig¬ keiten schützt. Wie würde es mir ergehen, wenn ich mich in Frankfurt der schnödesten Willkühr preiß gäbe? Ich werde mich sehr bedenken, nach Deutschland zu kommen.
Lesen Sie denn die deutsche Tribune nicht? Sind Sie nicht erstaunt, was der kleine Herkules,
„ſenden ihn euch! Polen, Deutſche, Männer „— dieſe Worte wird hinfort keine Verſchiedenheit „der Bedeutung trennen!“ Ich kenne die Jünglinge, die das geſchrieben. Kennte ich ſie nicht und hätte ich ſie nicht erkannt, würde ich ſpotten, wie ich es oft gethan, über die hohlen Reden, die wie Seifen¬ blaſen glänzen und zerfließen. Aber ich kenne ſie. Sie haben in Deutſchland und in Belgien für die Freiheit muthig gekämpft, und ob ſie zwar unglücklich waren und kein beredtſamer Sieg für ſie ſprach, ſind ſie doch beſcheiden und fromm geblieben und ha¬ ben nur Worte für ihre künftigen Thaten, keine für ihre vergangenen. Wenn das deutſche Volk viele ſolcher zählt, nun, dann kann es wohl fallen im Kampfe gegen Tyrannei, aber in die alte Gefangen¬ ſchaft geräth es nimmermehr.
Der Doktor Gartenhof ſollte mir eigentlich zur Warnung dienen. Der hat lange nicht ſo heftig geſchrieben, als ich, und doch haben ſie ihn eingeſperrt. Dabei hat er noch das Glück, daß der conſtitutionelle Geiſt in Heſſen ihn gegen geſetzwidrige Gewaltthätig¬ keiten ſchützt. Wie würde es mir ergehen, wenn ich mich in Frankfurt der ſchnödeſten Willkühr preiß gäbe? Ich werde mich ſehr bedenken, nach Deutſchland zu kommen.
Leſen Sie denn die deutſche Tribune nicht? Sind Sie nicht erſtaunt, was der kleine Herkules,
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„ſenden ihn euch! Polen, Deutſche, Männer
„— dieſe Worte wird hinfort keine Verſchiedenheit
„der Bedeutung trennen!“ Ich kenne die Jünglinge,
die das geſchrieben. Kennte ich ſie nicht und hätte
ich ſie nicht erkannt, würde ich ſpotten, wie ich es
oft gethan, über die hohlen Reden, die wie Seifen¬
blaſen glänzen und zerfließen. Aber ich kenne ſie.
Sie haben in Deutſchland und in Belgien für die
Freiheit muthig gekämpft, und ob ſie zwar unglücklich
waren und kein beredtſamer Sieg für ſie ſprach,
ſind ſie doch beſcheiden und fromm geblieben und ha¬
ben nur Worte für ihre künftigen Thaten, keine für
ihre vergangenen. Wenn das deutſche Volk viele
ſolcher zählt, nun, dann kann es wohl fallen im
Kampfe gegen Tyrannei, aber in die alte Gefangen¬
ſchaft geräth es nimmermehr.
Der Doktor Gartenhof ſollte mir eigentlich
zur Warnung dienen. Der hat lange nicht ſo heftig
geſchrieben, als ich, und doch haben ſie ihn eingeſperrt.
Dabei hat er noch das Glück, daß der conſtitutionelle
Geiſt in Heſſen ihn gegen geſetzwidrige Gewaltthätig¬
keiten ſchützt. Wie würde es mir ergehen, wenn ich
mich in Frankfurt der ſchnödeſten Willkühr preiß gäbe?
Ich werde mich ſehr bedenken, nach Deutſchland zu
kommen.
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/226>, abgerufen am 18.07.2024.
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