Lelewell als Präsident steht) ein Schreiben erlas¬ sen, das diese hochgeprüften unerschütterlichen Män¬ ner mit thränenden Augen gelesen. Ganz deutsch und fromm im schönsten Sinne des Wortes, ganz unterwürfig und mädchenhaft, und wie Mondesblick, freundlich aber wehmüthig auf die deutschen Männer herabsehend, welche schlafen. Der Brief wird von hier in die deutschen Blätter geschickt werden, und Sie werden ihn darin lesen. Diesen Mädchen-Brief haben die jungen deutschen Patrioten hier an sämmt¬ liche Universitäten, mit folgendem Rundschreiben be¬ gleitet, geschickt: "Nachstehendes Schreiben deutscher "Jungfrauen haben uns mit thränenden Augen die "Polen gegeben, damit wir es unserm Volke bekannt "machen, und in Sonderheit euch akademischen Brü¬ "dern, in deren höhern Bildung und veredelten Ge¬ fühlen das Vaterland zweier Nationen den Keim "seiner großen Hoffnungen niederlegte. Mit Stolz "und Schaamgefühl erfüllen wir den Wunsch der "Männer. Er wird einen gewaltigen und folge¬ "reichen Wiederhall finden, denn es sind Worte der "Wahrheit, aus deutscher Jungfrauen Munde "hinüberströmend in deutscher Jünglinge Brust. "Als wir sie lasen, diese deutschen Worte, da schwu¬ "ren wir bei unserer Ehre und bei unserm Vater¬ "lande, uns würdig zu machen der Jungfrauen, "welche sie dachten. Diesen Schwur, Brüder, wir
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Lelewell als Präſident ſteht) ein Schreiben erlaſ¬ ſen, das dieſe hochgeprüften unerſchütterlichen Män¬ ner mit thränenden Augen geleſen. Ganz deutſch und fromm im ſchönſten Sinne des Wortes, ganz unterwürfig und mädchenhaft, und wie Mondesblick, freundlich aber wehmüthig auf die deutſchen Männer herabſehend, welche ſchlafen. Der Brief wird von hier in die deutſchen Blätter geſchickt werden, und Sie werden ihn darin leſen. Dieſen Mädchen-Brief haben die jungen deutſchen Patrioten hier an ſämmt¬ liche Univerſitäten, mit folgendem Rundſchreiben be¬ gleitet, geſchickt: „Nachſtehendes Schreiben deutſcher „Jungfrauen haben uns mit thränenden Augen die „Polen gegeben, damit wir es unſerm Volke bekannt „machen, und in Sonderheit euch akademiſchen Brü¬ „dern, in deren höhern Bildung und veredelten Ge¬ fühlen das Vaterland zweier Nationen den Keim „ſeiner großen Hoffnungen niederlegte. Mit Stolz „und Schaamgefühl erfüllen wir den Wunſch der „Männer. Er wird einen gewaltigen und folge¬ „reichen Wiederhall finden, denn es ſind Worte der „Wahrheit, aus deutſcher Jungfrauen Munde „hinüberſtrömend in deutſcher Jünglinge Bruſt. „Als wir ſie laſen, dieſe deutſchen Worte, da ſchwu¬ „ren wir bei unſerer Ehre und bei unſerm Vater¬ „lande, uns würdig zu machen der Jungfrauen, „welche ſie dachten. Dieſen Schwur, Brüder, wir
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[211/0225]
Lelewell als Präſident ſteht) ein Schreiben erlaſ¬
ſen, das dieſe hochgeprüften unerſchütterlichen Män¬
ner mit thränenden Augen geleſen. Ganz deutſch
und fromm im ſchönſten Sinne des Wortes, ganz
unterwürfig und mädchenhaft, und wie Mondesblick,
freundlich aber wehmüthig auf die deutſchen Männer
herabſehend, welche ſchlafen. Der Brief wird von
hier in die deutſchen Blätter geſchickt werden, und
Sie werden ihn darin leſen. Dieſen Mädchen-Brief
haben die jungen deutſchen Patrioten hier an ſämmt¬
liche Univerſitäten, mit folgendem Rundſchreiben be¬
gleitet, geſchickt: „Nachſtehendes Schreiben deutſcher
„Jungfrauen haben uns mit thränenden Augen die
„Polen gegeben, damit wir es unſerm Volke bekannt
„machen, und in Sonderheit euch akademiſchen Brü¬
„dern, in deren höhern Bildung und veredelten Ge¬
fühlen das Vaterland zweier Nationen den Keim
„ſeiner großen Hoffnungen niederlegte. Mit Stolz
„und Schaamgefühl erfüllen wir den Wunſch der
„Männer. Er wird einen gewaltigen und folge¬
„reichen Wiederhall finden, denn es ſind Worte der
„Wahrheit, aus deutſcher Jungfrauen Munde
„hinüberſtrömend in deutſcher Jünglinge Bruſt.
„Als wir ſie laſen, dieſe deutſchen Worte, da ſchwu¬
„ren wir bei unſerer Ehre und bei unſerm Vater¬
„lande, uns würdig zu machen der Jungfrauen,
„welche ſie dachten. Dieſen Schwur, Brüder, wir
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/225>, abgerufen am 18.07.2024.
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