Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.waren wir nicht in frühern Zeiten in der Gesellschaft waren wir nicht in frühern Zeiten in der Geſellſchaft <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <div n="3"> <p><pb facs="#f0210" n="196"/> waren wir nicht in frühern Zeiten in der Geſellſchaft<lb/> manches braven Mannes, dem die Ehre ſeines Lan¬<lb/> des heilig iſt, und doch wurden wir nicht zur Thüre<lb/> hinaus geworfen! Man wußte, daß wir betrügeri¬<lb/> ſche Schuldenmacher, unverſchämte Bettler, lauſige<lb/> Schmarozer, ehrloſe Kuppler, feile Lohnſchreiber, und<lb/> die niederträchtigſten Spione aller Europäiſchen Höfe<lb/> wären, und daß wir unſer deutſches Vaterland für<lb/> tauſend Silberrubel zehntauſendmal verrathen — und<lb/> doch warf man uns nicht zur Thür hinaus! Es iſt<lb/> aber ein geduldiges Volk, das Deutſche! Wie gerne<lb/> ließe ich mich zur Thüre hinauswerfen, wenn nur das<lb/> zur heilſamen Uebung unter den Deutſchen würde,<lb/> daß ſie nicht länger niederträchtige Schurken, die ſie<lb/> im Grunde ihrer Seele verachten, aus weibiſcher<lb/> Aengſtlichkeit wie ehrliche Leute, und Menſchen, die<lb/> ſie haſſen, aus dummer Höflichkeit mit Achtung be¬<lb/> handeln! — „Bevor Ref. dieſes im Vergleich zu<lb/> „der Niederträchtigkeit des Buches noch ſehr gelinde<lb/> „Urtheil nur durch einige Belege, wie ſie ihm gerade<lb/> „in die Augen fallen, motivirt, hat er ſich dagegen<lb/> „zu verwahren, als ob er zu den Juden-Feinden <choice><sic>ge¬<lb/> „gehöre</sic><corr>ge¬<lb/> „höre</corr></choice>, zu welchen man ſeine Landsleute ſo gerne<lb/> „rechnet .... Er <hi rendition="#g">ſchätzt</hi> den braven aufgeklärten<lb/> „redlichen Mann, weſſen Religion er auch ſeyn möge.<lb/> „Wenn er aber alle die Verworfenheit, welche man<lb/> „gewöhnlich dem jüdiſchen Volke Schuld giebt, ſo<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [196/0210]
waren wir nicht in frühern Zeiten in der Geſellſchaft
manches braven Mannes, dem die Ehre ſeines Lan¬
des heilig iſt, und doch wurden wir nicht zur Thüre
hinaus geworfen! Man wußte, daß wir betrügeri¬
ſche Schuldenmacher, unverſchämte Bettler, lauſige
Schmarozer, ehrloſe Kuppler, feile Lohnſchreiber, und
die niederträchtigſten Spione aller Europäiſchen Höfe
wären, und daß wir unſer deutſches Vaterland für
tauſend Silberrubel zehntauſendmal verrathen — und
doch warf man uns nicht zur Thür hinaus! Es iſt
aber ein geduldiges Volk, das Deutſche! Wie gerne
ließe ich mich zur Thüre hinauswerfen, wenn nur das
zur heilſamen Uebung unter den Deutſchen würde,
daß ſie nicht länger niederträchtige Schurken, die ſie
im Grunde ihrer Seele verachten, aus weibiſcher
Aengſtlichkeit wie ehrliche Leute, und Menſchen, die
ſie haſſen, aus dummer Höflichkeit mit Achtung be¬
handeln! — „Bevor Ref. dieſes im Vergleich zu
„der Niederträchtigkeit des Buches noch ſehr gelinde
„Urtheil nur durch einige Belege, wie ſie ihm gerade
„in die Augen fallen, motivirt, hat er ſich dagegen
„zu verwahren, als ob er zu den Juden-Feinden ge¬
„höre, zu welchen man ſeine Landsleute ſo gerne
„rechnet .... Er ſchätzt den braven aufgeklärten
„redlichen Mann, weſſen Religion er auch ſeyn möge.
„Wenn er aber alle die Verworfenheit, welche man
„gewöhnlich dem jüdiſchen Volke Schuld giebt, ſo
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