Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

sie Heine anwerben. Nun, was gewönnen sie dabei?
Wäre ein kleiner Vortheil der guten Sache mit der
Schande eines verdienstvollen Mannes nicht zu theuer
bezahlt, so wünschte ich, Heine ließe sich von den
Polizei-Werbern verlocken. Nicht ihnen, uns würde
das nützen. Die Wahrheit würde ihn treffen, wie
die Andern auch, nur tödtlicher, weil er stark ist und
Widerstand leistet; während der Kleister der Andern
sich um die Schärfe der Schwerts legt, sie einwickelt,
und manchen guten Streich abhält.

Wie konnte gegen alle Naturgeschichte unter den
literarischen Hasen, die gar keine Stimme haben, sich
ein solches Geheul erheben? Ein anderer Artikel in
dem nehmlichen Blatte, ein Brief aus Berlin,
wahrscheinlich von dem nehmlichen Hering, erklärt die
wunderbare Erscheinung, und giebt die besten Auf¬
schlüsse. Mir brauchte er sie nicht erst zu geben;
die Naturgeschichte der deutschen Hasen im gesunden
und im kranken Zustande war mir zu genau bekannt,
als daß mir jene Erscheinung hätte unerklärlich blei¬
ben können. Aber Andern, die weniger belehrt als
ich, werden die Aufschlüsse nützlich und willkommen
seyn. Der zweite Alexis schreibt von mir: "Der
"Verfasser genoß hier früher eines außerordentlich
"guten Rufes, der viel über seine Verdienste hinaus¬
"ragte ... Der Mann wurde hier verehrt und
"vergöttert..... Und jetzt auf einmal dieser un¬

ſie Heine anwerben. Nun, was gewönnen ſie dabei?
Wäre ein kleiner Vortheil der guten Sache mit der
Schande eines verdienſtvollen Mannes nicht zu theuer
bezahlt, ſo wünſchte ich, Heine ließe ſich von den
Polizei-Werbern verlocken. Nicht ihnen, uns würde
das nützen. Die Wahrheit würde ihn treffen, wie
die Andern auch, nur tödtlicher, weil er ſtark iſt und
Widerſtand leiſtet; während der Kleiſter der Andern
ſich um die Schärfe der Schwerts legt, ſie einwickelt,
und manchen guten Streich abhält.

Wie konnte gegen alle Naturgeſchichte unter den
literariſchen Haſen, die gar keine Stimme haben, ſich
ein ſolches Geheul erheben? Ein anderer Artikel in
dem nehmlichen Blatte, ein Brief aus Berlin,
wahrſcheinlich von dem nehmlichen Hering, erklärt die
wunderbare Erſcheinung, und giebt die beſten Auf¬
ſchlüſſe. Mir brauchte er ſie nicht erſt zu geben;
die Naturgeſchichte der deutſchen Haſen im geſunden
und im kranken Zuſtande war mir zu genau bekannt,
als daß mir jene Erſcheinung hätte unerklärlich blei¬
ben können. Aber Andern, die weniger belehrt als
ich, werden die Aufſchlüſſe nützlich und willkommen
ſeyn. Der zweite Alexis ſchreibt von mir: „Der
„Verfaſſer genoß hier früher eines außerordentlich
„guten Rufes, der viel über ſeine Verdienſte hinaus¬
„ragte ... Der Mann wurde hier verehrt und
vergöttert..... Und jetzt auf einmal dieſer un¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0200" n="186"/>
&#x017F;ie Heine anwerben. Nun, was gewönnen &#x017F;ie dabei?<lb/>
Wäre ein kleiner Vortheil der guten Sache mit der<lb/>
Schande eines verdien&#x017F;tvollen Mannes nicht zu theuer<lb/>
bezahlt, &#x017F;o wün&#x017F;chte ich, Heine ließe &#x017F;ich von den<lb/>
Polizei-Werbern verlocken. Nicht ihnen, uns würde<lb/>
das nützen. Die Wahrheit würde ihn treffen, wie<lb/>
die Andern auch, nur tödtlicher, weil er &#x017F;tark i&#x017F;t und<lb/>
Wider&#x017F;tand lei&#x017F;tet; während der Klei&#x017F;ter der Andern<lb/>
&#x017F;ich um die Schärfe der Schwerts legt, &#x017F;ie einwickelt,<lb/>
und manchen guten Streich abhält.</p><lb/>
            <p>Wie konnte gegen alle Naturge&#x017F;chichte unter den<lb/>
literari&#x017F;chen Ha&#x017F;en, die gar keine Stimme haben, &#x017F;ich<lb/>
ein &#x017F;olches Geheul erheben? Ein anderer Artikel in<lb/>
dem nehmlichen Blatte, ein <hi rendition="#g">Brief aus Berlin</hi>,<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich von dem nehmlichen Hering, erklärt die<lb/>
wunderbare Er&#x017F;cheinung, und giebt die be&#x017F;ten Auf¬<lb/>
&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e. Mir brauchte er &#x017F;ie nicht er&#x017F;t zu geben;<lb/>
die Naturge&#x017F;chichte der deut&#x017F;chen Ha&#x017F;en im ge&#x017F;unden<lb/>
und im kranken Zu&#x017F;tande war mir zu genau bekannt,<lb/>
als daß mir jene Er&#x017F;cheinung hätte unerklärlich blei¬<lb/>
ben können. Aber Andern, die weniger belehrt als<lb/>
ich, werden die Auf&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e nützlich und willkommen<lb/>
&#x017F;eyn. Der zweite Alexis &#x017F;chreibt von mir: &#x201E;Der<lb/>
&#x201E;Verfa&#x017F;&#x017F;er genoß hier früher eines außerordentlich<lb/>
&#x201E;guten Rufes, der viel über &#x017F;eine Verdien&#x017F;te hinaus¬<lb/>
&#x201E;ragte ... Der Mann wurde hier <hi rendition="#g">verehrt</hi> und<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">vergöttert</hi>..... Und jetzt auf einmal die&#x017F;er un¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0200] ſie Heine anwerben. Nun, was gewönnen ſie dabei? Wäre ein kleiner Vortheil der guten Sache mit der Schande eines verdienſtvollen Mannes nicht zu theuer bezahlt, ſo wünſchte ich, Heine ließe ſich von den Polizei-Werbern verlocken. Nicht ihnen, uns würde das nützen. Die Wahrheit würde ihn treffen, wie die Andern auch, nur tödtlicher, weil er ſtark iſt und Widerſtand leiſtet; während der Kleiſter der Andern ſich um die Schärfe der Schwerts legt, ſie einwickelt, und manchen guten Streich abhält. Wie konnte gegen alle Naturgeſchichte unter den literariſchen Haſen, die gar keine Stimme haben, ſich ein ſolches Geheul erheben? Ein anderer Artikel in dem nehmlichen Blatte, ein Brief aus Berlin, wahrſcheinlich von dem nehmlichen Hering, erklärt die wunderbare Erſcheinung, und giebt die beſten Auf¬ ſchlüſſe. Mir brauchte er ſie nicht erſt zu geben; die Naturgeſchichte der deutſchen Haſen im geſunden und im kranken Zuſtande war mir zu genau bekannt, als daß mir jene Erſcheinung hätte unerklärlich blei¬ ben können. Aber Andern, die weniger belehrt als ich, werden die Aufſchlüſſe nützlich und willkommen ſeyn. Der zweite Alexis ſchreibt von mir: „Der „Verfaſſer genoß hier früher eines außerordentlich „guten Rufes, der viel über ſeine Verdienſte hinaus¬ „ragte ... Der Mann wurde hier verehrt und „vergöttert..... Und jetzt auf einmal dieſer un¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/200
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/200>, abgerufen am 23.11.2024.