Lassen Sie den *** tausend, ja zehntausend male von mir grüßen und danken für die herrliche Gesundheit, die er ausgebracht: Allen Völkern ohne König! hier sagen sie: Les Rois s'en vont. Diese Taugenichtse von Franzosen finden doch gleich das rechte Wort für jede Sache, sobald wir guten Deutschen die rechte Sache gefunden. Wir wollen unsere Töchter mit ihren Söhnen, unsere Ideen mit ihren Worten vermählen, dann haben wir eine mächtige Verwandtschaft und wehe dann jedem, der uns zu nahe kömmt mit feindlichen Gedanken. Was Sie mir von den Polen geschrieben, und wie herrlich sie in Frankfurt aufgenommen worden, hat mich bis zu Thränen gerührt. Dem Manne, der auf der Brücke einem Polen seinen Mantel umge¬ hängt und stillschweigend fortging, dem sollte man auf dieser Stelle ein Denkmal errichten; keinen schö¬ nern Zug des Herzens weiß die alte Geschichte zu erzählen. So mögen sie meine Briefe widerlegen! Ich will unter Männern der Wahrheit gern der ein¬ zige Lügner, in einem Lande des Glaubens gern der einzige Spötter, unter einem starken Volke der ein¬ zige Schwächling seyn, und bin ich erst der Schlech¬ teste aller Deutschen geworden, dann ist keiner seli¬
Montag, den 30. Januar.
Laſſen Sie den *** tauſend, ja zehntauſend male von mir grüßen und danken für die herrliche Geſundheit, die er ausgebracht: Allen Völkern ohne König! hier ſagen ſie: Les Rois s'en vont. Dieſe Taugenichtſe von Franzoſen finden doch gleich das rechte Wort für jede Sache, ſobald wir guten Deutſchen die rechte Sache gefunden. Wir wollen unſere Töchter mit ihren Söhnen, unſere Ideen mit ihren Worten vermählen, dann haben wir eine mächtige Verwandtſchaft und wehe dann jedem, der uns zu nahe kömmt mit feindlichen Gedanken. Was Sie mir von den Polen geſchrieben, und wie herrlich ſie in Frankfurt aufgenommen worden, hat mich bis zu Thränen gerührt. Dem Manne, der auf der Brücke einem Polen ſeinen Mantel umge¬ hängt und ſtillſchweigend fortging, dem ſollte man auf dieſer Stelle ein Denkmal errichten; keinen ſchö¬ nern Zug des Herzens weiß die alte Geſchichte zu erzählen. So mögen ſie meine Briefe widerlegen! Ich will unter Männern der Wahrheit gern der ein¬ zige Lügner, in einem Lande des Glaubens gern der einzige Spötter, unter einem ſtarken Volke der ein¬ zige Schwächling ſeyn, und bin ich erſt der Schlech¬ teſte aller Deutſchen geworden, dann iſt keiner ſeli¬
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Montag, den 30. Januar.
Laſſen Sie den *** tauſend, ja zehntauſend
male von mir grüßen und danken für die herrliche
Geſundheit, die er ausgebracht: Allen Völkern
ohne König! hier ſagen ſie: Les Rois s'en
vont. Dieſe Taugenichtſe von Franzoſen finden
doch gleich das rechte Wort für jede Sache, ſobald
wir guten Deutſchen die rechte Sache gefunden. Wir
wollen unſere Töchter mit ihren Söhnen, unſere
Ideen mit ihren Worten vermählen, dann haben wir
eine mächtige Verwandtſchaft und wehe dann jedem,
der uns zu nahe kömmt mit feindlichen Gedanken.
Was Sie mir von den Polen geſchrieben, und wie
herrlich ſie in Frankfurt aufgenommen worden, hat
mich bis zu Thränen gerührt. Dem Manne, der
auf der Brücke einem Polen ſeinen Mantel umge¬
hängt und ſtillſchweigend fortging, dem ſollte man
auf dieſer Stelle ein Denkmal errichten; keinen ſchö¬
nern Zug des Herzens weiß die alte Geſchichte zu
erzählen. So mögen ſie meine Briefe widerlegen!
Ich will unter Männern der Wahrheit gern der ein¬
zige Lügner, in einem Lande des Glaubens gern der
einzige Spötter, unter einem ſtarken Volke der ein¬
zige Schwächling ſeyn, und bin ich erſt der Schlech¬
teſte aller Deutſchen geworden, dann iſt keiner ſeli¬
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/124>, abgerufen am 25.11.2024.
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