Speculationen das baare Geld in Wien, Frankfurt und andern Städten so selten zu machen, daß kein anderes Haus im Stande war, eine Staats-Anleihe zu unternehmen. Oesterreich mußte um Verzeihung bitten.
Schon früher fand eine Spannung zwischen beiden Häusern statt. Oesterreich hatte nehmlich dem Hause Rothschild die Summen überlassen, die ihm aus den französischen Contributionsgeldern für seinen Antheil zugefallen. Diese Summen sollten in fran¬ zösischen Renten, die damals niedrig waren, angelegt und solche verkauft werden, sobald sie einen hohen Stand erreicht hätten. Nach einigen Jahren ver¬ kaufte das Haus Rothschild jene Renten und verrech¬ nete sie zu 95. Oesterreich aber entdeckte, daß zur Zeit des Verkaufs die Renten Al Pari gestanden. Es war eine kleine Differenz von acht Millionen Gulden. Oesterreich war darüber empfindlich und schmollte; Rothschild aber wußte durch Vermittlung beiderseitiger Freunde alles wieder auszugleichen.
Das französische Blatt, welches diese Friedens- und Kriegsgeschichten nach englischen Blätter um¬ ständlich erzählte, bemerkt darauf folgendes: "Durch "welche Mittel wissen jene Banquiers die österreichi¬ "sche Regierung zu zwingen, sich nach ihren An¬ "maßungen zu bequemen? Es sind dieselben Mittel, "welche sie unter dem Minister Villele angewendet,
Speculationen das baare Geld in Wien, Frankfurt und andern Städten ſo ſelten zu machen, daß kein anderes Haus im Stande war, eine Staats-Anleihe zu unternehmen. Oeſterreich mußte um Verzeihung bitten.
Schon früher fand eine Spannung zwiſchen beiden Häuſern ſtatt. Oeſterreich hatte nehmlich dem Hauſe Rothſchild die Summen überlaſſen, die ihm aus den franzöſiſchen Contributionsgeldern für ſeinen Antheil zugefallen. Dieſe Summen ſollten in fran¬ zöſiſchen Renten, die damals niedrig waren, angelegt und ſolche verkauft werden, ſobald ſie einen hohen Stand erreicht hätten. Nach einigen Jahren ver¬ kaufte das Haus Rothſchild jene Renten und verrech¬ nete ſie zu 95. Oeſterreich aber entdeckte, daß zur Zeit des Verkaufs die Renten Al Pari geſtanden. Es war eine kleine Differenz von acht Millionen Gulden. Oeſterreich war darüber empfindlich und ſchmollte; Rothſchild aber wußte durch Vermittlung beiderſeitiger Freunde alles wieder auszugleichen.
Das franzöſiſche Blatt, welches dieſe Friedens- und Kriegsgeſchichten nach engliſchen Blätter um¬ ſtändlich erzählte, bemerkt darauf folgendes: „Durch „welche Mittel wiſſen jene Banquiers die öſterreichi¬ „ſche Regierung zu zwingen, ſich nach ihren An¬ „maßungen zu bequemen? Es ſind dieſelben Mittel, „welche ſie unter dem Miniſter Villele angewendet,
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Speculationen das baare Geld in Wien, Frankfurt
und andern Städten ſo ſelten zu machen, daß kein
anderes Haus im Stande war, eine Staats-Anleihe
zu unternehmen. Oeſterreich mußte um Verzeihung
bitten.
Schon früher fand eine Spannung zwiſchen
beiden Häuſern ſtatt. Oeſterreich hatte nehmlich dem
Hauſe Rothſchild die Summen überlaſſen, die ihm
aus den franzöſiſchen Contributionsgeldern für ſeinen
Antheil zugefallen. Dieſe Summen ſollten in fran¬
zöſiſchen Renten, die damals niedrig waren, angelegt
und ſolche verkauft werden, ſobald ſie einen hohen
Stand erreicht hätten. Nach einigen Jahren ver¬
kaufte das Haus Rothſchild jene Renten und verrech¬
nete ſie zu 95. Oeſterreich aber entdeckte, daß zur
Zeit des Verkaufs die Renten Al Pari geſtanden.
Es war eine kleine Differenz von acht Millionen
Gulden. Oeſterreich war darüber empfindlich und
ſchmollte; Rothſchild aber wußte durch Vermittlung
beiderſeitiger Freunde alles wieder auszugleichen.
Das franzöſiſche Blatt, welches dieſe Friedens-
und Kriegsgeſchichten nach engliſchen Blätter um¬
ſtändlich erzählte, bemerkt darauf folgendes: „Durch
„welche Mittel wiſſen jene Banquiers die öſterreichi¬
„ſche Regierung zu zwingen, ſich nach ihren An¬
„maßungen zu bequemen? Es ſind dieſelben Mittel,
„welche ſie unter dem Miniſter Villele angewendet,
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/114>, abgerufen am 16.02.2025.
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