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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

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Ihr aber fragt: warum nimmt unser gnädigster
Landesherr, der doch so reich ist, uns armen Teufeln
ihre paar Pfennige weg; warum müssen wir das
Pfund Zucker mit dreißig Kreuzer bezahlen, das uns
noch vor acht Tagen nur achtzehn gekostet? So
zeigt Ihr wieder, daß Ihr Ochsenköpfe seyd. Be¬
hält denn unser gnädigster Landesvater Euer Geld
für sich? Ei bewahre! Das braucht er nicht, er
hat mehr als genug. Aber mit Euerm Gelde er¬
nährt er die Nachkommen jener Raubritter, die wie
ihre Vorfahren nicht arbeiten und nichts erwerben,
als Müßiggänger an seinem Hofe leben, und für die
Ihr, da sie Euch nicht mehr berauben dürfen, wie
billig, sorgen müßt. Und nicht blos für diese Räu¬
berbrut braucht unser gnädigster Landesfürst Euer Geld,
sondern auch seine vielen Soldaten zu bezahlen. Und
jetzt seyd mir keine Esel und fragt: wozu braucht er
so viele Soldaten? Das habt Ihr ja am Freitag
selbst gesehen, wozu er sie braucht! Hätte er keine
Soldaten gehabt, hätte er ja mit Euch nicht fertig
werden können, als Ihr die Mauth gestürmt. Nun
sagt Ihr aber vielleicht: aber wäre keine Mauth da,
wären wir ruhig geblieben; sind wir ruhig, braucht
man keine Soldaten; hat man keine Soldaten, braucht
man unser Geld nicht; braucht man unser Geld nicht,
ist die Mauth unnöthig. In dem, was Ihr da sagt,
ist etwas Verstand, und ich sehe, Ihr seyd gar nicht

Ihr aber fragt: warum nimmt unſer gnädigſter
Landesherr, der doch ſo reich iſt, uns armen Teufeln
ihre paar Pfennige weg; warum müſſen wir das
Pfund Zucker mit dreißig Kreuzer bezahlen, das uns
noch vor acht Tagen nur achtzehn gekoſtet? So
zeigt Ihr wieder, daß Ihr Ochſenköpfe ſeyd. Be¬
hält denn unſer gnädigſter Landesvater Euer Geld
für ſich? Ei bewahre! Das braucht er nicht, er
hat mehr als genug. Aber mit Euerm Gelde er¬
nährt er die Nachkommen jener Raubritter, die wie
ihre Vorfahren nicht arbeiten und nichts erwerben,
als Müßiggänger an ſeinem Hofe leben, und für die
Ihr, da ſie Euch nicht mehr berauben dürfen, wie
billig, ſorgen müßt. Und nicht blos für dieſe Räu¬
berbrut braucht unſer gnädigſter Landesfürſt Euer Geld,
ſondern auch ſeine vielen Soldaten zu bezahlen. Und
jetzt ſeyd mir keine Eſel und fragt: wozu braucht er
ſo viele Soldaten? Das habt Ihr ja am Freitag
ſelbſt geſehen, wozu er ſie braucht! Hätte er keine
Soldaten gehabt, hätte er ja mit Euch nicht fertig
werden können, als Ihr die Mauth geſtürmt. Nun
ſagt Ihr aber vielleicht: aber wäre keine Mauth da,
wären wir ruhig geblieben; ſind wir ruhig, braucht
man keine Soldaten; hat man keine Soldaten, braucht
man unſer Geld nicht; braucht man unſer Geld nicht,
iſt die Mauth unnöthig. In dem, was Ihr da ſagt,
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[88/0102] Ihr aber fragt: warum nimmt unſer gnädigſter Landesherr, der doch ſo reich iſt, uns armen Teufeln ihre paar Pfennige weg; warum müſſen wir das Pfund Zucker mit dreißig Kreuzer bezahlen, das uns noch vor acht Tagen nur achtzehn gekoſtet? So zeigt Ihr wieder, daß Ihr Ochſenköpfe ſeyd. Be¬ hält denn unſer gnädigſter Landesvater Euer Geld für ſich? Ei bewahre! Das braucht er nicht, er hat mehr als genug. Aber mit Euerm Gelde er¬ nährt er die Nachkommen jener Raubritter, die wie ihre Vorfahren nicht arbeiten und nichts erwerben, als Müßiggänger an ſeinem Hofe leben, und für die Ihr, da ſie Euch nicht mehr berauben dürfen, wie billig, ſorgen müßt. Und nicht blos für dieſe Räu¬ berbrut braucht unſer gnädigſter Landesfürſt Euer Geld, ſondern auch ſeine vielen Soldaten zu bezahlen. Und jetzt ſeyd mir keine Eſel und fragt: wozu braucht er ſo viele Soldaten? Das habt Ihr ja am Freitag ſelbſt geſehen, wozu er ſie braucht! Hätte er keine Soldaten gehabt, hätte er ja mit Euch nicht fertig werden können, als Ihr die Mauth geſtürmt. Nun ſagt Ihr aber vielleicht: aber wäre keine Mauth da, wären wir ruhig geblieben; ſind wir ruhig, braucht man keine Soldaten; hat man keine Soldaten, braucht man unſer Geld nicht; braucht man unſer Geld nicht, iſt die Mauth unnöthig. In dem, was Ihr da ſagt, iſt etwas Verſtand, und ich ſehe, Ihr ſeyd gar nicht

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/102>, abgerufen am 25.11.2024.