Hoffnung auch alle Mäßigung aufgegeben. Ich werde künftig über Politik nicht mehr schreiben, wie ich es bis jetzt gethan. Mäßigung wird ja doch nur für Schwäche angesehen, die zum Ueber¬ muthe, und Rechtlichkeit für Dummheit, die zum Betruge auffordert. In dem ersten Ar¬ tikel meines projektirten Journals trete ich mit einer trotzigen Kriegserklärung hervor. Ich sage unter andern: "In frühern Zeiten hatten wir "die friedliche Wage in unsrem Schilde geführt. "Glühendes Gefühl, unsere Liebe und unsern "Zorn, unsere Hoffnung und unsere Furcht, den "wilden Sturm des Herzens -- alles brachten "wir unter Maaß, und brachten Ordnung in "jede Leidenschaft. Zwar wurden die Machtha¬ "ber immer von uns verwünscht, weil sie trotzig "behaupten, das Glück und die Freiheit der "Welt sey ihr Eigenthum und von ihrem guten "Willen, von ihrer eigenen Schätzung hinge es "ab, wie viel sie den Völkern davon zurückhal¬
Hoffnung auch alle Maͤßigung aufgegeben. Ich werde kuͤnftig uͤber Politik nicht mehr ſchreiben, wie ich es bis jetzt gethan. Maͤßigung wird ja doch nur fuͤr Schwaͤche angeſehen, die zum Ueber¬ muthe, und Rechtlichkeit fuͤr Dummheit, die zum Betruge auffordert. In dem erſten Ar¬ tikel meines projektirten Journals trete ich mit einer trotzigen Kriegserklaͤrung hervor. Ich ſage unter andern: „In fruͤhern Zeiten hatten wir „die friedliche Wage in unſrem Schilde gefuͤhrt. „Gluͤhendes Gefuͤhl, unſere Liebe und unſern „Zorn, unſere Hoffnung und unſere Furcht, den „wilden Sturm des Herzens — alles brachten „wir unter Maaß, und brachten Ordnung in „jede Leidenſchaft. Zwar wurden die Machtha¬ „ber immer von uns verwuͤnſcht, weil ſie trotzig „behaupten, das Gluͤck und die Freiheit der „Welt ſey ihr Eigenthum und von ihrem guten „Willen, von ihrer eigenen Schaͤtzung hinge es „ab, wie viel ſie den Voͤlkern davon zuruͤckhal¬
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Hoffnung auch alle Maͤßigung aufgegeben. Ich
werde kuͤnftig uͤber Politik nicht mehr ſchreiben,
wie ich es bis jetzt gethan. Maͤßigung wird ja
doch nur fuͤr Schwaͤche angeſehen, die zum Ueber¬
muthe, und Rechtlichkeit fuͤr Dummheit, die
zum Betruge auffordert. In dem erſten Ar¬
tikel meines projektirten Journals trete ich mit
einer trotzigen Kriegserklaͤrung hervor. Ich ſage
unter andern: „In fruͤhern Zeiten hatten wir
„die friedliche Wage in unſrem Schilde gefuͤhrt.
„Gluͤhendes Gefuͤhl, unſere Liebe und unſern
„Zorn, unſere Hoffnung und unſere Furcht, den
„wilden Sturm des Herzens — alles brachten
„wir unter Maaß, und brachten Ordnung in
„jede Leidenſchaft. Zwar wurden die Machtha¬
„ber immer von uns verwuͤnſcht, weil ſie trotzig
„behaupten, das Gluͤck und die Freiheit der
„Welt ſey ihr Eigenthum und von ihrem guten
„Willen, von ihrer eigenen Schaͤtzung hinge es
„ab, wie viel ſie den Voͤlkern davon zuruͤckhal¬
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/74>, abgerufen am 24.11.2024.
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