Volke. Ich werde Ihnen in meinem nächsten Briefe noch andere Geschichten erzählen, wie ich durch Feuer und Rauch die verborgene Schel¬ merei aus ihrer Höhle hervorgelockt. Die mini¬ sterielle Klatsch-Liese in München, um meine Ehre zu verdächtigen, um meinen Muth herab¬ zusetzen, erinnert mich an einen "gewissen Vor¬ fall auf dem Frankfurter Komödienplatz" und meint, es käme mir nicht zu, den Deutschen ihre Feigheit in Paris vorzuwerfen. Wenn man etwas beschämendes von mir wußte, warum er¬ zählte man denn den Vorfall nicht? Sollte man etwa auf eine alte Geschichte mit dem Schauspieler Heigel anspielen? Aber damals hat sich das Christenthum sehr hundsvöttisch be¬ nommen; ich aber habe mich als tapferer Mak¬ kabäer gezeigt. Jude, Jude! das ist der letzte rothe Heller aus der armseligen Sparbüchse ih¬ res Witzes. Aber nach allem, ich wollte, es gäbe mir Einer die drei Louisd'or zurück, die
Volke. Ich werde Ihnen in meinem naͤchſten Briefe noch andere Geſchichten erzaͤhlen, wie ich durch Feuer und Rauch die verborgene Schel¬ merei aus ihrer Hoͤhle hervorgelockt. Die mini¬ ſterielle Klatſch-Lieſe in Muͤnchen, um meine Ehre zu verdaͤchtigen, um meinen Muth herab¬ zuſetzen, erinnert mich an einen „gewiſſen Vor¬ fall auf dem Frankfurter Komoͤdienplatz“ und meint, es kaͤme mir nicht zu, den Deutſchen ihre Feigheit in Paris vorzuwerfen. Wenn man etwas beſchaͤmendes von mir wußte, warum er¬ zaͤhlte man denn den Vorfall nicht? Sollte man etwa auf eine alte Geſchichte mit dem Schauſpieler Heigel anſpielen? Aber damals hat ſich das Chriſtenthum ſehr hundsvoͤttiſch be¬ nommen; ich aber habe mich als tapferer Mak¬ kabaͤer gezeigt. Jude, Jude! das iſt der letzte rothe Heller aus der armſeligen Sparbuͤchſe ih¬ res Witzes. Aber nach allem, ich wollte, es gaͤbe mir Einer die drei Louisd'or zuruͤck, die
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Volke. Ich werde Ihnen in meinem naͤchſten
Briefe noch andere Geſchichten erzaͤhlen, wie ich
durch Feuer und Rauch die verborgene Schel¬
merei aus ihrer Hoͤhle hervorgelockt. Die mini¬
ſterielle Klatſch-Lieſe in Muͤnchen, um meine
Ehre zu verdaͤchtigen, um meinen Muth herab¬
zuſetzen, erinnert mich an einen „gewiſſen Vor¬
fall auf dem Frankfurter Komoͤdienplatz“ und
meint, es kaͤme mir nicht zu, den Deutſchen
ihre Feigheit in Paris vorzuwerfen. Wenn man
etwas beſchaͤmendes von mir wußte, warum er¬
zaͤhlte man denn den Vorfall nicht? Sollte
man etwa auf eine alte Geſchichte mit dem
Schauſpieler Heigel anſpielen? Aber damals
hat ſich das Chriſtenthum ſehr hundsvoͤttiſch be¬
nommen; ich aber habe mich als tapferer Mak¬
kabaͤer gezeigt. Jude, Jude! das iſt der letzte
rothe Heller aus der armſeligen Sparbuͤchſe ih¬
res Witzes. Aber nach allem, ich wollte, es
gaͤbe mir Einer die drei Louisd'or zuruͤck, die
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/333>, abgerufen am 24.11.2024.
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