Tisch. Auf einem Stuhle neben ihr saß der Hund, dem sie den Namen Heinrich gab. Sie legte ihm das Essen auf den Teller. "Willst du denn davon nicht, Heinrich? das hast du ja immer gern gehabt;" dann brach sie in Thrä¬ nen aus und warf sich jammernd auf die Erde. Der Hund sprang vom Stuhle und wimmerte zu ihren Füssen ...
Jetzt kam ich an die Montmartre-Straße. Da sah es aus, wie in einem Feldlager. Dra¬ goner, Husaren, Gensd'armen, Fußvolk, zahl¬ lose Schaaren von Polizei-Wachen, hielten die Straßen besetzt, die von den Boulevards seit¬ wärts führen. Große Soldaten-Trupps zogen auf und ab. Ich fragte einige aus dem zahl¬ reich versammelten Volke, was das bedeute? Die Studenten hatten sich vereinigt, in feier¬ lichem Zuge dem General Romarino, der in der Straße Montmartre wohnte, eine Ehrenfahne zu überreichen. Die bewaffnete Macht jagte sie
Tiſch. Auf einem Stuhle neben ihr ſaß der Hund, dem ſie den Namen Heinrich gab. Sie legte ihm das Eſſen auf den Teller. „Willſt du denn davon nicht, Heinrich? das haſt du ja immer gern gehabt;” dann brach ſie in Thraͤ¬ nen aus und warf ſich jammernd auf die Erde. Der Hund ſprang vom Stuhle und wimmerte zu ihren Fuͤſſen ...
Jetzt kam ich an die Montmartre-Straße. Da ſah es aus, wie in einem Feldlager. Dra¬ goner, Huſaren, Gensd'armen, Fußvolk, zahl¬ loſe Schaaren von Polizei-Wachen, hielten die Straßen beſetzt, die von den Boulevards ſeit¬ waͤrts fuͤhren. Große Soldaten-Trupps zogen auf und ab. Ich fragte einige aus dem zahl¬ reich verſammelten Volke, was das bedeute? Die Studenten hatten ſich vereinigt, in feier¬ lichem Zuge dem General Romarino, der in der Straße Montmartre wohnte, eine Ehrenfahne zu uͤberreichen. Die bewaffnete Macht jagte ſie
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Tiſch. Auf einem Stuhle neben ihr ſaß der
Hund, dem ſie den Namen Heinrich gab. Sie
legte ihm das Eſſen auf den Teller. „Willſt
du denn davon nicht, Heinrich? das haſt du ja
immer gern gehabt;” dann brach ſie in Thraͤ¬
nen aus und warf ſich jammernd auf die Erde.
Der Hund ſprang vom Stuhle und wimmerte
zu ihren Fuͤſſen ...
Jetzt kam ich an die Montmartre-Straße.
Da ſah es aus, wie in einem Feldlager. Dra¬
goner, Huſaren, Gensd'armen, Fußvolk, zahl¬
loſe Schaaren von Polizei-Wachen, hielten die
Straßen beſetzt, die von den Boulevards ſeit¬
waͤrts fuͤhren. Große Soldaten-Trupps zogen
auf und ab. Ich fragte einige aus dem zahl¬
reich verſammelten Volke, was das bedeute?
Die Studenten hatten ſich vereinigt, in feier¬
lichem Zuge dem General Romarino, der in der
Straße Montmartre wohnte, eine Ehrenfahne
zu uͤberreichen. Die bewaffnete Macht jagte ſie
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/324>, abgerufen am 24.11.2024.
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