Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

burg wird reisen können, und weiter nach
Frankfurt gezogen in achtzehn Stunden dort¬
hin. Wenn ich Morgens von hier abreiste,
könnte ich Abends Thee bei Ihnen trinken und
den andern Abend wieder hier seyn. Welch
ein reizender Gedanke! Heine sagt zwar, es
sei eine schreckliche Vorstellung, in zwölf Stun¬
den schon in Deutschland seyn zu können.
Diese Eisenbahnen sind nun meine und List's
Schwärmereien, wegen ihrer ungeheuern politi¬
schen Folgen. Allem Despotismus wäre da¬
durch der Hals gebrochen, Kriege ganz unmög¬
lich. Frankreich, wie jedes andere Land,
könnte dann die größten Armeen innerhalb
vier und zwanzig Stunden von einem Ende
des Reichs zum andern führen. Dadurch
würde der Krieg nur eine Art Ueberrumpelung
im Schachspiel, und gar nicht mehr auszuführen.

Ich freue mich, daß Sie jetzt wegen der
Cholera beruhigter sind. Aber ich mußte laut

III. 2

burg wird reiſen koͤnnen, und weiter nach
Frankfurt gezogen in achtzehn Stunden dort¬
hin. Wenn ich Morgens von hier abreiſte,
koͤnnte ich Abends Thee bei Ihnen trinken und
den andern Abend wieder hier ſeyn. Welch
ein reizender Gedanke! Heine ſagt zwar, es
ſei eine ſchreckliche Vorſtellung, in zwoͤlf Stun¬
den ſchon in Deutſchland ſeyn zu koͤnnen.
Dieſe Eiſenbahnen ſind nun meine und Liſt's
Schwaͤrmereien, wegen ihrer ungeheuern politi¬
ſchen Folgen. Allem Despotismus waͤre da¬
durch der Hals gebrochen, Kriege ganz unmoͤg¬
lich. Frankreich, wie jedes andere Land,
koͤnnte dann die groͤßten Armeen innerhalb
vier und zwanzig Stunden von einem Ende
des Reichs zum andern fuͤhren. Dadurch
wuͤrde der Krieg nur eine Art Ueberrumpelung
im Schachſpiel, und gar nicht mehr auszufuͤhren.

Ich freue mich, daß Sie jetzt wegen der
Cholera beruhigter ſind. Aber ich mußte laut

III. 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0031" n="17"/>
burg wird rei&#x017F;en ko&#x0364;nnen, und weiter nach<lb/>
Frankfurt gezogen in achtzehn Stunden dort¬<lb/>
hin. Wenn ich Morgens von hier abrei&#x017F;te,<lb/>
ko&#x0364;nnte ich Abends Thee bei Ihnen trinken und<lb/>
den andern Abend wieder hier &#x017F;eyn. Welch<lb/>
ein reizender Gedanke! Heine &#x017F;agt zwar, es<lb/>
&#x017F;ei eine &#x017F;chreckliche Vor&#x017F;tellung, in zwo&#x0364;lf Stun¬<lb/>
den &#x017F;chon in Deut&#x017F;chland &#x017F;eyn zu ko&#x0364;nnen.<lb/>
Die&#x017F;e Ei&#x017F;enbahnen &#x017F;ind nun meine und Li&#x017F;t's<lb/>
Schwa&#x0364;rmereien, wegen ihrer ungeheuern politi¬<lb/>
&#x017F;chen Folgen. Allem Despotismus wa&#x0364;re da¬<lb/>
durch der Hals gebrochen, Kriege ganz unmo&#x0364;<lb/>
lich. Frankreich, wie jedes andere Land,<lb/>
ko&#x0364;nnte dann die gro&#x0364;ßten Armeen innerhalb<lb/>
vier und zwanzig Stunden von einem Ende<lb/>
des Reichs zum andern fu&#x0364;hren. Dadurch<lb/>
wu&#x0364;rde der Krieg nur eine Art Ueberrumpelung<lb/>
im Schach&#x017F;piel, und gar nicht mehr auszufu&#x0364;hren.</p><lb/>
          <p>Ich freue mich, daß Sie jetzt wegen der<lb/>
Cholera beruhigter &#x017F;ind. Aber ich mußte laut<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">III</hi>. 2<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0031] burg wird reiſen koͤnnen, und weiter nach Frankfurt gezogen in achtzehn Stunden dort¬ hin. Wenn ich Morgens von hier abreiſte, koͤnnte ich Abends Thee bei Ihnen trinken und den andern Abend wieder hier ſeyn. Welch ein reizender Gedanke! Heine ſagt zwar, es ſei eine ſchreckliche Vorſtellung, in zwoͤlf Stun¬ den ſchon in Deutſchland ſeyn zu koͤnnen. Dieſe Eiſenbahnen ſind nun meine und Liſt's Schwaͤrmereien, wegen ihrer ungeheuern politi¬ ſchen Folgen. Allem Despotismus waͤre da¬ durch der Hals gebrochen, Kriege ganz unmoͤg¬ lich. Frankreich, wie jedes andere Land, koͤnnte dann die groͤßten Armeen innerhalb vier und zwanzig Stunden von einem Ende des Reichs zum andern fuͤhren. Dadurch wuͤrde der Krieg nur eine Art Ueberrumpelung im Schachſpiel, und gar nicht mehr auszufuͤhren. Ich freue mich, daß Sie jetzt wegen der Cholera beruhigter ſind. Aber ich mußte laut III. 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/31
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/31>, abgerufen am 21.11.2024.