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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

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geholt haben; aber die Bearbeitung scheint
eigenthümlich. Sie ist gut genug, und für
Paris von einer seltenen Vollendung. Ich ha¬
be nie ein Schauspiel gesehen, das, ohne den
geringsten Kunstwerth zu haben, doch eine
theatralische Wirkung hervorbringt, der man
sich den andern Tag nicht zu schämen braucht.
Hören Sie! Amalie, die Tochter des Grafen
von Clairville, 32 Jahre alt -- vergessen
Sie dieses Alter nicht; sind es doch nur Jahre
einer Andern! -- wird gleich bei ihrem ersten
Auftreten als ein höchst liebenswürdiges, höchst
achtungswerthes Frauenzimmer erkannt. Sanft,
bescheiden, von der zartesten weiblichen Sitt¬
samkeit, hat ihr das reifere Alter nichts ge¬
nommen, als die Leidenschaftlichkeit, mit der
man in der Jugend jedes Leid erträgt, und
der unvermählte Stand ihr nichts gegeben
als einen Reichthum von aufgesparter Liebe
An dem Tage, wo wir sie kennen lernen, er

geholt haben; aber die Bearbeitung ſcheint
eigenthuͤmlich. Sie iſt gut genug, und fuͤr
Paris von einer ſeltenen Vollendung. Ich ha¬
be nie ein Schauſpiel geſehen, das, ohne den
geringſten Kunſtwerth zu haben, doch eine
theatraliſche Wirkung hervorbringt, der man
ſich den andern Tag nicht zu ſchaͤmen braucht.
Hoͤren Sie! Amalie, die Tochter des Grafen
von Clairville, 32 Jahre alt — vergeſſen
Sie dieſes Alter nicht; ſind es doch nur Jahre
einer Andern! — wird gleich bei ihrem erſten
Auftreten als ein hoͤchſt liebenswuͤrdiges, hoͤchſt
achtungswerthes Frauenzimmer erkannt. Sanft,
beſcheiden, von der zarteſten weiblichen Sitt¬
ſamkeit, hat ihr das reifere Alter nichts ge¬
nommen, als die Leidenſchaftlichkeit, mit der
man in der Jugend jedes Leid ertraͤgt, und
der unvermaͤhlte Stand ihr nichts gegeben
als einen Reichthum von aufgeſparter Liebe
An dem Tage, wo wir ſie kennen lernen, er

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[288/0302] geholt haben; aber die Bearbeitung ſcheint eigenthuͤmlich. Sie iſt gut genug, und fuͤr Paris von einer ſeltenen Vollendung. Ich ha¬ be nie ein Schauſpiel geſehen, das, ohne den geringſten Kunſtwerth zu haben, doch eine theatraliſche Wirkung hervorbringt, der man ſich den andern Tag nicht zu ſchaͤmen braucht. Hoͤren Sie! Amalie, die Tochter des Grafen von Clairville, 32 Jahre alt — vergeſſen Sie dieſes Alter nicht; ſind es doch nur Jahre einer Andern! — wird gleich bei ihrem erſten Auftreten als ein hoͤchſt liebenswuͤrdiges, hoͤchſt achtungswerthes Frauenzimmer erkannt. Sanft, beſcheiden, von der zarteſten weiblichen Sitt¬ ſamkeit, hat ihr das reifere Alter nichts ge¬ nommen, als die Leidenſchaftlichkeit, mit der man in der Jugend jedes Leid ertraͤgt, und der unvermaͤhlte Stand ihr nichts gegeben als einen Reichthum von aufgeſparter Liebe An dem Tage, wo wir ſie kennen lernen, er

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/302>, abgerufen am 22.11.2024.