Sie aber, Sie, was halten Sie davon? Finden Sie nicht, daß ich Recht habe? Aber mein Gott! Sie haben gar nicht Acht gegeben. Sie waren zerstreut und ich weiß auch warum. Während meiner langen Rede haben Sie an nichts gedacht, als wer die Fürstin sey, deren schönen Teint ich gelobt. Ich werde mich wohl hüten, das zu gestehen. Indem ich es verschwei¬ ge, werden alle deutsche Prinzessinnen die Schmei¬ chelei auf sich beziehen, und ich werde dadurch sechs und dreißig regierende Herzen gewinnen, welches mir sehr nützlich seyn kann, wenn ich einmal früher oder später in die rauhen Fäuste irgend einer deutschen Polizei plumpe.
-- Gestern habe ich einem Welt-Essen bei¬ gewohnt. Nicht einem Essen, wo, wie in man¬ chen Ländern Europens, die Welt von wenigen Mäulern gespeißt wird; sondern wo die Welt durch ihre Repräsentanten selbst speißt. Ich habe Nord- und Südamerikaner, Egyptier und
Sie aber, Sie, was halten Sie davon? Finden Sie nicht, daß ich Recht habe? Aber mein Gott! Sie haben gar nicht Acht gegeben. Sie waren zerſtreut und ich weiß auch warum. Waͤhrend meiner langen Rede haben Sie an nichts gedacht, als wer die Fuͤrſtin ſey, deren ſchoͤnen Teint ich gelobt. Ich werde mich wohl huͤten, das zu geſtehen. Indem ich es verſchwei¬ ge, werden alle deutſche Prinzeſſinnen die Schmei¬ chelei auf ſich beziehen, und ich werde dadurch ſechs und dreißig regierende Herzen gewinnen, welches mir ſehr nuͤtzlich ſeyn kann, wenn ich einmal fruͤher oder ſpaͤter in die rauhen Faͤuſte irgend einer deutſchen Polizei plumpe.
— Geſtern habe ich einem Welt-Eſſen bei¬ gewohnt. Nicht einem Eſſen, wo, wie in man¬ chen Laͤndern Europens, die Welt von wenigen Maͤulern geſpeißt wird; ſondern wo die Welt durch ihre Repraͤſentanten ſelbſt ſpeißt. Ich habe Nord- und Suͤdamerikaner, Egyptier und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0282"n="268"/><p><hirendition="#g">Sie</hi> aber, <hirendition="#g">Sie</hi>, was halten Sie davon?<lb/>
Finden Sie nicht, daß ich Recht habe? Aber<lb/>
mein Gott! Sie haben gar nicht Acht gegeben.<lb/>
Sie waren zerſtreut und ich weiß auch warum.<lb/>
Waͤhrend meiner langen Rede haben Sie an<lb/>
nichts gedacht, als wer die Fuͤrſtin ſey, deren<lb/>ſchoͤnen Teint ich gelobt. Ich werde mich wohl<lb/>
huͤten, das zu geſtehen. Indem ich es verſchwei¬<lb/>
ge, werden alle deutſche Prinzeſſinnen die Schmei¬<lb/>
chelei auf ſich beziehen, und ich werde dadurch<lb/>ſechs und dreißig regierende Herzen gewinnen,<lb/>
welches mir ſehr nuͤtzlich ſeyn kann, wenn ich<lb/>
einmal fruͤher oder ſpaͤter in die rauhen Faͤuſte<lb/>
irgend einer deutſchen Polizei plumpe.</p><lb/><p>— Geſtern habe ich einem Welt-Eſſen bei¬<lb/>
gewohnt. Nicht einem Eſſen, wo, wie in man¬<lb/>
chen Laͤndern Europens, die Welt von wenigen<lb/>
Maͤulern geſpeißt wird; ſondern wo die Welt<lb/>
durch ihre Repraͤſentanten ſelbſt ſpeißt. Ich<lb/>
habe Nord- und Suͤdamerikaner, Egyptier und<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[268/0282]
Sie aber, Sie, was halten Sie davon?
Finden Sie nicht, daß ich Recht habe? Aber
mein Gott! Sie haben gar nicht Acht gegeben.
Sie waren zerſtreut und ich weiß auch warum.
Waͤhrend meiner langen Rede haben Sie an
nichts gedacht, als wer die Fuͤrſtin ſey, deren
ſchoͤnen Teint ich gelobt. Ich werde mich wohl
huͤten, das zu geſtehen. Indem ich es verſchwei¬
ge, werden alle deutſche Prinzeſſinnen die Schmei¬
chelei auf ſich beziehen, und ich werde dadurch
ſechs und dreißig regierende Herzen gewinnen,
welches mir ſehr nuͤtzlich ſeyn kann, wenn ich
einmal fruͤher oder ſpaͤter in die rauhen Faͤuſte
irgend einer deutſchen Polizei plumpe.
— Geſtern habe ich einem Welt-Eſſen bei¬
gewohnt. Nicht einem Eſſen, wo, wie in man¬
chen Laͤndern Europens, die Welt von wenigen
Maͤulern geſpeißt wird; ſondern wo die Welt
durch ihre Repraͤſentanten ſelbſt ſpeißt. Ich
habe Nord- und Suͤdamerikaner, Egyptier und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/282>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.