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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

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licher Todesschein ausgestellt. Was machen denn
in Frankfurt unsere jungen Gesetzgeber, unsere
jungen Senatoren? Wie dulden sie solche Schänd¬
lichkeiten? Wozu denn haben sie die Universitä¬
ten des neunzehnten Jahrhunderts besucht? Wenn
sie sich in Frankfurt mit einem Staatsrechte
und einer Gesetzgebung aus dem sechszehnten
Jahrhundert begnügen, hätten sie ihren Eltern
die Studienkosten ersparen können. Das eben
ist der Jammer -- wir haben keine Jugend.
Sobald sie in den gesetzgebenden Körper kom¬
men, werden sie dickbäuchig; sobald in den Se¬
nat, werden sie grau; sie beginnen mit geheu¬
chelter Sympathie und endigen mit aufrichtiger.

-- Sind Sie heute bei Verstand? Diese
Frage darf Sie nicht beleidigen; ich würde Sie
nie fragen: sind Sie heute bei Herz? Nun, wenn
Sie bei Verstand sind, will ich Ihnen ein Räth¬
sel aufgeben, das mich gestern Abend eine halbe
Stunde lang beschäftigt hat, und das der erste

III. 11

licher Todesſchein ausgeſtellt. Was machen denn
in Frankfurt unſere jungen Geſetzgeber, unſere
jungen Senatoren? Wie dulden ſie ſolche Schaͤnd¬
lichkeiten? Wozu denn haben ſie die Univerſitaͤ¬
ten des neunzehnten Jahrhunderts beſucht? Wenn
ſie ſich in Frankfurt mit einem Staatsrechte
und einer Geſetzgebung aus dem ſechszehnten
Jahrhundert begnuͤgen, haͤtten ſie ihren Eltern
die Studienkoſten erſparen koͤnnen. Das eben
iſt der Jammer — wir haben keine Jugend.
Sobald ſie in den geſetzgebenden Koͤrper kom¬
men, werden ſie dickbaͤuchig; ſobald in den Se¬
nat, werden ſie grau; ſie beginnen mit geheu¬
chelter Sympathie und endigen mit aufrichtiger.

— Sind Sie heute bei Verſtand? Dieſe
Frage darf Sie nicht beleidigen; ich wuͤrde Sie
nie fragen: ſind Sie heute bei Herz? Nun, wenn
Sie bei Verſtand ſind, will ich Ihnen ein Raͤth¬
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III. 11
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[161/0175] licher Todesſchein ausgeſtellt. Was machen denn in Frankfurt unſere jungen Geſetzgeber, unſere jungen Senatoren? Wie dulden ſie ſolche Schaͤnd¬ lichkeiten? Wozu denn haben ſie die Univerſitaͤ¬ ten des neunzehnten Jahrhunderts beſucht? Wenn ſie ſich in Frankfurt mit einem Staatsrechte und einer Geſetzgebung aus dem ſechszehnten Jahrhundert begnuͤgen, haͤtten ſie ihren Eltern die Studienkoſten erſparen koͤnnen. Das eben iſt der Jammer — wir haben keine Jugend. Sobald ſie in den geſetzgebenden Koͤrper kom¬ men, werden ſie dickbaͤuchig; ſobald in den Se¬ nat, werden ſie grau; ſie beginnen mit geheu¬ chelter Sympathie und endigen mit aufrichtiger. — Sind Sie heute bei Verſtand? Dieſe Frage darf Sie nicht beleidigen; ich wuͤrde Sie nie fragen: ſind Sie heute bei Herz? Nun, wenn Sie bei Verſtand ſind, will ich Ihnen ein Raͤth¬ ſel aufgeben, das mich geſtern Abend eine halbe Stunde lang beſchaͤftigt hat, und das der erſte III. 11

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/175>, abgerufen am 23.11.2024.