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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

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verläumden; es war ein ehrlicher offener
Kampf. Capo d'Istrias war von seinen Tra¬
banten umgeben, und mitten unter ihnen ha¬
ben ihn zwei kühne Spartaner erschlagen.
Sie rächten das Land, sie rächten ihr eigenes
Blut. Der eine war der Sohn, der andere
der Bruder, eines der edelsten Griechen, den
Capo d'Istrias, weil er sich seiner Tyrannei
widersetzte, schon seit lange in einem Kerker
gefangen hielt. Es war mir immer in der
tiefsten Seele zuwider, diesen listigen, abge¬
feimten, in der Schule des Despotismus er¬
grauten Staatsmann an der Spitze eines ed¬
len Volkes zu sehen, das nur für Freiheit
und Glauben lebte und starb. So regierte
er auch. Es war ein unaufhörlicher Kinder¬
mord, es war ein täglicher Vergiftungs-Ver¬
such der Freiheit. Mit allen Schlechten un¬
ter den Griechen verband er sich, die Guten
zu unterdrücken, mit allen kleinen Tyrannen,

III. 7

verlaͤumden; es war ein ehrlicher offener
Kampf. Capo d'Iſtrias war von ſeinen Tra¬
banten umgeben, und mitten unter ihnen ha¬
ben ihn zwei kuͤhne Spartaner erſchlagen.
Sie raͤchten das Land, ſie raͤchten ihr eigenes
Blut. Der eine war der Sohn, der andere
der Bruder, eines der edelſten Griechen, den
Capo d'Iſtrias, weil er ſich ſeiner Tyrannei
widerſetzte, ſchon ſeit lange in einem Kerker
gefangen hielt. Es war mir immer in der
tiefſten Seele zuwider, dieſen liſtigen, abge¬
feimten, in der Schule des Despotismus er¬
grauten Staatsmann an der Spitze eines ed¬
len Volkes zu ſehen, das nur fuͤr Freiheit
und Glauben lebte und ſtarb. So regierte
er auch. Es war ein unaufhoͤrlicher Kinder¬
mord, es war ein taͤglicher Vergiftungs-Ver¬
ſuch der Freiheit. Mit allen Schlechten un¬
ter den Griechen verband er ſich, die Guten
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[97/0111] verlaͤumden; es war ein ehrlicher offener Kampf. Capo d'Iſtrias war von ſeinen Tra¬ banten umgeben, und mitten unter ihnen ha¬ ben ihn zwei kuͤhne Spartaner erſchlagen. Sie raͤchten das Land, ſie raͤchten ihr eigenes Blut. Der eine war der Sohn, der andere der Bruder, eines der edelſten Griechen, den Capo d'Iſtrias, weil er ſich ſeiner Tyrannei widerſetzte, ſchon ſeit lange in einem Kerker gefangen hielt. Es war mir immer in der tiefſten Seele zuwider, dieſen liſtigen, abge¬ feimten, in der Schule des Despotismus er¬ grauten Staatsmann an der Spitze eines ed¬ len Volkes zu ſehen, das nur fuͤr Freiheit und Glauben lebte und ſtarb. So regierte er auch. Es war ein unaufhoͤrlicher Kinder¬ mord, es war ein taͤglicher Vergiftungs-Ver¬ ſuch der Freiheit. Mit allen Schlechten un¬ ter den Griechen verband er ſich, die Guten zu unterdruͤcken, mit allen kleinen Tyrannen, III. 7

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/111>, abgerufen am 23.11.2024.