"und vergaß meine Schmerzen. Ich will lieben "und streiten wie vor. Und keine Milde, ja "keine Gerechtigkeit mehr! Sie haben Milch "in Blut, Blut in Essig verwandelt, und ha¬ "ben den Essig vergiftet. Ein Thor, wer noch "in unsern Tagen die Schaamlosen durch Gro߬ "muth zu beschämen, die Hartherzigen durch "Bitten zu erweichen gedenkt! Teufel gegen "Teufel! ... Weil sie die Völker so lange wie "Kinder behandelt, sind sie bis zu Kindermäd¬ "chen herabgesunken. Sie dahlen und tändeln, "und lügen und drohen, und patschen und "schmeicheln, und kitzeln und windeln, und "waschen mit dem Schwamme. Aber das Spru¬ "deln und Weinen der Kinder macht sie leicht "ungeduldig. Sie ziehen dann ihr weises Häub¬ "chen ab, und zeigen die düstre Krone darunter; "sie legen die Ruthe weg und holen den Scep¬ "ter. Nun wohlan! An der Grenze eurer und "unserer Geduld erwarten wir euch! ... Zwar
„und vergaß meine Schmerzen. Ich will lieben „und ſtreiten wie vor. Und keine Milde, ja „keine Gerechtigkeit mehr! Sie haben Milch „in Blut, Blut in Eſſig verwandelt, und ha¬ „ben den Eſſig vergiftet. Ein Thor, wer noch „in unſern Tagen die Schaamloſen durch Gro߬ „muth zu beſchaͤmen, die Hartherzigen durch „Bitten zu erweichen gedenkt! Teufel gegen „Teufel! ... Weil ſie die Voͤlker ſo lange wie „Kinder behandelt, ſind ſie bis zu Kindermaͤd¬ „chen herabgeſunken. Sie dahlen und taͤndeln, „und luͤgen und drohen, und patſchen und „ſchmeicheln, und kitzeln und windeln, und „waſchen mit dem Schwamme. Aber das Spru¬ „deln und Weinen der Kinder macht ſie leicht „ungeduldig. Sie ziehen dann ihr weiſes Haͤub¬ „chen ab, und zeigen die duͤſtre Krone darunter; „ſie legen die Ruthe weg und holen den Scep¬ „ter. Nun wohlan! An der Grenze eurer und „unſerer Geduld erwarten wir euch! ... Zwar
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„und vergaß meine Schmerzen. Ich will lieben
„und ſtreiten wie vor. Und keine Milde, ja
„keine Gerechtigkeit mehr! Sie haben Milch
„in Blut, Blut in Eſſig verwandelt, und ha¬
„ben den Eſſig vergiftet. Ein Thor, wer noch
„in unſern Tagen die Schaamloſen durch Gro߬
„muth zu beſchaͤmen, die Hartherzigen durch
„Bitten zu erweichen gedenkt! Teufel gegen
„Teufel! ... Weil ſie die Voͤlker ſo lange wie
„Kinder behandelt, ſind ſie bis zu Kindermaͤd¬
„chen herabgeſunken. Sie dahlen und taͤndeln,
„und luͤgen und drohen, und patſchen und
„ſchmeicheln, und kitzeln und windeln, und
„waſchen mit dem Schwamme. Aber das Spru¬
„deln und Weinen der Kinder macht ſie leicht
„ungeduldig. Sie ziehen dann ihr weiſes Haͤub¬
„chen ab, und zeigen die duͤſtre Krone darunter;
„ſie legen die Ruthe weg und holen den Scep¬
„ter. Nun wohlan! An der Grenze eurer und
„unſerer Geduld erwarten wir euch! ... Zwar
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/106>, abgerufen am 23.11.2024.
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