süßesten schmecken. Der österreichische Staat ist eine seelenlose Dampfmaschine, aber keine mit hohem Drucke. Sie wissen dort genau zu berechnen; wie weit man es treiben darf, ohne daß der Kessel platze, und lassen darum zuweilen Rauch aus dem Schorn¬ steine -- nach oben, in den höhern Ständen, in der Residenz; nach unten nie.
-- Ich habe herzlich darüber lachen müssen, daß die hannövrischen Soldaten beim Einzuge in Göttingen den Marseiller Marsch gespielt. Ich glaube, die Spitzbuben haben das mit Bedacht gethan. Sie wollten sich wohl über die Revolutionairs lustig machen. Vielleicht war es auch Gutmüthigkeit. Sie dachten, da habt ihr euern Marseiller Marsch, ihr wollt ja nicht mehr. Und vielleicht wollten sie wirk¬ lich nicht mehr. Haben Sie aber auch die Unter¬ würfigkeits-Akte der Stadt Göttingen gelesen, den Brief, den sie an den General geschrieben. Das ist zu schön. Vor lauter Demuth und Zerknirschung wissen sie nicht genug Hochgeburt und Hochwohl¬ geburt aufzutreiben. Sie kriechen unter die Erde. So ist der gute Deutsche! Wenn einmal ein müder Bürger seinen schweren Bündel Unterthänigkeit ab¬ wirft, gleich hebt ihn sein Nachbar auf, und hockt die Last zu seiner eigenen. Und in dieses Land soll ich
ſüßeſten ſchmecken. Der öſterreichiſche Staat iſt eine ſeelenloſe Dampfmaſchine, aber keine mit hohem Drucke. Sie wiſſen dort genau zu berechnen; wie weit man es treiben darf, ohne daß der Keſſel platze, und laſſen darum zuweilen Rauch aus dem Schorn¬ ſteine — nach oben, in den höhern Ständen, in der Reſidenz; nach unten nie.
— Ich habe herzlich darüber lachen müſſen, daß die hannövriſchen Soldaten beim Einzuge in Göttingen den Marſeiller Marſch geſpielt. Ich glaube, die Spitzbuben haben das mit Bedacht gethan. Sie wollten ſich wohl über die Revolutionairs luſtig machen. Vielleicht war es auch Gutmüthigkeit. Sie dachten, da habt ihr euern Marſeiller Marſch, ihr wollt ja nicht mehr. Und vielleicht wollten ſie wirk¬ lich nicht mehr. Haben Sie aber auch die Unter¬ würfigkeits-Akte der Stadt Göttingen geleſen, den Brief, den ſie an den General geſchrieben. Das iſt zu ſchön. Vor lauter Demuth und Zerknirſchung wiſſen ſie nicht genug Hochgeburt und Hochwohl¬ geburt aufzutreiben. Sie kriechen unter die Erde. So iſt der gute Deutſche! Wenn einmal ein müder Bürger ſeinen ſchweren Bündel Unterthänigkeit ab¬ wirft, gleich hebt ihn ſein Nachbar auf, und hockt die Laſt zu ſeiner eigenen. Und in dieſes Land ſoll ich
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ſüßeſten ſchmecken. Der öſterreichiſche Staat iſt eine
ſeelenloſe Dampfmaſchine, aber keine mit hohem
Drucke. Sie wiſſen dort genau zu berechnen; wie
weit man es treiben darf, ohne daß der Keſſel platze,
und laſſen darum zuweilen Rauch aus dem Schorn¬
ſteine — nach oben, in den höhern Ständen, in
der Reſidenz; nach unten nie.
— Ich habe herzlich darüber lachen müſſen,
daß die hannövriſchen Soldaten beim Einzuge in
Göttingen den Marſeiller Marſch geſpielt. Ich
glaube, die Spitzbuben haben das mit Bedacht gethan.
Sie wollten ſich wohl über die Revolutionairs luſtig
machen. Vielleicht war es auch Gutmüthigkeit. Sie
dachten, da habt ihr euern Marſeiller Marſch, ihr
wollt ja nicht mehr. Und vielleicht wollten ſie wirk¬
lich nicht mehr. Haben Sie aber auch die Unter¬
würfigkeits-Akte der Stadt Göttingen geleſen, den
Brief, den ſie an den General geſchrieben. Das iſt
zu ſchön. Vor lauter Demuth und Zerknirſchung
wiſſen ſie nicht genug Hochgeburt und Hochwohl¬
geburt aufzutreiben. Sie kriechen unter die Erde.
So iſt der gute Deutſche! Wenn einmal ein müder
Bürger ſeinen ſchweren Bündel Unterthänigkeit ab¬
wirft, gleich hebt ihn ſein Nachbar auf, und hockt die
Laſt zu ſeiner eigenen. Und in dieſes Land ſoll ich
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/28>, abgerufen am 16.07.2024.
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