"mit ihr von der Trauung aus der Kirche kam, selbst "gestanden habe. Diesem Plane treu, habe er auf "nichts gesonnen als Mittel zu finden, seine Gemahlin "durch alle mögliche niederträchtigen und lächerlichen "Bosheiten zu kränken. So erzählten es die sehr "glaubwürdigen Chronikmacher." Das wäre aber ge¬ wiß eine theure Rache gewesen, und ich möchte auf meinen Todfeind keine so großen Kosten wenden. Wenn mir es begegnete, daß mir ein Frauenzimmer, deren Hand ich forderte, einen Korb gäbe, würde ich all mein Leben ihr zu Füßen legen und allen Leuten erzählen: seht, das ist meine Wohlthäterin, ich habe ihr mein ganzes Glück zu verdanken! Mit welchen romantischen Gefühlen, mit welcher ätherischen Stim¬ mung Byron zur Ehe schritt, verrathen folgende wenige Worte. Einen Tag vor seiner Hochzeit schrieb er einem Freunde, aber mit der größten Ernsthaftig¬ keit: "Man sagt mir, man könne sich nicht in einem "schwarzen Kleide trauen lassen, und ich mag mich "nicht blau anziehen; das ist gemein, und es mi߬ "fällt mir." Den häßlichen Ehemann vergessen zu machen, zum Schlusse noch ein Wort vom schönen Geiste. Er schrieb in sein Tagebuch: "Ich erinnere mich, Blücher in einigen Londoner Gesellschaften gesehen zu haben, und nie sah ich einen Mann sei¬
„mit ihr von der Trauung aus der Kirche kam, ſelbſt „geſtanden habe. Dieſem Plane treu, habe er auf „nichts geſonnen als Mittel zu finden, ſeine Gemahlin „durch alle mögliche niederträchtigen und lächerlichen „Bosheiten zu kränken. So erzählten es die ſehr „glaubwürdigen Chronikmacher.“ Das wäre aber ge¬ wiß eine theure Rache geweſen, und ich möchte auf meinen Todfeind keine ſo großen Koſten wenden. Wenn mir es begegnete, daß mir ein Frauenzimmer, deren Hand ich forderte, einen Korb gäbe, würde ich all mein Leben ihr zu Füßen legen und allen Leuten erzählen: ſeht, das iſt meine Wohlthäterin, ich habe ihr mein ganzes Glück zu verdanken! Mit welchen romantiſchen Gefühlen, mit welcher ätheriſchen Stim¬ mung Byron zur Ehe ſchritt, verrathen folgende wenige Worte. Einen Tag vor ſeiner Hochzeit ſchrieb er einem Freunde, aber mit der größten Ernſthaftig¬ keit: „Man ſagt mir, man könne ſich nicht in einem „ſchwarzen Kleide trauen laſſen, und ich mag mich „nicht blau anziehen; das iſt gemein, und es mi߬ „fällt mir.“ Den häßlichen Ehemann vergeſſen zu machen, zum Schluſſe noch ein Wort vom ſchönen Geiſte. Er ſchrieb in ſein Tagebuch: „Ich erinnere mich, Blücher in einigen Londoner Geſellſchaften geſehen zu haben, und nie ſah ich einen Mann ſei¬
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„mit ihr von der Trauung aus der Kirche kam, ſelbſt
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„nichts geſonnen als Mittel zu finden, ſeine Gemahlin
„durch alle mögliche niederträchtigen und lächerlichen
„Bosheiten zu kränken. So erzählten es die ſehr
„glaubwürdigen Chronikmacher.“ Das wäre aber ge¬
wiß eine theure Rache geweſen, und ich möchte auf
meinen Todfeind keine ſo großen Koſten wenden.
Wenn mir es begegnete, daß mir ein Frauenzimmer,
deren Hand ich forderte, einen Korb gäbe, würde ich
all mein Leben ihr zu Füßen legen und allen Leuten
erzählen: ſeht, das iſt meine Wohlthäterin, ich habe
ihr mein ganzes Glück zu verdanken! Mit welchen
romantiſchen Gefühlen, mit welcher ätheriſchen Stim¬
mung Byron zur Ehe ſchritt, verrathen folgende
wenige Worte. Einen Tag vor ſeiner Hochzeit ſchrieb
er einem Freunde, aber mit der größten Ernſthaftig¬
keit: „Man ſagt mir, man könne ſich nicht in einem
„ſchwarzen Kleide trauen laſſen, und ich mag mich
„nicht blau anziehen; das iſt gemein, und es mi߬
„fällt mir.“ Den häßlichen Ehemann vergeſſen zu
machen, zum Schluſſe noch ein Wort vom ſchönen
Geiſte. Er ſchrieb in ſein Tagebuch: „Ich erinnere
mich, Blücher in einigen Londoner Geſellſchaften
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/242>, abgerufen am 27.07.2024.
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