im Bette. Das Mittagessen dauerte bis zwei Uhr Nachts. Zum Schlusse wurde in einem Todtenschä¬ del, der in Silber eingefaßt war, Burgunder kredenzt. Dann gingen die betrunkenen Kameraden, in Mönchs¬ kutten gekleidet, jeder in seine Zelle. ... Byron mußte wohl viel geliebt haben, denn er haßte das Geschlecht. Er sagte einmal. "Ich kenne nur einen "einzigen Menschen, der glücklich gewesen. Das war "Beaumarchais, der Verfasser des Figaro. Vor sei¬ "nem dreißigsten Jahre hatte er schon zwei Weiber "begraben und drei Prozesse gewonnen." Ein ander¬ mal schrieb er einem Freunde: "Ich bitte dich, nenne mir nie eine Frau in deinem Briefe, und ent¬ halte dich jeder Anspielung auf dieses Geschlecht." Sie sehen, Byron war auch ein Bär -- an der Kette. ... Als er hörte, daß Napoleon die Schlacht von Leipzig verloren, schrieb er Folgendes in sein Tagebuch: "Von Männern besiegt zu werden, das "ist noch zu ertragen, aber von drei alten Dyna¬ "stieen, von diesen Souverainen der legitimen Race! "O! Barmherzigkeit, Barmherzigkeit! das muß, wie "Cobbet sagt, von seiner Verbindung mit dem öster¬ "reichischen Stamme, dicker Lippen und bleiernen Ge¬ "hirnes kommen. Er hätte besser gethan, sich an "der zu halten, die Barras unterhalten. Nein,
im Bette. Das Mittageſſen dauerte bis zwei Uhr Nachts. Zum Schluſſe wurde in einem Todtenſchä¬ del, der in Silber eingefaßt war, Burgunder kredenzt. Dann gingen die betrunkenen Kameraden, in Mönchs¬ kutten gekleidet, jeder in ſeine Zelle. ... Byron mußte wohl viel geliebt haben, denn er haßte das Geſchlecht. Er ſagte einmal. „Ich kenne nur einen „einzigen Menſchen, der glücklich geweſen. Das war „Beaumarchais, der Verfaſſer des Figaro. Vor ſei¬ „nem dreißigſten Jahre hatte er ſchon zwei Weiber „begraben und drei Prozeſſe gewonnen.“ Ein ander¬ mal ſchrieb er einem Freunde: „Ich bitte dich, nenne mir nie eine Frau in deinem Briefe, und ent¬ halte dich jeder Anſpielung auf dieſes Geſchlecht.“ Sie ſehen, Byron war auch ein Bär — an der Kette. ... Als er hörte, daß Napoleon die Schlacht von Leipzig verloren, ſchrieb er Folgendes in ſein Tagebuch: „Von Männern beſiegt zu werden, das „iſt noch zu ertragen, aber von drei alten Dyna¬ „ſtieen, von dieſen Souverainen der legitimen Race! „O! Barmherzigkeit, Barmherzigkeit! das muß, wie „Cobbet ſagt, von ſeiner Verbindung mit dem öſter¬ „reichiſchen Stamme, dicker Lippen und bleiernen Ge¬ „hirnes kommen. Er hätte beſſer gethan, ſich an „der zu halten, die Barras unterhalten. Nein,
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im Bette. Das Mittageſſen dauerte bis zwei Uhr
Nachts. Zum Schluſſe wurde in einem Todtenſchä¬
del, der in Silber eingefaßt war, Burgunder kredenzt.
Dann gingen die betrunkenen Kameraden, in Mönchs¬
kutten gekleidet, jeder in ſeine Zelle. ... Byron
mußte wohl viel geliebt haben, denn er haßte das
Geſchlecht. Er ſagte einmal. „Ich kenne nur einen
„einzigen Menſchen, der glücklich geweſen. Das war
„Beaumarchais, der Verfaſſer des Figaro. Vor ſei¬
„nem dreißigſten Jahre hatte er ſchon zwei Weiber
„begraben und drei Prozeſſe gewonnen.“ Ein ander¬
mal ſchrieb er einem Freunde: „Ich bitte dich,
nenne mir nie eine Frau in deinem Briefe, und ent¬
halte dich jeder Anſpielung auf dieſes Geſchlecht.“
Sie ſehen, Byron war auch ein Bär — an der
Kette. ... Als er hörte, daß Napoleon die Schlacht
von Leipzig verloren, ſchrieb er Folgendes in ſein
Tagebuch: „Von Männern beſiegt zu werden, das
„iſt noch zu ertragen, aber von drei alten Dyna¬
„ſtieen, von dieſen Souverainen der legitimen Race!
„O! Barmherzigkeit, Barmherzigkeit! das muß, wie
„Cobbet ſagt, von ſeiner Verbindung mit dem öſter¬
„reichiſchen Stamme, dicker Lippen und bleiernen Ge¬
„hirnes kommen. Er hätte beſſer gethan, ſich an
„der zu halten, die Barras unterhalten. Nein,
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/230>, abgerufen am 16.02.2025.
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