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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

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an ihn denkt. Ich gäbe alle Freuden meines
ganzen Lebens, für ein Jahr von Byrons Schmer¬
zen hin.

Vielleicht fragen Sie mich verwundert, wie ich
Lump dazu komme, mich mit Byron zusammen zu
stellen? Darauf muß ich Ihnen erzählen, was Sie
noch nicht wissen. Als Byrons Genius, auf seiner
Reise durch das Firmament auf die Erde kam, eine
Nacht dort zu verweilen, stieg er zuerst bei mir ab.
Aber das Haus gefiel ihm gar nicht, er eilte schnell
wieder fort und kehrte in das Hotel Byron ein.
Viele Jahre hat mich das geschmerzt, lange hat es
mich betrübt, daß ich so wenig geworden, gar nichts
erreicht. Aber jetzt ist es vorüber, ich habe es ver¬
gessen und lebe zufrieden in meiner Armuth. Mein
Unglück ist, daß ich im Mittelstande geboren bin, für
den ich gar nicht passe. Wäre mein Vater Besitzer
von Millionen oder ein Bettler gewesen, wäre ich
der Sohn eines vornehmen Mannes oder eines Land¬
streichers, hätte ich es gewiß zu etwas gebracht.
Der halbe Weg, den Andere durch ihre Geburt vor¬
aus hatten, entmuthigte mich; hätten sie den ganzen
Weg voraus gehabt, hätte ich sie gar nicht gesehen

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an ihn denkt. Ich gäbe alle Freuden meines
ganzen Lebens, für ein Jahr von Byrons Schmer¬
zen hin.

Vielleicht fragen Sie mich verwundert, wie ich
Lump dazu komme, mich mit Byron zuſammen zu
ſtellen? Darauf muß ich Ihnen erzählen, was Sie
noch nicht wiſſen. Als Byrons Genius, auf ſeiner
Reiſe durch das Firmament auf die Erde kam, eine
Nacht dort zu verweilen, ſtieg er zuerſt bei mir ab.
Aber das Haus gefiel ihm gar nicht, er eilte ſchnell
wieder fort und kehrte in das Hotel Byron ein.
Viele Jahre hat mich das geſchmerzt, lange hat es
mich betrübt, daß ich ſo wenig geworden, gar nichts
erreicht. Aber jetzt iſt es vorüber, ich habe es ver¬
geſſen und lebe zufrieden in meiner Armuth. Mein
Unglück iſt, daß ich im Mittelſtande geboren bin, für
den ich gar nicht paſſe. Wäre mein Vater Beſitzer
von Millionen oder ein Bettler geweſen, wäre ich
der Sohn eines vornehmen Mannes oder eines Land¬
ſtreichers, hätte ich es gewiß zu etwas gebracht.
Der halbe Weg, den Andere durch ihre Geburt vor¬
aus hatten, entmuthigte mich; hätten ſie den ganzen
Weg voraus gehabt, hätte ich ſie gar nicht geſehen

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[179/0193] an ihn denkt. Ich gäbe alle Freuden meines ganzen Lebens, für ein Jahr von Byrons Schmer¬ zen hin. Vielleicht fragen Sie mich verwundert, wie ich Lump dazu komme, mich mit Byron zuſammen zu ſtellen? Darauf muß ich Ihnen erzählen, was Sie noch nicht wiſſen. Als Byrons Genius, auf ſeiner Reiſe durch das Firmament auf die Erde kam, eine Nacht dort zu verweilen, ſtieg er zuerſt bei mir ab. Aber das Haus gefiel ihm gar nicht, er eilte ſchnell wieder fort und kehrte in das Hotel Byron ein. Viele Jahre hat mich das geſchmerzt, lange hat es mich betrübt, daß ich ſo wenig geworden, gar nichts erreicht. Aber jetzt iſt es vorüber, ich habe es ver¬ geſſen und lebe zufrieden in meiner Armuth. Mein Unglück iſt, daß ich im Mittelſtande geboren bin, für den ich gar nicht paſſe. Wäre mein Vater Beſitzer von Millionen oder ein Bettler geweſen, wäre ich der Sohn eines vornehmen Mannes oder eines Land¬ ſtreichers, hätte ich es gewiß zu etwas gebracht. Der halbe Weg, den Andere durch ihre Geburt vor¬ aus hatten, entmuthigte mich; hätten ſie den ganzen Weg voraus gehabt, hätte ich ſie gar nicht geſehen 12 *

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/193>, abgerufen am 27.11.2024.