mannichfachen Farben der Kleider, erscheinen, aus der Ferne betrachtet, nicht mehr bunt; die Farben¬ geschlechter treten zusammen; man sieht weiß, blau, grün, roth, gelb, in langen breiten Streifen. Wegen dieser Fülle und Vollständigkeit liebe ich die großen Städte so sehr. Seine angeborne Neigung und Rich¬ tung kann keiner ändern, und um zufrieden zu leben, muß darum jeder, was ihm lieb ist, auf seinem Wege suchen. Aber das kann man nicht überall. Zwar findet man auch in der kleinsten Stadt jedes Landes Menschen von jeder Art, unter welchen man wählen kann; aber was nützt uns das? Es sind doch nur Muster, die zu keinem Kleide hinreichen. Nur in London und Paris ist ein Waaren-Lager von Menschen, wo man sich versehen kann, nach Neigung und Vermögen.
Still, heiter, freundlich und bescheiden wie ein verliebtes glückliches Mädchen, lustwandelte das Pa¬ riser Volk umher. Als ich dieses sah, und bedachte: noch sind zwei Monate nicht vorüber, daß es einen tausendjährigen König niedergeworfen, und in ihm Millionen seiner Feinde besiegt -- wollte ich meinen Augen oder meiner Erinnerung nicht trauen. Es ist der Traum von einem Wunder! Schnell haben sie gesiegt, schneller haben sie verziehen. Wie mild hat das Volk die erlittenen Kränkungen erwiedert, wie bald ganz vergessen! Nur im offenen Kampfe, auf
mannichfachen Farben der Kleider, erſcheinen, aus der Ferne betrachtet, nicht mehr bunt; die Farben¬ geſchlechter treten zuſammen; man ſieht weiß, blau, grün, roth, gelb, in langen breiten Streifen. Wegen dieſer Fülle und Vollſtändigkeit liebe ich die großen Städte ſo ſehr. Seine angeborne Neigung und Rich¬ tung kann keiner ändern, und um zufrieden zu leben, muß darum jeder, was ihm lieb iſt, auf ſeinem Wege ſuchen. Aber das kann man nicht überall. Zwar findet man auch in der kleinſten Stadt jedes Landes Menſchen von jeder Art, unter welchen man wählen kann; aber was nützt uns das? Es ſind doch nur Muſter, die zu keinem Kleide hinreichen. Nur in London und Paris iſt ein Waaren-Lager von Menſchen, wo man ſich verſehen kann, nach Neigung und Vermögen.
Still, heiter, freundlich und beſcheiden wie ein verliebtes glückliches Mädchen, luſtwandelte das Pa¬ riſer Volk umher. Als ich dieſes ſah, und bedachte: noch ſind zwei Monate nicht vorüber, daß es einen tauſendjährigen König niedergeworfen, und in ihm Millionen ſeiner Feinde beſiegt — wollte ich meinen Augen oder meiner Erinnerung nicht trauen. Es iſt der Traum von einem Wunder! Schnell haben ſie geſiegt, ſchneller haben ſie verziehen. Wie mild hat das Volk die erlittenen Kränkungen erwiedert, wie bald ganz vergeſſen! Nur im offenen Kampfe, auf
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mannichfachen Farben der Kleider, erſcheinen, aus
der Ferne betrachtet, nicht mehr bunt; die Farben¬
geſchlechter treten zuſammen; man ſieht weiß, blau,
grün, roth, gelb, in langen breiten Streifen. Wegen
dieſer Fülle und Vollſtändigkeit liebe ich die großen
Städte ſo ſehr. Seine angeborne Neigung und Rich¬
tung kann keiner ändern, und um zufrieden zu leben,
muß darum jeder, was ihm lieb iſt, auf ſeinem
Wege ſuchen. Aber das kann man nicht überall.
Zwar findet man auch in der kleinſten Stadt jedes
Landes Menſchen von jeder Art, unter welchen man
wählen kann; aber was nützt uns das? Es ſind
doch nur Muſter, die zu keinem Kleide hinreichen.
Nur in London und Paris iſt ein Waaren-Lager
von Menſchen, wo man ſich verſehen kann, nach
Neigung und Vermögen.
Still, heiter, freundlich und beſcheiden wie ein
verliebtes glückliches Mädchen, luſtwandelte das Pa¬
riſer Volk umher. Als ich dieſes ſah, und bedachte:
noch ſind zwei Monate nicht vorüber, daß es einen
tauſendjährigen König niedergeworfen, und in ihm
Millionen ſeiner Feinde beſiegt — wollte ich meinen
Augen oder meiner Erinnerung nicht trauen. Es iſt
der Traum von einem Wunder! Schnell haben ſie
geſiegt, ſchneller haben ſie verziehen. Wie mild hat
das Volk die erlittenen Kränkungen erwiedert, wie
bald ganz vergeſſen! Nur im offenen Kampfe, auf
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/54>, abgerufen am 28.07.2024.
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