Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.Freitag, den 21. Januar. Gestern war ich im italienischen Theater und Freitag, den 21. Januar. Geſtern war ich im italieniſchen Theater und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0232" n="218"/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">Freitag, den 21. Januar.</hi> </dateline><lb/> <p>Geſtern war ich im italieniſchen Theater und<lb/> habe die Malibran wieder geſehen. Aber entzückt<lb/> wie das vorige Mal im Barbier war ich nicht, was<lb/> aber gar nicht unſere Schuld iſt, denn wir hatten<lb/> gewiß beide den beſten Willen. Cenerentola von<lb/> Roſſini wurde <choice><sic>gegegeben</sic><corr>gegeben</corr></choice>. Muſik bis auf einige<lb/> Stücke, beſonders ein herrliches Sextett, ſehr matt<lb/> und leer; das Gedicht langweilig, ſchwerfällig. Keine<lb/> Spur von der Grazie und der Laune, die im Aſchen¬<lb/> brödel von Nicolo und Etienne herrſchen. Die Ma¬<lb/> libran ſang und ſpielte zwar gut, aber es war keine<lb/> Roſine. Lablache ſpielte den Hofmann, welcher beide<lb/> Schweſtern den Prinzen vorſtellt. Es iſt merkwür¬<lb/> dig was dieſer Mann ſpielt, merkwürdiger was er<lb/><hi rendition="#g">nicht</hi> ſpielt. Eine ſolche Entſagung iſt mir noch<lb/> bei keinem Schauſpieler vorgekommen. Seinen Ge¬<lb/> ſang bewundere ich immer mehr und mehr. Alle<lb/> andere Sänger, die ich noch gehört, ſelbſt die gött¬<lb/> liche Malibran — es bleibt doch immer ein Inſtru¬<lb/> ment, das ſie ſpielen. Sie und die Töne ſind ge¬<lb/> trennt, ſie bringen ſie hervor. Lablache aber iſt eins<lb/> mit ſeinem Geſange, er iſt wie eine Singuhr, die<lb/> einmal aufgezogen, von ſelbſt fortſingt. Den Abend<lb/> hörte ich auch zum Erſtenmale zwei andere vortreffliche<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [218/0232]
Freitag, den 21. Januar.
Geſtern war ich im italieniſchen Theater und
habe die Malibran wieder geſehen. Aber entzückt
wie das vorige Mal im Barbier war ich nicht, was
aber gar nicht unſere Schuld iſt, denn wir hatten
gewiß beide den beſten Willen. Cenerentola von
Roſſini wurde gegeben. Muſik bis auf einige
Stücke, beſonders ein herrliches Sextett, ſehr matt
und leer; das Gedicht langweilig, ſchwerfällig. Keine
Spur von der Grazie und der Laune, die im Aſchen¬
brödel von Nicolo und Etienne herrſchen. Die Ma¬
libran ſang und ſpielte zwar gut, aber es war keine
Roſine. Lablache ſpielte den Hofmann, welcher beide
Schweſtern den Prinzen vorſtellt. Es iſt merkwür¬
dig was dieſer Mann ſpielt, merkwürdiger was er
nicht ſpielt. Eine ſolche Entſagung iſt mir noch
bei keinem Schauſpieler vorgekommen. Seinen Ge¬
ſang bewundere ich immer mehr und mehr. Alle
andere Sänger, die ich noch gehört, ſelbſt die gött¬
liche Malibran — es bleibt doch immer ein Inſtru¬
ment, das ſie ſpielen. Sie und die Töne ſind ge¬
trennt, ſie bringen ſie hervor. Lablache aber iſt eins
mit ſeinem Geſange, er iſt wie eine Singuhr, die
einmal aufgezogen, von ſelbſt fortſingt. Den Abend
hörte ich auch zum Erſtenmale zwei andere vortreffliche
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