Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.noch nicht fertig. Man lernt viel daraus, und wird noch nicht fertig. Man lernt viel daraus, und wird <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0226" n="212"/> noch nicht fertig. Man lernt viel daraus, und wird<lb/> an Vieles erinnert. Paris war damals die Küche,<lb/> worin die Revolution gekocht wurde. Da ſiehet man<lb/> noch die urſprünglichen Beſtandtheile der Mahlzeit,<lb/> das rohe Fleiſch, gerupfte Vögel, Salz, Gewürz<lb/> und die Schweinerei der Köche. Aus dem ſaubern<lb/> Miſchmaſch ſpäter iſt nicht mehr klug zu werden.<lb/> Grimm zeigt Verſtand genug, aber gar keinen Geiſt,<lb/> und nicht ſo viel Wärme, daß man eine feuchte<lb/> Adreſſe daran trocknen könnte. Dieſer Menſch war<lb/> mir immer unleidlich; er hat eine geräucherte Seele.<lb/> Welch ein guter Gimpel mußte Rouſſeau ſeyn, daß<lb/> er, ob zwar älter als Grimm, dieſen Menſchen nicht<lb/> durchſchauete, und eine Zeitlang mit ihm in Ver¬<lb/> traulichkeit lebte! Nie ſtanden zwei Seelen ſo weit<lb/> aus einander, und die Natur ſcheint Rouſſeau und<lb/> Grimm gleichzeitig geſchaffen zu haben, um darzu¬<lb/> thun, welche verſchiedenartige Talente ſie hat. Merk¬<lb/> würdig bleibt es immer, daß ſo ein deutſcher blöder<lb/> Pfarrersſohn, der im gepuderten Leipzig ſtudirt hatte,<lb/> ſich unter den kühnen und glänzenden Geiſtern des<lb/> damaligen Paris bemerkt machen, ja ſich auszeichnen<lb/> konnte! Das kam aber daher: der deutſche Junge<lb/> war Hofmeiſter in adeligen Häuſern, wo man das<lb/> Einmaleins, das unſerm Glücke oft im Wege ſtehet,<lb/> leicht verlernet. Es macht dem deutſchen Adel Ehre,<lb/> daß Grimm unter den franzöſiſchen Spitzbuben ſo<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [212/0226]
noch nicht fertig. Man lernt viel daraus, und wird
an Vieles erinnert. Paris war damals die Küche,
worin die Revolution gekocht wurde. Da ſiehet man
noch die urſprünglichen Beſtandtheile der Mahlzeit,
das rohe Fleiſch, gerupfte Vögel, Salz, Gewürz
und die Schweinerei der Köche. Aus dem ſaubern
Miſchmaſch ſpäter iſt nicht mehr klug zu werden.
Grimm zeigt Verſtand genug, aber gar keinen Geiſt,
und nicht ſo viel Wärme, daß man eine feuchte
Adreſſe daran trocknen könnte. Dieſer Menſch war
mir immer unleidlich; er hat eine geräucherte Seele.
Welch ein guter Gimpel mußte Rouſſeau ſeyn, daß
er, ob zwar älter als Grimm, dieſen Menſchen nicht
durchſchauete, und eine Zeitlang mit ihm in Ver¬
traulichkeit lebte! Nie ſtanden zwei Seelen ſo weit
aus einander, und die Natur ſcheint Rouſſeau und
Grimm gleichzeitig geſchaffen zu haben, um darzu¬
thun, welche verſchiedenartige Talente ſie hat. Merk¬
würdig bleibt es immer, daß ſo ein deutſcher blöder
Pfarrersſohn, der im gepuderten Leipzig ſtudirt hatte,
ſich unter den kühnen und glänzenden Geiſtern des
damaligen Paris bemerkt machen, ja ſich auszeichnen
konnte! Das kam aber daher: der deutſche Junge
war Hofmeiſter in adeligen Häuſern, wo man das
Einmaleins, das unſerm Glücke oft im Wege ſtehet,
leicht verlernet. Es macht dem deutſchen Adel Ehre,
daß Grimm unter den franzöſiſchen Spitzbuben ſo
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