Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.Suppe verbrannt, das Essen ist uns gar genug und Suppe verbrannt, das Eſſen iſt uns gar genug und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0216" n="202"/> Suppe verbrannt, das Eſſen iſt uns gar genug und<lb/> wir haben Hunger. Die Diplomatiker ſind in Ver¬<lb/> zweiflung darüber. Stellen Sie ſich vor, in welche<lb/> Wuth <hi rendition="#g">Janchen von Amſterdam</hi> käme, wenn auf<lb/> der Frankfurter Meſſe, in jedem Bier- und Wein¬<lb/> hauſe Einer hinter ihm ſtände und den anſtaunenden<lb/> Zuſchauern erklärte, wie man ein zerſchnittenes Band<lb/> wieder ganz mache, eine Karte verändere, eine kleine<lb/> Muskatnuß in einen großen Federball verwandele,<lb/> und wie das Alles ſo natürlich zuginge! Er würde<lb/> jammern, daß man ihn um Brod und Anſehen bringe.<lb/> So iſt es hier. Es iſt zum Todtlachen, ſie wiſſen<lb/> ſich vor Angſt nicht mehr zu helfen. Ich erinnere<lb/> mich, in welchen Zorn es die Diplomatiker verſetzt,<lb/> als vor ſieben Jahren, während der ſpaniſchen Re¬<lb/> volution, der damalige Miniſter der auswärtigen<lb/> Angelegenheiten in Spanien, über einen diplomatiſchen<lb/> Gegenſtand einen <hi rendition="#g">aufrichtigen und verſtänd¬<lb/> lichen</hi> Brief drucken ließ. Sie hatten ſchon, wenn<lb/> auch mit ſaurem Geſichte, die ganze Revolution ver¬<lb/> ſchluckt; aber dieſen Brief — das konnten ſie nicht<lb/> hinunter bringen. Göttliche Leute ſind die Belgier!<lb/> O dahin muß es kommen: die Kellerlöcher der Di¬<lb/> plomatik müſſen geöffnet werden, und dann erſt wird<lb/> es friſch und hell im ganzen Hauſe ſeyn. Die Ga¬<lb/> zette hier, die über jene Unverſchämtheit des belgi¬<lb/> ſchen Congreſſes auf ihre Art ſpricht und läſtert,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [202/0216]
Suppe verbrannt, das Eſſen iſt uns gar genug und
wir haben Hunger. Die Diplomatiker ſind in Ver¬
zweiflung darüber. Stellen Sie ſich vor, in welche
Wuth Janchen von Amſterdam käme, wenn auf
der Frankfurter Meſſe, in jedem Bier- und Wein¬
hauſe Einer hinter ihm ſtände und den anſtaunenden
Zuſchauern erklärte, wie man ein zerſchnittenes Band
wieder ganz mache, eine Karte verändere, eine kleine
Muskatnuß in einen großen Federball verwandele,
und wie das Alles ſo natürlich zuginge! Er würde
jammern, daß man ihn um Brod und Anſehen bringe.
So iſt es hier. Es iſt zum Todtlachen, ſie wiſſen
ſich vor Angſt nicht mehr zu helfen. Ich erinnere
mich, in welchen Zorn es die Diplomatiker verſetzt,
als vor ſieben Jahren, während der ſpaniſchen Re¬
volution, der damalige Miniſter der auswärtigen
Angelegenheiten in Spanien, über einen diplomatiſchen
Gegenſtand einen aufrichtigen und verſtänd¬
lichen Brief drucken ließ. Sie hatten ſchon, wenn
auch mit ſaurem Geſichte, die ganze Revolution ver¬
ſchluckt; aber dieſen Brief — das konnten ſie nicht
hinunter bringen. Göttliche Leute ſind die Belgier!
O dahin muß es kommen: die Kellerlöcher der Di¬
plomatik müſſen geöffnet werden, und dann erſt wird
es friſch und hell im ganzen Hauſe ſeyn. Die Ga¬
zette hier, die über jene Unverſchämtheit des belgi¬
ſchen Congreſſes auf ihre Art ſpricht und läſtert,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |