der König von Baiern beträgt sich doch gar zu wunderlich. Das ist ein Gelehrter, der bringt seine Verirrungen in ein System und da ist keine Hülfe mehr. ... Es ist gar keine Möglichkeit, die deut¬ schen Regierungen zu parodiren. Erinnern Sie sich, daß ich Ihnen vor einiger Zeit, als ich mich dar¬ über geärgert, daß man hier für die Zeitungen die Cautionen beibehalten, geschrieben: es wäre recht spaßhaft, wenn sie in Deutschland das mit den Cau¬ tionen nachahmten. Censur und Caution! Das sollte ein Witz von mir seyn, im Ernste hielt ich das für nicht möglich. Aber es ist eingetroffen. In einem hiesigen Blatte las ich heute aus Baiern, daß man von einem gewissen Coromans, der eine Zeitung herausgeben will, Caution verlangt habe. Das ist gerade, als wolle man von einem, den man in den Kerker wirft und an Händen und Füßen kettet, noch eine Caution fordern, daß er nicht fort¬ läuft.
Ich habe in der Berliner Zeitung die Prokla¬ mation des russischen Kaisers an die Polen gelesen. Sie ist im alten Style datirt und im alten Style geschrieben. Der spreizt sich! der will den Helden machen und den europäischen Fürsten zeigen, wie man mit Revolutionen fertig wird. Schlimm für die Polen, wenn es ihm gelingt, aber dann noch schlimmer für die andern Fürsten. Sie werden es
der König von Baiern beträgt ſich doch gar zu wunderlich. Das iſt ein Gelehrter, der bringt ſeine Verirrungen in ein Syſtem und da iſt keine Hülfe mehr. ... Es iſt gar keine Möglichkeit, die deut¬ ſchen Regierungen zu parodiren. Erinnern Sie ſich, daß ich Ihnen vor einiger Zeit, als ich mich dar¬ über geärgert, daß man hier für die Zeitungen die Cautionen beibehalten, geſchrieben: es wäre recht ſpaßhaft, wenn ſie in Deutſchland das mit den Cau¬ tionen nachahmten. Cenſur und Caution! Das ſollte ein Witz von mir ſeyn, im Ernſte hielt ich das für nicht möglich. Aber es iſt eingetroffen. In einem hieſigen Blatte las ich heute aus Baiern, daß man von einem gewiſſen Coromans, der eine Zeitung herausgeben will, Caution verlangt habe. Das iſt gerade, als wolle man von einem, den man in den Kerker wirft und an Händen und Füßen kettet, noch eine Caution fordern, daß er nicht fort¬ läuft.
Ich habe in der Berliner Zeitung die Prokla¬ mation des ruſſiſchen Kaiſers an die Polen geleſen. Sie iſt im alten Style datirt und im alten Style geſchrieben. Der ſpreizt ſich! der will den Helden machen und den europäiſchen Fürſten zeigen, wie man mit Revolutionen fertig wird. Schlimm für die Polen, wenn es ihm gelingt, aber dann noch ſchlimmer für die andern Fürſten. Sie werden es
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der König von Baiern beträgt ſich doch gar zu
wunderlich. Das iſt ein Gelehrter, der bringt ſeine
Verirrungen in ein Syſtem und da iſt keine Hülfe
mehr. ... Es iſt gar keine Möglichkeit, die deut¬
ſchen Regierungen zu parodiren. Erinnern Sie ſich,
daß ich Ihnen vor einiger Zeit, als ich mich dar¬
über geärgert, daß man hier für die Zeitungen die
Cautionen beibehalten, geſchrieben: es wäre recht
ſpaßhaft, wenn ſie in Deutſchland das mit den Cau¬
tionen nachahmten. Cenſur und Caution! Das
ſollte ein Witz von mir ſeyn, im Ernſte hielt ich
das für nicht möglich. Aber es iſt eingetroffen.
In einem hieſigen Blatte las ich heute aus Baiern,
daß man von einem gewiſſen Coromans, der eine
Zeitung herausgeben will, Caution verlangt habe.
Das iſt gerade, als wolle man von einem, den man
in den Kerker wirft und an Händen und Füßen
kettet, noch eine Caution fordern, daß er nicht fort¬
läuft.
Ich habe in der Berliner Zeitung die Prokla¬
mation des ruſſiſchen Kaiſers an die Polen geleſen.
Sie iſt im alten Style datirt und im alten Style
geſchrieben. Der ſpreizt ſich! der will den Helden
machen und den europäiſchen Fürſten zeigen, wie
man mit Revolutionen fertig wird. Schlimm für
die Polen, wenn es ihm gelingt, aber dann noch
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/183>, abgerufen am 22.07.2024.
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