Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.der neuen romantischen Parthei in der Politik, und der neuen romantiſchen Parthei in der Politik, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0162" n="148"/> der neuen romantiſchen Parthei in der Politik, und<lb/> letztere, die ſchwächſte, weil ſie die jüngſte und un¬<lb/> erfahrenſte iſt, unterlag. Die romantiſche Parthei<lb/> will individuelle Freiheit, die claſſiſche nur nationelle<lb/> haben. Wenn Sie von Carliſten leſen, glauben Sie<lb/> kein Wort davon. Natürlich haben dieſe den Zwie¬<lb/> ſpalt benutzt, aber angeſtiftet haben ſie ihn ſicher<lb/> nicht. Aber wie ſchade, daß ich dieſe ſchöne Oper<lb/> nicht mit angeſehen. Vierzigtauſend Mann Natio¬<lb/> nal-Garden, wie Rieſenbeſen die Straßen ſäubernd,<lb/> und ſo unverletzend wie dieſe; denn es iſt kein Trop¬<lb/> fen Blut vergoſſen worden. Dann Nachts bei<lb/> Wachtfeuer auf der Straße bivouacquirend; die to¬<lb/> bende Menge, der König ſelbſt patrouillirend, die<lb/> vereinigten Studenten, über fünftauſend, umher¬<lb/> ziehend und Ruhe und Ordnung <hi rendition="#g">ſchreiend</hi> —<lb/> welche Scenen! Das Einzige an der Sache iſt<lb/> romantiſch ſchön, daß die Miniſter nicht am Leben<lb/> beſtraft worden. Das wird freilich die Despoten in<lb/> Liſſabon, Mailand und Petersburg nicht abhalten,<lb/> ihre wehrloſen Gefangenen zu morden; aber das<lb/> wird doch der Welt zeigen, daß Völker edler ſind<lb/> als Fürſten. Geſtern Abend dachte ich noch nicht<lb/> daran, auszugehen, ich wollte es erſt heute; da ſah<lb/> ich zufällig durch die Spalte des Fenſterladens, und<lb/> bemerkte etwas ungewöhnlich Helles. Ich öffnete<lb/><choice><sic>deu</sic><corr>den</corr></choice> Laden und ſah zu meiner Ueberraſchung, daß<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [148/0162]
der neuen romantiſchen Parthei in der Politik, und
letztere, die ſchwächſte, weil ſie die jüngſte und un¬
erfahrenſte iſt, unterlag. Die romantiſche Parthei
will individuelle Freiheit, die claſſiſche nur nationelle
haben. Wenn Sie von Carliſten leſen, glauben Sie
kein Wort davon. Natürlich haben dieſe den Zwie¬
ſpalt benutzt, aber angeſtiftet haben ſie ihn ſicher
nicht. Aber wie ſchade, daß ich dieſe ſchöne Oper
nicht mit angeſehen. Vierzigtauſend Mann Natio¬
nal-Garden, wie Rieſenbeſen die Straßen ſäubernd,
und ſo unverletzend wie dieſe; denn es iſt kein Trop¬
fen Blut vergoſſen worden. Dann Nachts bei
Wachtfeuer auf der Straße bivouacquirend; die to¬
bende Menge, der König ſelbſt patrouillirend, die
vereinigten Studenten, über fünftauſend, umher¬
ziehend und Ruhe und Ordnung ſchreiend —
welche Scenen! Das Einzige an der Sache iſt
romantiſch ſchön, daß die Miniſter nicht am Leben
beſtraft worden. Das wird freilich die Despoten in
Liſſabon, Mailand und Petersburg nicht abhalten,
ihre wehrloſen Gefangenen zu morden; aber das
wird doch der Welt zeigen, daß Völker edler ſind
als Fürſten. Geſtern Abend dachte ich noch nicht
daran, auszugehen, ich wollte es erſt heute; da ſah
ich zufällig durch die Spalte des Fenſterladens, und
bemerkte etwas ungewöhnlich Helles. Ich öffnete
den Laden und ſah zu meiner Ueberraſchung, daß
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