nicht fest zählen; ein großer Theil derselben ist Rache¬ durstig gegen die Minister, und würde einem Volks¬ aufstande keinen ernstlichen Widerstand leisten. Dazu gesellen sich noch 1) überspannte Köpfe, die eine Republik haben wollen. 2) Mäßigere, die mit dem Gange der Regierung nicht zufrieden sind, und eine liberalere Kammer und ein liberaleres Ministerium wünschen. 3) Die Anhänger Karls X. 4) Endlich die Emigrirten aus allen Ländern, Italiener, Spa¬ nier, Polen, Belgier, die Frankreich in einen Krieg verwickeln wollen, damit es in ihrem eignen Lande auch endlich einmal zur Entscheidung komme. Diese Letztern sollen besonders großen Theil an der Auf¬ hetzung haben. Heute wird die Pairs-Kammer von drei und dreißig tausend Mann National-Garden und Linien-Truppen beschützt seyn. Wenn es nur zu keiner neuen Revolution kömmt, mir thäte das bitter leid; denn es könnte alles wieder darüber zu Grunde gehen. Sie werden die Vertheidigungs-Rede der Minister wohl im Constitutionnel lesen. Am besten nach meiner Ansicht hat Peyronnet gesprochen, der doch gewiß der Schuldigste ist. Aber er ist ein Mann von festem Willen, und darum hat er auch am meisten gerührt; er hat geweint und weinen ge¬ macht. Polignac zeigt sich als ein solcher Schwach¬ kopf und seelenloser Höfling, daß man ihn bemitleiden muß. Er verdient es gar nicht geköpft zu werden.
nicht feſt zählen; ein großer Theil derſelben iſt Rache¬ durſtig gegen die Miniſter, und würde einem Volks¬ aufſtande keinen ernſtlichen Widerſtand leiſten. Dazu geſellen ſich noch 1) überſpannte Köpfe, die eine Republik haben wollen. 2) Mäßigere, die mit dem Gange der Regierung nicht zufrieden ſind, und eine liberalere Kammer und ein liberaleres Miniſterium wünſchen. 3) Die Anhänger Karls X. 4) Endlich die Emigrirten aus allen Ländern, Italiener, Spa¬ nier, Polen, Belgier, die Frankreich in einen Krieg verwickeln wollen, damit es in ihrem eignen Lande auch endlich einmal zur Entſcheidung komme. Dieſe Letztern ſollen beſonders großen Theil an der Auf¬ hetzung haben. Heute wird die Pairs-Kammer von drei und dreißig tauſend Mann National-Garden und Linien-Truppen beſchützt ſeyn. Wenn es nur zu keiner neuen Revolution kömmt, mir thäte das bitter leid; denn es könnte alles wieder darüber zu Grunde gehen. Sie werden die Vertheidigungs-Rede der Miniſter wohl im Conſtitutionnel leſen. Am beſten nach meiner Anſicht hat Peyronnet geſprochen, der doch gewiß der Schuldigſte iſt. Aber er iſt ein Mann von feſtem Willen, und darum hat er auch am meiſten gerührt; er hat geweint und weinen ge¬ macht. Polignac zeigt ſich als ein ſolcher Schwach¬ kopf und ſeelenloſer Höfling, daß man ihn bemitleiden muß. Er verdient es gar nicht geköpft zu werden.
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nicht feſt zählen; ein großer Theil derſelben iſt Rache¬
durſtig gegen die Miniſter, und würde einem Volks¬
aufſtande keinen ernſtlichen Widerſtand leiſten. Dazu
geſellen ſich noch 1) überſpannte Köpfe, die eine
Republik haben wollen. 2) Mäßigere, die mit dem
Gange der Regierung nicht zufrieden ſind, und eine
liberalere Kammer und ein liberaleres Miniſterium
wünſchen. 3) Die Anhänger Karls X. 4) Endlich
die Emigrirten aus allen Ländern, Italiener, Spa¬
nier, Polen, Belgier, die Frankreich in einen Krieg
verwickeln wollen, damit es in ihrem eignen Lande
auch endlich einmal zur Entſcheidung komme. Dieſe
Letztern ſollen beſonders großen Theil an der Auf¬
hetzung haben. Heute wird die Pairs-Kammer von
drei und dreißig tauſend Mann National-Garden
und Linien-Truppen beſchützt ſeyn. Wenn es nur
zu keiner neuen Revolution kömmt, mir thäte das
bitter leid; denn es könnte alles wieder darüber zu
Grunde gehen. Sie werden die Vertheidigungs-Rede
der Miniſter wohl im Conſtitutionnel leſen. Am
beſten nach meiner Anſicht hat Peyronnet geſprochen,
der doch gewiß der Schuldigſte iſt. Aber er iſt ein
Mann von feſtem Willen, und darum hat er auch
am meiſten gerührt; er hat geweint und weinen ge¬
macht. Polignac zeigt ſich als ein ſolcher Schwach¬
kopf und ſeelenloſer Höfling, daß man ihn bemitleiden
muß. Er verdient es gar nicht geköpft zu werden.
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/156>, abgerufen am 27.07.2024.
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