Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.men und da hat man sich geeilt, ein liberales Mini¬ Gestern las ich die neueste Didascalia, und als men und da hat man ſich geeilt, ein liberales Mini¬ Geſtern las ich die neueſte Didascalia, und als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0146" n="132"/> men und da hat man ſich geeilt, ein liberales Mini¬<lb/> ſterium zu bilden. Herr v. Berſtett, Miniſter der<lb/> auswärtigen Angelegenheiten und Metternichs guter<lb/> Freund, iſt abgeſetzt, und noch ein anderer Miniſter.<lb/> Ich möchte jetzt in Karlsruhe ſeyn. Ich weiß gar<lb/> nicht, wohin ich mich wenden ſoll; gewiß gibt es<lb/> keinen Miniſter in Europa, der ſo beſchäftigt iſt,<lb/> wie ich, und gar kein Weg, etwas zu thun. Gäbe<lb/> es nur ein Mittel für den Geiſt, wie das Aderlaſſen<lb/> eines iſt für den Leib, ich würde es gern gebrauchen.<lb/> Ich bin ſo vollſeelig, daß mir das Herz pocht.<lb/> Doch iſt das ein angenehmes Gefühl. Und warum<lb/> ich ſo froh bewegt bin? Von meiner Geſinnung<lb/> brauche ich Ihnen nicht zu ſprechen, die kennen Sie.<lb/> Daß ich mich freue über den Sieg der guten Sache,<lb/> mich freue, daß der Menſch ſeinen Prozeß gewonnen<lb/> gegen die Hölle, das wiſſen Sie. Aber das iſt es<lb/> nicht allein, es iſt auch die Schadenfreude zu ſehen,<lb/> wie das armſelige Dutzend Menſchen in Europa,<lb/> das klüger zu ſeyn glaubt, als die ganze Welt,<lb/> mächtiger als Gott, gefährlicher als der Teufel —<lb/> wie es zu Schanden wird, und von uns, die ſie<lb/> wie Hunde behandelt, in die Waden gebiſſen und<lb/> aus Haus und Hof gejagt werden. Das elende Volk!<lb/></p> <p>Geſtern las ich die neueſte Didascalia, und als<lb/> ich darin immer noch die „<hi rendition="#g">Scenen aus den<lb/></hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0146]
men und da hat man ſich geeilt, ein liberales Mini¬
ſterium zu bilden. Herr v. Berſtett, Miniſter der
auswärtigen Angelegenheiten und Metternichs guter
Freund, iſt abgeſetzt, und noch ein anderer Miniſter.
Ich möchte jetzt in Karlsruhe ſeyn. Ich weiß gar
nicht, wohin ich mich wenden ſoll; gewiß gibt es
keinen Miniſter in Europa, der ſo beſchäftigt iſt,
wie ich, und gar kein Weg, etwas zu thun. Gäbe
es nur ein Mittel für den Geiſt, wie das Aderlaſſen
eines iſt für den Leib, ich würde es gern gebrauchen.
Ich bin ſo vollſeelig, daß mir das Herz pocht.
Doch iſt das ein angenehmes Gefühl. Und warum
ich ſo froh bewegt bin? Von meiner Geſinnung
brauche ich Ihnen nicht zu ſprechen, die kennen Sie.
Daß ich mich freue über den Sieg der guten Sache,
mich freue, daß der Menſch ſeinen Prozeß gewonnen
gegen die Hölle, das wiſſen Sie. Aber das iſt es
nicht allein, es iſt auch die Schadenfreude zu ſehen,
wie das armſelige Dutzend Menſchen in Europa,
das klüger zu ſeyn glaubt, als die ganze Welt,
mächtiger als Gott, gefährlicher als der Teufel —
wie es zu Schanden wird, und von uns, die ſie
wie Hunde behandelt, in die Waden gebiſſen und
aus Haus und Hof gejagt werden. Das elende Volk!
Geſtern las ich die neueſte Didascalia, und als
ich darin immer noch die „Scenen aus den
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