Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.heißen Kuß einer breiten stechenden Zunge. Er blickt heißen Kuß einer breiten ſtechenden Zunge. Er blickt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0133" n="119"/> heißen Kuß einer breiten ſtechenden Zunge. Er blickt<lb/> hin und gewahrte einen lieblichen großen Tiger.<lb/> Behutſam ziehet er die Hand zurück. Dann erhebt<lb/> ſich der freundliche Tiger ſtellt ſich auf die Hinter¬<lb/> füße und legt ſeine Vorderfüße auf *** Schultern.<lb/> „Fürchten Sie ſich nicht — ſagte die kranke Frau<lb/> — der Tiger iſt zahm.“ Die Kranke war die Frau<lb/> eines gewiſſen Martin, der hier eine Menagerie<lb/> zeigt, und durch die Kühnheit, mit welcher er mit<lb/> ſeinen Beſtien ſpielt, vieles Aufſehen macht. Ich<lb/> glaube, er war früher auch in Frankfurt. Der zahme<lb/> Tiger, den er in ſeinem Wohnzimmer frei herum¬<lb/> laufen läßt, gehörte früher dem Marine-Miniſter.<lb/> Ich, an <hi rendition="#aq">Dr</hi>. *** Stelle hätte große Angſt gehabt.<lb/> Er erzählte Folgendes: der verſtorbene B. in Rom<lb/> glaubte die Gabe zu beſitzen, jedes Menſchen künf¬<lb/> tiges Schickſal aus deſſen Geſichtszügen zu erkennen.<lb/> Dabei wurde er wie von einer dämoniſchen Gewalt<lb/> wider ſeinen Willen angetrieben, allen ſeinen Be¬<lb/> kannten ihr Schickſal vorher zu ſagen. <hi rendition="#aq">Dr</hi>. *** bat<lb/> ihn oft, ihn mit ſolchen Sachen zu verſchonen, er<lb/> wolle ſein Schickſal nicht wiſſen. B. aber konnte<lb/> ſich nicht bezwingen, und ſagte ihm endlich: <hi rendition="#g">er<lb/> ſolle ſich vor wilden Thieren hüten</hi>. Ich<lb/> habe Martins Menagerie noch nicht geſehen, habe<lb/> mir aber vorgenommen, nur in <hi rendition="#aq">Dr</hi>. *** Geſellſchaft<lb/> dahin zu gehen, damit wenn einer von uns ge¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0133]
heißen Kuß einer breiten ſtechenden Zunge. Er blickt
hin und gewahrte einen lieblichen großen Tiger.
Behutſam ziehet er die Hand zurück. Dann erhebt
ſich der freundliche Tiger ſtellt ſich auf die Hinter¬
füße und legt ſeine Vorderfüße auf *** Schultern.
„Fürchten Sie ſich nicht — ſagte die kranke Frau
— der Tiger iſt zahm.“ Die Kranke war die Frau
eines gewiſſen Martin, der hier eine Menagerie
zeigt, und durch die Kühnheit, mit welcher er mit
ſeinen Beſtien ſpielt, vieles Aufſehen macht. Ich
glaube, er war früher auch in Frankfurt. Der zahme
Tiger, den er in ſeinem Wohnzimmer frei herum¬
laufen läßt, gehörte früher dem Marine-Miniſter.
Ich, an Dr. *** Stelle hätte große Angſt gehabt.
Er erzählte Folgendes: der verſtorbene B. in Rom
glaubte die Gabe zu beſitzen, jedes Menſchen künf¬
tiges Schickſal aus deſſen Geſichtszügen zu erkennen.
Dabei wurde er wie von einer dämoniſchen Gewalt
wider ſeinen Willen angetrieben, allen ſeinen Be¬
kannten ihr Schickſal vorher zu ſagen. Dr. *** bat
ihn oft, ihn mit ſolchen Sachen zu verſchonen, er
wolle ſein Schickſal nicht wiſſen. B. aber konnte
ſich nicht bezwingen, und ſagte ihm endlich: er
ſolle ſich vor wilden Thieren hüten. Ich
habe Martins Menagerie noch nicht geſehen, habe
mir aber vorgenommen, nur in Dr. *** Geſellſchaft
dahin zu gehen, damit wenn einer von uns ge¬
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