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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.

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würde mit anhören müssen. Aber es ging alles gut.
Die Uebersetzung war ganz vortrefflich, ich hätte es
nicht für möglich gehalten. Es war freilich immer
nur durchgeschlagener Shakespeare, es blieb aber
noch genug zu leisten übrig. Auch las er meisterhaft
vor und -- applaudirt und bravo! wie auf dem
Theater. Und da kam ein Zufall dazu, der die
Sache noch theatralischer machte. In der Scene,
wo sich Makbeth an den Tisch setzen will, und vor
dem Geiste des ermordeten Königs, der seinen Stuhl
eingenommen, zurückschaudert, fing der Kamin zu
rauchen an, und bildete eine Wolke, die recht gut
einen Geist vorstellen konnte. Mir, der am Kamine
neben dem stehenden Dichter saß, gingen die Augen
über, aber der begeisterte Vorleser merkte nichts eher,
als bis sein grauer Staar reif geworden war und
er gar nichts mehr sehen konnte. Da mußte er sich
unterbrechen, und die Thüre öffnen lassen. Spaßhaft
war es mir, recht deutlich zu merken, daß alle die
Herren da, welche den Shakespeare nicht so aus¬
wendig wissen, als wir Deutschen, überrascht von
den Schönheiten des Drama's in begeisterndes Lob
ausbrachen, aber dieses Lob gar nicht dem Shakespeare,
sondern dem Uebersetzer zuwandten. Dreißig Schrift¬
steller in einem Zimmer, das findet man in Deutsch¬
land selten.

Mit den Lithographien von den französischen

würde mit anhören müſſen. Aber es ging alles gut.
Die Ueberſetzung war ganz vortrefflich, ich hätte es
nicht für möglich gehalten. Es war freilich immer
nur durchgeſchlagener Shakeſpeare, es blieb aber
noch genug zu leiſten übrig. Auch las er meiſterhaft
vor und — applaudirt und bravo! wie auf dem
Theater. Und da kam ein Zufall dazu, der die
Sache noch theatraliſcher machte. In der Scene,
wo ſich Makbeth an den Tiſch ſetzen will, und vor
dem Geiſte des ermordeten Königs, der ſeinen Stuhl
eingenommen, zurückſchaudert, fing der Kamin zu
rauchen an, und bildete eine Wolke, die recht gut
einen Geiſt vorſtellen konnte. Mir, der am Kamine
neben dem ſtehenden Dichter ſaß, gingen die Augen
über, aber der begeiſterte Vorleſer merkte nichts eher,
als bis ſein grauer Staar reif geworden war und
er gar nichts mehr ſehen konnte. Da mußte er ſich
unterbrechen, und die Thüre öffnen laſſen. Spaßhaft
war es mir, recht deutlich zu merken, daß alle die
Herren da, welche den Shakeſpeare nicht ſo aus¬
wendig wiſſen, als wir Deutſchen, überraſcht von
den Schönheiten des Drama's in begeiſterndes Lob
ausbrachen, aber dieſes Lob gar nicht dem Shakeſpeare,
ſondern dem Ueberſetzer zuwandten. Dreißig Schrift¬
ſteller in einem Zimmer, das findet man in Deutſch¬
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[114/0128] würde mit anhören müſſen. Aber es ging alles gut. Die Ueberſetzung war ganz vortrefflich, ich hätte es nicht für möglich gehalten. Es war freilich immer nur durchgeſchlagener Shakeſpeare, es blieb aber noch genug zu leiſten übrig. Auch las er meiſterhaft vor und — applaudirt und bravo! wie auf dem Theater. Und da kam ein Zufall dazu, der die Sache noch theatraliſcher machte. In der Scene, wo ſich Makbeth an den Tiſch ſetzen will, und vor dem Geiſte des ermordeten Königs, der ſeinen Stuhl eingenommen, zurückſchaudert, fing der Kamin zu rauchen an, und bildete eine Wolke, die recht gut einen Geiſt vorſtellen konnte. Mir, der am Kamine neben dem ſtehenden Dichter ſaß, gingen die Augen über, aber der begeiſterte Vorleſer merkte nichts eher, als bis ſein grauer Staar reif geworden war und er gar nichts mehr ſehen konnte. Da mußte er ſich unterbrechen, und die Thüre öffnen laſſen. Spaßhaft war es mir, recht deutlich zu merken, daß alle die Herren da, welche den Shakeſpeare nicht ſo aus¬ wendig wiſſen, als wir Deutſchen, überraſcht von den Schönheiten des Drama's in begeiſterndes Lob ausbrachen, aber dieſes Lob gar nicht dem Shakeſpeare, ſondern dem Ueberſetzer zuwandten. Dreißig Schrift¬ ſteller in einem Zimmer, das findet man in Deutſch¬ land ſelten. Mit den Lithographien von den franzöſiſchen

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/128>, abgerufen am 22.12.2024.