Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.Goethe sagt, wobei ich nur nicht begreife, was ihn "Was mich aber wundert, ist dies, daß Sie Wie wahr, wie wahr das Alles, und wie heil¬ Goethe ſagt, wobei ich nur nicht begreife, was ihn „Was mich aber wundert, iſt dies, daß Sie Wie wahr, wie wahr das Alles, und wie heil¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0120" n="106"/> Goethe ſagt, wobei ich nur nicht begreife, was ihn<lb/> auf den Gedanken gebracht haben mag, daß ich<lb/> hierin anderer Meinung ſei, als er ſelbſt. Ich er¬<lb/> innere mich zwar nicht, je meine Abneigung gegen<lb/> Goethe deutlich ausgeſprochen zu haben; aber ſie iſt<lb/> ſo alt und ſo ſtark, daß ſie in meinen Schriften doch<lb/> wohl einmal hervorgeſchienen haben muß.</p><lb/> <p>„Was mich aber wundert, iſt dies, daß Sie<lb/> „den wilden <hi rendition="#g">Goethe</hi> öfters anführen. Dieſer<lb/> „Menſch iſt ein Muſter von Schlechtigkeit; man<lb/> „kann in der Weltgeſchichte lange ſuchen, bis man<lb/> „einen ſeines Gleichen findet. Thöricht iſt es, daß<lb/> „man immer ſagt: Schiller und Goethe, wie Voltaire<lb/> „und Rouſſeau. Um ſo viel Rouſſeau mehr iſt als<lb/> „Schiller, um ſo viel iſt Goethe ſchlechter als Vol¬<lb/> „taire. Goethe war immer nur ein Despotendiener;<lb/> „ſeine Satyre trifft weislich nur die Kleinen; den<lb/> „Großen macht er den Hof. Dieſer Goethe iſt ein<lb/> „Krebsſchaden am deutſchen Körper, und das Aergſte<lb/> „iſt noch, daß Alles die Krankheit für die üppigſte<lb/> „Geſundheit hält und den Mephiſtopheles auf den<lb/> „Altar ſetzt und Dichterfürſten nennt. Ja Fürſten¬<lb/> „d. i., Despotendichter ſollte er eigentlich heißen.“</p><lb/> <p>Wie wahr, wie wahr das Alles, und wie heil¬<lb/> ſam wäre es, ſolche Geſinnung — nicht zu verbrei¬<lb/> ten, ſie iſt verbreitet genug — ſondern den Muth<lb/> zu verbreiten, ſie auszuſprechen. Goethe iſt der<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0120]
Goethe ſagt, wobei ich nur nicht begreife, was ihn
auf den Gedanken gebracht haben mag, daß ich
hierin anderer Meinung ſei, als er ſelbſt. Ich er¬
innere mich zwar nicht, je meine Abneigung gegen
Goethe deutlich ausgeſprochen zu haben; aber ſie iſt
ſo alt und ſo ſtark, daß ſie in meinen Schriften doch
wohl einmal hervorgeſchienen haben muß.
„Was mich aber wundert, iſt dies, daß Sie
„den wilden Goethe öfters anführen. Dieſer
„Menſch iſt ein Muſter von Schlechtigkeit; man
„kann in der Weltgeſchichte lange ſuchen, bis man
„einen ſeines Gleichen findet. Thöricht iſt es, daß
„man immer ſagt: Schiller und Goethe, wie Voltaire
„und Rouſſeau. Um ſo viel Rouſſeau mehr iſt als
„Schiller, um ſo viel iſt Goethe ſchlechter als Vol¬
„taire. Goethe war immer nur ein Despotendiener;
„ſeine Satyre trifft weislich nur die Kleinen; den
„Großen macht er den Hof. Dieſer Goethe iſt ein
„Krebsſchaden am deutſchen Körper, und das Aergſte
„iſt noch, daß Alles die Krankheit für die üppigſte
„Geſundheit hält und den Mephiſtopheles auf den
„Altar ſetzt und Dichterfürſten nennt. Ja Fürſten¬
„d. i., Despotendichter ſollte er eigentlich heißen.“
Wie wahr, wie wahr das Alles, und wie heil¬
ſam wäre es, ſolche Geſinnung — nicht zu verbrei¬
ten, ſie iſt verbreitet genug — ſondern den Muth
zu verbreiten, ſie auszuſprechen. Goethe iſt der
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