meidende, doch keineswegs nothwendige Folge des Kampfes. Werden aber Vorrechte an den Besitz gebunden, wird das französische Volk, dessen höchste Leidenschaft die Gleichheit ist, früher oder später das zu erschüttern suchen, worauf die neue Aristokratie gegründet worden -- den Besitz und dieses wird zur Gütervertheilung, zur Plünderung und zu Gräu¬ eln führen, gegen welche die der frühern Revolution nur Scherz und Spiel werden gewesen seyn. Was mich aber an diesen Journal-Kautionen am meisten betrübt, sind die üblen Folgen, welche sie, wie ich sicher erwarte, für Deutschland haben werden. Unsere Regierungen werden gewiß, wenn sie den Forderun¬ gen der Preßfreiheit nicht länger ausweichen können, jene französische Erfindung der Kautionen benutzen, und dann ist Preßfreiheit nur ein trügerisches Wort. Wir haben keine reichen Schriftsteller, wie es deren so viele in Frankreich gibt; sie sind alle arm oder dem Staate dienstbar. Keiner wird daher im Stande seyn, die Kaution aus seinem eigenen Vermögen zu leisten, und man wird, um ein Journal zu gründen, sich in den Sold eines Buchhändlers geben müssen, der nur auf seinen merkantilischen Vortheil sieht und daher leicht durch Hoffnung des Gewinns bestochen, oder durch Furcht vor Verlust eingeschüchtert wer¬ den kann.
meidende, doch keineswegs nothwendige Folge des Kampfes. Werden aber Vorrechte an den Beſitz gebunden, wird das franzöſiſche Volk, deſſen höchſte Leidenſchaft die Gleichheit iſt, früher oder ſpäter das zu erſchüttern ſuchen, worauf die neue Ariſtokratie gegründet worden — den Beſitz und dieſes wird zur Gütervertheilung, zur Plünderung und zu Gräu¬ eln führen, gegen welche die der frühern Revolution nur Scherz und Spiel werden geweſen ſeyn. Was mich aber an dieſen Journal-Kautionen am meiſten betrübt, ſind die üblen Folgen, welche ſie, wie ich ſicher erwarte, für Deutſchland haben werden. Unſere Regierungen werden gewiß, wenn ſie den Forderun¬ gen der Preßfreiheit nicht länger ausweichen können, jene franzöſiſche Erfindung der Kautionen benutzen, und dann iſt Preßfreiheit nur ein trügeriſches Wort. Wir haben keine reichen Schriftſteller, wie es deren ſo viele in Frankreich gibt; ſie ſind alle arm oder dem Staate dienſtbar. Keiner wird daher im Stande ſeyn, die Kaution aus ſeinem eigenen Vermögen zu leiſten, und man wird, um ein Journal zu gründen, ſich in den Sold eines Buchhändlers geben müſſen, der nur auf ſeinen merkantiliſchen Vortheil ſieht und daher leicht durch Hoffnung des Gewinns beſtochen, oder durch Furcht vor Verluſt eingeſchüchtert wer¬ den kann.
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meidende, doch keineswegs nothwendige Folge des
Kampfes. Werden aber Vorrechte an den Beſitz
gebunden, wird das franzöſiſche Volk, deſſen höchſte
Leidenſchaft die Gleichheit iſt, früher oder ſpäter das
zu erſchüttern ſuchen, worauf die neue Ariſtokratie
gegründet worden — den Beſitz und dieſes wird
zur Gütervertheilung, zur Plünderung und zu Gräu¬
eln führen, gegen welche die der frühern Revolution
nur Scherz und Spiel werden geweſen ſeyn. Was
mich aber an dieſen Journal-Kautionen am meiſten
betrübt, ſind die üblen Folgen, welche ſie, wie ich
ſicher erwarte, für Deutſchland haben werden. Unſere
Regierungen werden gewiß, wenn ſie den Forderun¬
gen der Preßfreiheit nicht länger ausweichen können,
jene franzöſiſche Erfindung der Kautionen benutzen, und
dann iſt Preßfreiheit nur ein trügeriſches Wort. Wir
haben keine reichen Schriftſteller, wie es deren ſo
viele in Frankreich gibt; ſie ſind alle arm oder dem
Staate dienſtbar. Keiner wird daher im Stande
ſeyn, die Kaution aus ſeinem eigenen Vermögen zu
leiſten, und man wird, um ein Journal zu gründen,
ſich in den Sold eines Buchhändlers geben müſſen,
der nur auf ſeinen merkantiliſchen Vortheil ſieht und
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/116>, abgerufen am 28.07.2024.
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