Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.man sich nicht den Kopf an die Wand stoßen, daß man ſich nicht den Kopf an die Wand ſtoßen, daß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0102" n="88"/> man ſich nicht den Kopf an die Wand ſtoßen, daß<lb/> man ein Deutſcher iſt, der aus ſeiner Armuth und<lb/> Niedrigkeit gar nicht heraus kommen kann? In<lb/> Deutſchland geſchieht wohl manches für Kunſt und<lb/> Wiſſenſchaft, aber für Künſtler und Schriftſteller gar<lb/> nichts. Hier vertheilt die Regierung jährliche Preiſe<lb/> für die beſten Werke der Malerei, der Bildhauer¬<lb/> kunſt, Lithographie, Muſik und ſo für Alle. Der<lb/><hi rendition="#g">erſte</hi> Preis beſteht darin, daß der Gewinnende auf<lb/><hi rendition="#g">fünf</hi> Jahre lang, jährlich 3000 Franken erhält,<lb/> und dafür muß er dieſe Zeit in Rom zu ſeiner<lb/> Ausbildung zubringen. Einem Deutſchen würde dieſes<lb/><hi rendition="#g">Müſſen</hi> in Rom leben komiſch klingen, denn er iſt<lb/> lieber in Rom als in Berlin, Carlsruhe. Aber<lb/> Franzoſen erſcheint dieſes oft als Zwang, denn ſie<lb/> verlaſſen Paris nicht gern. So hat die vorige Woche<lb/> ein junger Menſch, Namens Berlioz, den erſten<lb/> Preis der muſikaliſchen Compoſition erhalten. Ich<lb/> kenne ihn, er gefällt mir, er ſiehet aus wie ein<lb/> Genie. Geſchiehet je ſo etwas bei uns? Denken<lb/> Sie an Beethoven. O! ich habe eine Wuth!<lb/> Schicken Sie mir doch einmal eine Schachtel voll<lb/> deutſcher Erde, daß ich ſie hinunterſchlucke. Das iſt<lb/> ohne dies gut gegen Magenſäure, und ſo kann ich<lb/> das verfluchte Land doch wenigſtens ſymboliſch ver¬<lb/> nichten und verſchlingen. Neukamp, ein deutſcher<lb/> Componiſt (ich glaube er macht Kirchenmuſik) lebt in<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [88/0102]
man ſich nicht den Kopf an die Wand ſtoßen, daß
man ein Deutſcher iſt, der aus ſeiner Armuth und
Niedrigkeit gar nicht heraus kommen kann? In
Deutſchland geſchieht wohl manches für Kunſt und
Wiſſenſchaft, aber für Künſtler und Schriftſteller gar
nichts. Hier vertheilt die Regierung jährliche Preiſe
für die beſten Werke der Malerei, der Bildhauer¬
kunſt, Lithographie, Muſik und ſo für Alle. Der
erſte Preis beſteht darin, daß der Gewinnende auf
fünf Jahre lang, jährlich 3000 Franken erhält,
und dafür muß er dieſe Zeit in Rom zu ſeiner
Ausbildung zubringen. Einem Deutſchen würde dieſes
Müſſen in Rom leben komiſch klingen, denn er iſt
lieber in Rom als in Berlin, Carlsruhe. Aber
Franzoſen erſcheint dieſes oft als Zwang, denn ſie
verlaſſen Paris nicht gern. So hat die vorige Woche
ein junger Menſch, Namens Berlioz, den erſten
Preis der muſikaliſchen Compoſition erhalten. Ich
kenne ihn, er gefällt mir, er ſiehet aus wie ein
Genie. Geſchiehet je ſo etwas bei uns? Denken
Sie an Beethoven. O! ich habe eine Wuth!
Schicken Sie mir doch einmal eine Schachtel voll
deutſcher Erde, daß ich ſie hinunterſchlucke. Das iſt
ohne dies gut gegen Magenſäure, und ſo kann ich
das verfluchte Land doch wenigſtens ſymboliſch ver¬
nichten und verſchlingen. Neukamp, ein deutſcher
Componiſt (ich glaube er macht Kirchenmuſik) lebt in
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