Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.Staatsrath, der Andere Minister! Was man hier Freitag, den 5. November. Mittwoch Abend war ich bei Gerard, dem be¬ Staatsrath, der Andere Miniſter! Was man hier Freitag, den 5. November. Mittwoch Abend war ich bei Gerard, dem be¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0100" n="86"/> Staatsrath, der Andere Miniſter! Was man hier<lb/> ſein Glück macht! Möchte man nicht vor Aerger ein<lb/> geheimer Hofrath werden! Es iſt gerade ſo als wäre<lb/> der Heine Miniſter geworden oder der Menzel oder<lb/> ich. Und was ſind wir?</p><lb/> </div> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">Freitag, den 5. November.</hi> </dateline><lb/> <p>Mittwoch Abend war ich bei Gerard, dem be¬<lb/> rühmten Maler, deſſen Salon ſchon ſeit dreißig<lb/> Jahren beſtehet und wo ſich die ausgezeichnetſten<lb/> Perſonen verſammeln. Es iſt eine eigentliche <hi rendition="#g">Nacht¬<lb/> geſellſchaft</hi>; denn ſie fängt erſt um zehn Uhr an,<lb/> und man darf noch nach Mitternacht dahin kommen.<lb/> Gerard iſt ein ſehr artiger und feiner Mann; aber er<lb/> hat viel Ariſtokratiſches. (Ich mußte darüber lachen,<lb/> daß ich unwillkührlich <hi rendition="#g">aber</hi> ſchrieb.) Er ſieht mir<lb/> nicht aus, als hätte er je das Mindeſte von unſerm<lb/> deutſchen Kunſt-Katzenjammer gefühlt. Ich möchte<lb/> ihm einmal die <hi rendition="#g">Phantaſieen eines Kunſtlie¬<lb/> benden Kloſterbruders</hi> oder ſo ein anderes<lb/> ſchluchzendes Buch zum Leſen geben — was er<lb/> wohl dazu ſagte! Ich fand dort die Dichterin Del¬<lb/> phine Gay; den dramatiſchen Dichter Ancelot; Hum¬<lb/> boldt; Mayer-Beer; den Bildhauer David, der im<lb/> vorigen Sommer in Weimar war, um Goethes Büſte<lb/> aufzunehmen; unſern Landsmann, den jungen Hiller,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0100]
Staatsrath, der Andere Miniſter! Was man hier
ſein Glück macht! Möchte man nicht vor Aerger ein
geheimer Hofrath werden! Es iſt gerade ſo als wäre
der Heine Miniſter geworden oder der Menzel oder
ich. Und was ſind wir?
Freitag, den 5. November.
Mittwoch Abend war ich bei Gerard, dem be¬
rühmten Maler, deſſen Salon ſchon ſeit dreißig
Jahren beſtehet und wo ſich die ausgezeichnetſten
Perſonen verſammeln. Es iſt eine eigentliche Nacht¬
geſellſchaft; denn ſie fängt erſt um zehn Uhr an,
und man darf noch nach Mitternacht dahin kommen.
Gerard iſt ein ſehr artiger und feiner Mann; aber er
hat viel Ariſtokratiſches. (Ich mußte darüber lachen,
daß ich unwillkührlich aber ſchrieb.) Er ſieht mir
nicht aus, als hätte er je das Mindeſte von unſerm
deutſchen Kunſt-Katzenjammer gefühlt. Ich möchte
ihm einmal die Phantaſieen eines Kunſtlie¬
benden Kloſterbruders oder ſo ein anderes
ſchluchzendes Buch zum Leſen geben — was er
wohl dazu ſagte! Ich fand dort die Dichterin Del¬
phine Gay; den dramatiſchen Dichter Ancelot; Hum¬
boldt; Mayer-Beer; den Bildhauer David, der im
vorigen Sommer in Weimar war, um Goethes Büſte
aufzunehmen; unſern Landsmann, den jungen Hiller,
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