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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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Beim eigentlichen Kopfhaar aber scheinen mir beide Mo¬
tive ineinander gearbeitet zu haben: das Nützliche und das
Erotische. Das Auftreten schon beim Kinde spricht dafür,
daß dieses Haar nie in Frage gekommen ist und daß bloß
erotische Gründe es entschieden nicht gehalten haben können.
Der Kopf des Menschen nimmt eben eine ganz besondere
Stellung ein. Einerseits erträgt er, wenn der übrige Körper
warm ist, ein starkes Stück Kälte ohne Beschwer. Wichtig
umgekehrt scheint es, daß er nicht zu sehr durch Auflagen be¬
lastet und in seiner Ausdünstung behemmt wird. Das konnte
zusammen wohl Nützlichkeitsgründe abgeben, daß hier das Haar
erhalten blieb. Ich kann mir den Körper schon fest beim Ur¬
menschen in Felle verpackt denken und den Kopf doch noch
bloß durch seine natürlichen Haare, vielleicht unter einer leichten
Kappe, geschützt. Aber ebenso gewiß hat das Erotische auch
hineingespielt. Dafür zeugt in erster Linie die Länge des
Frauenhaars, die sicherlich durch Liebeswahl herangezüchtet ist.
Noch heute ist das gesunde, nicht mit Parfum narkotisierte
Frauenhaar der Quell höchst eigenartiger Duftwirkungen, deren
genauere Beschreibung nur deshalb vorläufig verzweifelt schwer,
ja fast unmöglich ist, weil uns für die Bezeichnung von Duft-
Nüancen geradezu die gröbste Terminologie in unseren Kultur¬
sprachen fehlt. Jedenfalls hat das Kopfhaar zum mindesten
der Frau in Zeiten, da erotische Düfte überhaupt eine Rolle
spielten, auch nach hier herüber seine starke Bedeutung gehabt.
Und so hat hier also wahrscheinlich ein ganzer Rattenkönig
verschiedenster Ursachen zusammengewirkt in der Erhaltung.

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Beim eigentlichen Kopfhaar aber ſcheinen mir beide Mo¬
tive ineinander gearbeitet zu haben: das Nützliche und das
Erotiſche. Das Auftreten ſchon beim Kinde ſpricht dafür,
daß dieſes Haar nie in Frage gekommen iſt und daß bloß
erotiſche Gründe es entſchieden nicht gehalten haben können.
Der Kopf des Menſchen nimmt eben eine ganz beſondere
Stellung ein. Einerſeits erträgt er, wenn der übrige Körper
warm iſt, ein ſtarkes Stück Kälte ohne Beſchwer. Wichtig
umgekehrt ſcheint es, daß er nicht zu ſehr durch Auflagen be¬
laſtet und in ſeiner Ausdünſtung behemmt wird. Das konnte
zuſammen wohl Nützlichkeitsgründe abgeben, daß hier das Haar
erhalten blieb. Ich kann mir den Körper ſchon feſt beim Ur¬
menſchen in Felle verpackt denken und den Kopf doch noch
bloß durch ſeine natürlichen Haare, vielleicht unter einer leichten
Kappe, geſchützt. Aber ebenſo gewiß hat das Erotiſche auch
hineingeſpielt. Dafür zeugt in erſter Linie die Länge des
Frauenhaars, die ſicherlich durch Liebeswahl herangezüchtet iſt.
Noch heute iſt das geſunde, nicht mit Parfum narkotiſierte
Frauenhaar der Quell höchſt eigenartiger Duftwirkungen, deren
genauere Beſchreibung nur deshalb vorläufig verzweifelt ſchwer,
ja faſt unmöglich iſt, weil uns für die Bezeichnung von Duft-
Nüancen geradezu die gröbſte Terminologie in unſeren Kultur¬
ſprachen fehlt. Jedenfalls hat das Kopfhaar zum mindeſten
der Frau in Zeiten, da erotiſche Düfte überhaupt eine Rolle
ſpielten, auch nach hier herüber ſeine ſtarke Bedeutung gehabt.
Und ſo hat hier alſo wahrſcheinlich ein ganzer Rattenkönig
verſchiedenſter Urſachen zuſammengewirkt in der Erhaltung.

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[76/0090] Beim eigentlichen Kopfhaar aber ſcheinen mir beide Mo¬ tive ineinander gearbeitet zu haben: das Nützliche und das Erotiſche. Das Auftreten ſchon beim Kinde ſpricht dafür, daß dieſes Haar nie in Frage gekommen iſt und daß bloß erotiſche Gründe es entſchieden nicht gehalten haben können. Der Kopf des Menſchen nimmt eben eine ganz beſondere Stellung ein. Einerſeits erträgt er, wenn der übrige Körper warm iſt, ein ſtarkes Stück Kälte ohne Beſchwer. Wichtig umgekehrt ſcheint es, daß er nicht zu ſehr durch Auflagen be¬ laſtet und in ſeiner Ausdünſtung behemmt wird. Das konnte zuſammen wohl Nützlichkeitsgründe abgeben, daß hier das Haar erhalten blieb. Ich kann mir den Körper ſchon feſt beim Ur¬ menſchen in Felle verpackt denken und den Kopf doch noch bloß durch ſeine natürlichen Haare, vielleicht unter einer leichten Kappe, geſchützt. Aber ebenſo gewiß hat das Erotiſche auch hineingeſpielt. Dafür zeugt in erſter Linie die Länge des Frauenhaars, die ſicherlich durch Liebeswahl herangezüchtet iſt. Noch heute iſt das geſunde, nicht mit Parfum narkotiſierte Frauenhaar der Quell höchſt eigenartiger Duftwirkungen, deren genauere Beſchreibung nur deshalb vorläufig verzweifelt ſchwer, ja faſt unmöglich iſt, weil uns für die Bezeichnung von Duft- Nüancen geradezu die gröbſte Terminologie in unſeren Kultur¬ ſprachen fehlt. Jedenfalls hat das Kopfhaar zum mindeſten der Frau in Zeiten, da erotiſche Düfte überhaupt eine Rolle ſpielten, auch nach hier herüber ſeine ſtarke Bedeutung gehabt. Und ſo hat hier alſo wahrſcheinlich ein ganzer Rattenkönig verſchiedenſter Urſachen zuſammengewirkt in der Erhaltung. [Abbildung]

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/90>, abgerufen am 24.11.2024.