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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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teidigung in die Hand nehmen -- und morgen, wenn alles
ruhig ist, kann ich sie in die Ecke stellen. Genau so ging der
Pelz am Leibe, der angewachsene, ewig mit: der übergestülpte
Bärenpelz dagegen konnte ebenso bequem wieder abgestülpt und
an den Nagel gehängt werden, wo er nicht nötig war. Und
solchen Ort gab's.

Neben den Nähnadeln und Stricknadeln liegen im prä¬
historischen Müllhaufen die angebrannten Knochen und Kohlen.
Die Herdflamme war das zweite große Werkzeug, das neben
dem Bärenpelz die Eiszeit überstehen ließ. Der Bärenpelz
diente im Freien als schlechter Wärmeleiter, der die Körper¬
wärme zusammenhielt. Die Herdflamme aber war das "erste
Haustier", sie wärmte in der Höhle. Wenn die Menschen
in ihrer Höhle im Kalksteinfels saßen, dann hatten sie alle
miteinander, die ganze Familie, eine Sorte Kleid um sich, die
war noch ganz anders warm als der Bärenpelz oder das an¬
gewachsene Hautfell des Einzelnen. Den schlechten Wärmeleiter,
der die Körperwärme schützte, bildete hier gewissermaßen die
Wölbung der ganzen Höhle. Zwischen dieser Wölbung und
den einzelnen Menschenkörpern aber lag noch eine besondere
positive Wärmequelle, die den Luftzwischenraum von sich aus
heizte: eben die Herdflamme. Um die innere Leibeswärme
zu retten, war den Körpern hier in der Höhle also der Bären¬
pelz total überflüssig, -- im Moment, da sie in die geheizte
Höhle krochen wie in einen höheren Sozial-Pelz, mußten sie
den Bärenpelz abstreifen und an den Nagel hängen. Will¬
kommen war das ohnehin genug schon aus Ausdünstungsgründen
und vor allem auch aus Entlastungsgründen: es war ja, als
fiele den Kerlen ein Klotz von der Schulter, den sie lange
genug mit ihren zwei Beinen (sie hatten nicht mehr vier zur
Entlastung wie der Meister Petz selber!) hatten zwangsweise
draußen schleppen müssen.

Wenn heute der Eskimo, dieser letzte "Eiszeit-Mensch"
unserer Tage, über seine Schneefelder zieht, so steckt er im

teidigung in die Hand nehmen — und morgen, wenn alles
ruhig iſt, kann ich ſie in die Ecke ſtellen. Genau ſo ging der
Pelz am Leibe, der angewachſene, ewig mit: der übergeſtülpte
Bärenpelz dagegen konnte ebenſo bequem wieder abgeſtülpt und
an den Nagel gehängt werden, wo er nicht nötig war. Und
ſolchen Ort gab's.

Neben den Nähnadeln und Stricknadeln liegen im prä¬
hiſtoriſchen Müllhaufen die angebrannten Knochen und Kohlen.
Die Herdflamme war das zweite große Werkzeug, das neben
dem Bärenpelz die Eiszeit überſtehen ließ. Der Bärenpelz
diente im Freien als ſchlechter Wärmeleiter, der die Körper¬
wärme zuſammenhielt. Die Herdflamme aber war das „erſte
Haustier“, ſie wärmte in der Höhle. Wenn die Menſchen
in ihrer Höhle im Kalkſteinfels ſaßen, dann hatten ſie alle
miteinander, die ganze Familie, eine Sorte Kleid um ſich, die
war noch ganz anders warm als der Bärenpelz oder das an¬
gewachſene Hautfell des Einzelnen. Den ſchlechten Wärmeleiter,
der die Körperwärme ſchützte, bildete hier gewiſſermaßen die
Wölbung der ganzen Höhle. Zwiſchen dieſer Wölbung und
den einzelnen Menſchenkörpern aber lag noch eine beſondere
poſitive Wärmequelle, die den Luftzwiſchenraum von ſich aus
heizte: eben die Herdflamme. Um die innere Leibeswärme
zu retten, war den Körpern hier in der Höhle alſo der Bären¬
pelz total überflüſſig, — im Moment, da ſie in die geheizte
Höhle krochen wie in einen höheren Sozial-Pelz, mußten ſie
den Bärenpelz abſtreifen und an den Nagel hängen. Will¬
kommen war das ohnehin genug ſchon aus Ausdünſtungsgründen
und vor allem auch aus Entlaſtungsgründen: es war ja, als
fiele den Kerlen ein Klotz von der Schulter, den ſie lange
genug mit ihren zwei Beinen (ſie hatten nicht mehr vier zur
Entlaſtung wie der Meiſter Petz ſelber!) hatten zwangsweiſe
draußen ſchleppen müſſen.

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[56/0070] teidigung in die Hand nehmen — und morgen, wenn alles ruhig iſt, kann ich ſie in die Ecke ſtellen. Genau ſo ging der Pelz am Leibe, der angewachſene, ewig mit: der übergeſtülpte Bärenpelz dagegen konnte ebenſo bequem wieder abgeſtülpt und an den Nagel gehängt werden, wo er nicht nötig war. Und ſolchen Ort gab's. Neben den Nähnadeln und Stricknadeln liegen im prä¬ hiſtoriſchen Müllhaufen die angebrannten Knochen und Kohlen. Die Herdflamme war das zweite große Werkzeug, das neben dem Bärenpelz die Eiszeit überſtehen ließ. Der Bärenpelz diente im Freien als ſchlechter Wärmeleiter, der die Körper¬ wärme zuſammenhielt. Die Herdflamme aber war das „erſte Haustier“, ſie wärmte in der Höhle. Wenn die Menſchen in ihrer Höhle im Kalkſteinfels ſaßen, dann hatten ſie alle miteinander, die ganze Familie, eine Sorte Kleid um ſich, die war noch ganz anders warm als der Bärenpelz oder das an¬ gewachſene Hautfell des Einzelnen. Den ſchlechten Wärmeleiter, der die Körperwärme ſchützte, bildete hier gewiſſermaßen die Wölbung der ganzen Höhle. Zwiſchen dieſer Wölbung und den einzelnen Menſchenkörpern aber lag noch eine beſondere poſitive Wärmequelle, die den Luftzwiſchenraum von ſich aus heizte: eben die Herdflamme. Um die innere Leibeswärme zu retten, war den Körpern hier in der Höhle alſo der Bären¬ pelz total überflüſſig, — im Moment, da ſie in die geheizte Höhle krochen wie in einen höheren Sozial-Pelz, mußten ſie den Bärenpelz abſtreifen und an den Nagel hängen. Will¬ kommen war das ohnehin genug ſchon aus Ausdünſtungsgründen und vor allem auch aus Entlaſtungsgründen: es war ja, als fiele den Kerlen ein Klotz von der Schulter, den ſie lange genug mit ihren zwei Beinen (ſie hatten nicht mehr vier zur Entlaſtung wie der Meiſter Petz ſelber!) hatten zwangsweiſe draußen ſchleppen müſſen. Wenn heute der Eskimo, dieſer letzte „Eiszeit-Menſch“ unſerer Tage, über ſeine Schneefelder zieht, ſo ſteckt er im

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/70>, abgerufen am 24.11.2024.