Zweifel. Magst du dich noch so sehr entsetzen über diesen Farbenrausch genau des Südpols und über die unheimliche Manier des Mandrills, gerade mit dieser Südseite zu re¬ nommieren: das Rot und Blau bleiben als solche auf jeden Fall "schön". Es ist bezeichnend, wie ein so farbenfrohes Volk wie die Japaner das intensive Rot eines solchen Affen¬ gesichtes gleichsam als Ornament in ihre Kunst aufgenommen haben. Sie besitzen im Lande einen Makakaffen, der ein blut¬ rotes Antlitz hat wie ein alter Stammtischler, -- es ist übrigens gleichzeitig fast der einzige Affe, der Schneewinter im Gebirge mühelos übersteht. Eben mit dieser Rose ist er aber der Lieblingsaffe ungezählter ihrer Bilder geworden von alters her.
Das Interessanteste nun ist dabei, daß diese opulente Farbenentfaltung bei solchem Waldschratt aus dem Vierhänder¬ gebiet sich nur erzielen ließ auf nacktem, auf haarlosem Boden.
Das Säugerhaar und die Vogelfeder haben da eine tief¬ greifende Verschiedenheit. Die Feder, aus der Eidechsenschuppe unmittelbar herausentwickelt, hat auch die ganze Kraft dieser Schuppe im Erzeugen von Prachtfarben sich gewahrt. Der bunteste Eidechs kommt kaum gegen den Papagei auf. Das Haar aber bedeutete in der reinen Farbwirkung zunächst einen Rückschritt, eine Art Trübung. Gewiß: Farben hat der Pelz ja auch entwickelt und auch Gegensätze, Muster, Rhythmik. Sieh dir die Giraffe an oder den Tiger. Bei den Affen giebt's eine ganze Skala: vom Olivengrün des Meerkatzen¬ rückens bis zu dem leuchtenden Schwarzweiß des prachtvollen Guereza, der auf seinen tannenhohen abessinischen Wachholdern turnt und sein Haar in wahren Roßschweifen von sich abwehen läßt wie ein lebendiger Schellenbaum. Aber es hilft nichts: in allem Pelz ist doch auch etwas wie eine Abdämpfung, es ist etwas Schmutziges, Dickliches, Abtönendes wie mit hinein¬ verwebt. Halte ein rotes Pelztier, wie unser Eichkätzchen, neben die Nase des Mandrill, und du hast den ganzen Gegensatz.
Zweifel. Magſt du dich noch ſo ſehr entſetzen über dieſen Farbenrauſch genau des Südpols und über die unheimliche Manier des Mandrills, gerade mit dieſer Südſeite zu re¬ nommieren: das Rot und Blau bleiben als ſolche auf jeden Fall „ſchön“. Es iſt bezeichnend, wie ein ſo farbenfrohes Volk wie die Japaner das intenſive Rot eines ſolchen Affen¬ geſichtes gleichſam als Ornament in ihre Kunſt aufgenommen haben. Sie beſitzen im Lande einen Makakaffen, der ein blut¬ rotes Antlitz hat wie ein alter Stammtiſchler, — es iſt übrigens gleichzeitig faſt der einzige Affe, der Schneewinter im Gebirge mühelos überſteht. Eben mit dieſer Roſe iſt er aber der Lieblingsaffe ungezählter ihrer Bilder geworden von alters her.
Das Intereſſanteſte nun iſt dabei, daß dieſe opulente Farbenentfaltung bei ſolchem Waldſchratt aus dem Vierhänder¬ gebiet ſich nur erzielen ließ auf nacktem, auf haarloſem Boden.
Das Säugerhaar und die Vogelfeder haben da eine tief¬ greifende Verſchiedenheit. Die Feder, aus der Eidechſenſchuppe unmittelbar herausentwickelt, hat auch die ganze Kraft dieſer Schuppe im Erzeugen von Prachtfarben ſich gewahrt. Der bunteſte Eidechs kommt kaum gegen den Papagei auf. Das Haar aber bedeutete in der reinen Farbwirkung zunächſt einen Rückſchritt, eine Art Trübung. Gewiß: Farben hat der Pelz ja auch entwickelt und auch Gegenſätze, Muſter, Rhythmik. Sieh dir die Giraffe an oder den Tiger. Bei den Affen giebt's eine ganze Skala: vom Olivengrün des Meerkatzen¬ rückens bis zu dem leuchtenden Schwarzweiß des prachtvollen Guereza, der auf ſeinen tannenhohen abeſſiniſchen Wachholdern turnt und ſein Haar in wahren Roßſchweifen von ſich abwehen läßt wie ein lebendiger Schellenbaum. Aber es hilft nichts: in allem Pelz iſt doch auch etwas wie eine Abdämpfung, es iſt etwas Schmutziges, Dickliches, Abtönendes wie mit hinein¬ verwebt. Halte ein rotes Pelztier, wie unſer Eichkätzchen, neben die Naſe des Mandrill, und du haſt den ganzen Gegenſatz.
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Zweifel. Magſt du dich noch ſo ſehr entſetzen über dieſen
Farbenrauſch genau des Südpols und über die unheimliche
Manier des Mandrills, gerade mit dieſer Südſeite zu re¬
nommieren: das Rot und Blau bleiben als ſolche auf jeden
Fall „ſchön“. Es iſt bezeichnend, wie ein ſo farbenfrohes
Volk wie die Japaner das intenſive Rot eines ſolchen Affen¬
geſichtes gleichſam als Ornament in ihre Kunſt aufgenommen
haben. Sie beſitzen im Lande einen Makakaffen, der ein blut¬
rotes Antlitz hat wie ein alter Stammtiſchler, — es iſt
übrigens gleichzeitig faſt der einzige Affe, der Schneewinter
im Gebirge mühelos überſteht. Eben mit dieſer Roſe iſt er
aber der Lieblingsaffe ungezählter ihrer Bilder geworden von
alters her.
Das Intereſſanteſte nun iſt dabei, daß dieſe opulente
Farbenentfaltung bei ſolchem Waldſchratt aus dem Vierhänder¬
gebiet ſich nur erzielen ließ auf nacktem, auf haarloſem Boden.
Das Säugerhaar und die Vogelfeder haben da eine tief¬
greifende Verſchiedenheit. Die Feder, aus der Eidechſenſchuppe
unmittelbar herausentwickelt, hat auch die ganze Kraft dieſer
Schuppe im Erzeugen von Prachtfarben ſich gewahrt. Der
bunteſte Eidechs kommt kaum gegen den Papagei auf. Das
Haar aber bedeutete in der reinen Farbwirkung zunächſt einen
Rückſchritt, eine Art Trübung. Gewiß: Farben hat der Pelz
ja auch entwickelt und auch Gegenſätze, Muſter, Rhythmik.
Sieh dir die Giraffe an oder den Tiger. Bei den Affen
giebt's eine ganze Skala: vom Olivengrün des Meerkatzen¬
rückens bis zu dem leuchtenden Schwarzweiß des prachtvollen
Guereza, der auf ſeinen tannenhohen abeſſiniſchen Wachholdern
turnt und ſein Haar in wahren Roßſchweifen von ſich abwehen
läßt wie ein lebendiger Schellenbaum. Aber es hilft nichts:
in allem Pelz iſt doch auch etwas wie eine Abdämpfung, es
iſt etwas Schmutziges, Dickliches, Abtönendes wie mit hinein¬
verwebt. Halte ein rotes Pelztier, wie unſer Eichkätzchen, neben
die Naſe des Mandrill, und du haſt den ganzen Gegenſatz.
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/43>, abgerufen am 21.11.2024.
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