strich wird um die Mutter gezogen und an die Thür wird geschrieben: "Gott lasse das Weib einen Sohn gebären und diesem ein Weib werden, das der Eva und nicht der Lilith gleicht."
Der Zauberin aus dem Paradiese folgen unheimliche Tiere. Tiere, die sich mit Menschen vermischen. Aber es sind gar keine echten Tiere. Götter stecken in ihnen. Da ist der heilige Bock von Mendes im Nil-Delta. Scharenweise geben die berauschten Weiber sich ihm hin. Denn er ist der Sonnen¬ gott, der Allherrliche, der Weltbezwinger, der seine Zeugungs¬ kraft über die Welt strömt wie sein goldenes Sonnenlicht. In dem Stier dort steckt Zeus. Das bunte Gebilde, das da fratzenhaft gewackelt kommt, halb Tier, halb Mensch, halb bloß Arabeske und im Ganzen bloß Holz, hat doch über¬ natürliche Manneskraft auf Neu-Guinea: das Papuaweib wird schwanger, das sich in seiner Nähe dem Schlafe hingiebt.
Dann die Nachtmare, die Vampyre, der Alp, Inkubus, Sukkubus, -- die Geister sind es des erotisch erregten Schlafes, der nächtlichen Pollutionen. Sie dringen zu Mann und Weib aufs Lager, nötigen sie, wecken ihnen Kinder, von denen im Wachen niemand weiß, woher. Unentwirrbare Rechtskonflikte dringen da ins geregelte Leben: der Elf nimmt die Gestalt des Ehemanns an, umarmt die Frau so, die nichts Böses ahnt: ihr Kind aber nachher ist ein Alräunchen, ein Elfen¬ kind, ein verwunschener Zwerg, der in der Wiege plötzlich ruft, er sei so alt wie der Westerwald. Grinsend auf Ur¬ waldästen reiten die Waldschratte und Waldteufel, die das Weib im Walde überfallen, in Deutschland im Fichtenforst so gut wie unter den Schraubenpalmen Polynesiens. Hinter allem aber nickt zuletzt die Hahnenfeder am roten Hut: der Satan lächelt dich an, der die Frauen verführt und sie dafür zu Hexen macht. Wechselbälge und Kielkröpfe sind die Frucht. Eisig kalt ist die Welle der Teufel, denn sie ist bei Menschen¬ männern gestohlen. Unendliche Protokolle liegen darüber vor.
ſtrich wird um die Mutter gezogen und an die Thür wird geſchrieben: „Gott laſſe das Weib einen Sohn gebären und dieſem ein Weib werden, das der Eva und nicht der Lilith gleicht.“
Der Zauberin aus dem Paradieſe folgen unheimliche Tiere. Tiere, die ſich mit Menſchen vermiſchen. Aber es ſind gar keine echten Tiere. Götter ſtecken in ihnen. Da iſt der heilige Bock von Mendes im Nil-Delta. Scharenweiſe geben die berauſchten Weiber ſich ihm hin. Denn er iſt der Sonnen¬ gott, der Allherrliche, der Weltbezwinger, der ſeine Zeugungs¬ kraft über die Welt ſtrömt wie ſein goldenes Sonnenlicht. In dem Stier dort ſteckt Zeus. Das bunte Gebilde, das da fratzenhaft gewackelt kommt, halb Tier, halb Menſch, halb bloß Arabeske und im Ganzen bloß Holz, hat doch über¬ natürliche Manneskraft auf Neu-Guinea: das Papuaweib wird ſchwanger, das ſich in ſeiner Nähe dem Schlafe hingiebt.
Dann die Nachtmare, die Vampyre, der Alp, Inkubus, Sukkubus, — die Geiſter ſind es des erotiſch erregten Schlafes, der nächtlichen Pollutionen. Sie dringen zu Mann und Weib aufs Lager, nötigen ſie, wecken ihnen Kinder, von denen im Wachen niemand weiß, woher. Unentwirrbare Rechtskonflikte dringen da ins geregelte Leben: der Elf nimmt die Geſtalt des Ehemanns an, umarmt die Frau ſo, die nichts Böſes ahnt: ihr Kind aber nachher iſt ein Alräunchen, ein Elfen¬ kind, ein verwunſchener Zwerg, der in der Wiege plötzlich ruft, er ſei ſo alt wie der Weſterwald. Grinſend auf Ur¬ waldäſten reiten die Waldſchratte und Waldteufel, die das Weib im Walde überfallen, in Deutſchland im Fichtenforſt ſo gut wie unter den Schraubenpalmen Polyneſiens. Hinter allem aber nickt zuletzt die Hahnenfeder am roten Hut: der Satan lächelt dich an, der die Frauen verführt und ſie dafür zu Hexen macht. Wechſelbälge und Kielkröpfe ſind die Frucht. Eiſig kalt iſt die Welle der Teufel, denn ſie iſt bei Menſchen¬ männern geſtohlen. Unendliche Protokolle liegen darüber vor.
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ſtrich wird um die Mutter gezogen und an die Thür wird
geſchrieben: „Gott laſſe das Weib einen Sohn gebären und
dieſem ein Weib werden, das der Eva und nicht der Lilith
gleicht.“
Der Zauberin aus dem Paradieſe folgen unheimliche
Tiere. Tiere, die ſich mit Menſchen vermiſchen. Aber es ſind
gar keine echten Tiere. Götter ſtecken in ihnen. Da iſt der
heilige Bock von Mendes im Nil-Delta. Scharenweiſe geben
die berauſchten Weiber ſich ihm hin. Denn er iſt der Sonnen¬
gott, der Allherrliche, der Weltbezwinger, der ſeine Zeugungs¬
kraft über die Welt ſtrömt wie ſein goldenes Sonnenlicht.
In dem Stier dort ſteckt Zeus. Das bunte Gebilde, das da
fratzenhaft gewackelt kommt, halb Tier, halb Menſch, halb
bloß Arabeske und im Ganzen bloß Holz, hat doch über¬
natürliche Manneskraft auf Neu-Guinea: das Papuaweib wird
ſchwanger, das ſich in ſeiner Nähe dem Schlafe hingiebt.
Dann die Nachtmare, die Vampyre, der Alp, Inkubus,
Sukkubus, — die Geiſter ſind es des erotiſch erregten Schlafes,
der nächtlichen Pollutionen. Sie dringen zu Mann und Weib
aufs Lager, nötigen ſie, wecken ihnen Kinder, von denen im
Wachen niemand weiß, woher. Unentwirrbare Rechtskonflikte
dringen da ins geregelte Leben: der Elf nimmt die Geſtalt
des Ehemanns an, umarmt die Frau ſo, die nichts Böſes
ahnt: ihr Kind aber nachher iſt ein Alräunchen, ein Elfen¬
kind, ein verwunſchener Zwerg, der in der Wiege plötzlich
ruft, er ſei ſo alt wie der Weſterwald. Grinſend auf Ur¬
waldäſten reiten die Waldſchratte und Waldteufel, die das
Weib im Walde überfallen, in Deutſchland im Fichtenforſt ſo
gut wie unter den Schraubenpalmen Polyneſiens. Hinter
allem aber nickt zuletzt die Hahnenfeder am roten Hut: der
Satan lächelt dich an, der die Frauen verführt und ſie dafür
zu Hexen macht. Wechſelbälge und Kielkröpfe ſind die Frucht.
Eiſig kalt iſt die Welle der Teufel, denn ſie iſt bei Menſchen¬
männern geſtohlen. Unendliche Protokolle liegen darüber vor.
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/342>, abgerufen am 22.11.2024.
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