liche Körper in der Regel heute für weichlicher, leistungs¬ unfähiger erklärt.
Ich halte es nun für mehr als ein blendendes Paradoxon, wenn ich sage: das ursprüngliche Verhältnis ist das umge¬ kehrte. Im Tierreich ist ursprünglich die Mutter, wie wir schon einmal besprochen haben, der physisch leistungsfähigere Teil. Sie trägt in ungezählten Fällen die ganze Last des Existenzkampfes genau wie das Männchen, und sie trägt als Zuthat obendrein noch ihre ganzen Mutterpflichten. Soll ich von hier einen allgemeinen Satz bilden, so könnte er nur heißen: die Natur hat, um die Mutterpflichten durchzudrücken, das Weib mindestens mit anderthalber Kraft ausgerüstet.
Höher hinauf hast du dann in der Ehe allerdings die Arbeitsteilung, die die Sachen etwas verschiebt. Das Ver¬ hältnis wird eine Weile wieder normal zwischen den Ge¬ schlechtern: das Männchen nimmt dem Weibchen so viel an Existenzkampf ab, wie das in seiner Mutterschaft an Kraft zu¬ setzt. Aber wie stark bleibt doch auch da noch das Weib! Man muß eine Henne beobachten, die ihre Küchlein verteidigt! Und es kann viel Kraft bleiben, denn im Grunde ist die Mutterschaft überall bis zum höchsten Tier keine aufnutzende, sondern immer eine kraftstählende, kraftentwickelnde Sache, ihre Hauptstationen vollziehen sich gesund und rasch und die ur¬ sprüngliche mächtige Kraftnatur schlägt immer wieder durch, jeden Moment bereit, das alte Plus, wo es not thut, doch auch noch wieder aus der Reserve zu ziehen und zur ganzen Mutterkraft auch noch eine ganze Vaterkraft zu bewähren.
Das geht nun noch stark in den Naturmenschen ein. Wie leicht werden der Wilden einerseits noch die weiblichen Pflichten: erinnere dich nur an die erzählten Fälle vom einsamen Ge¬ bären und vom harten Arbeiten noch am gleichen Tag. Ander¬ seits aber: wie enorm pflegt noch die physische Arbeitslast für den Existenzkampf zu sein, die trotz aller Ehe und Arbeits¬ teilung auf dem wilden Weibe lastet.
liche Körper in der Regel heute für weichlicher, leiſtungs¬ unfähiger erklärt.
Ich halte es nun für mehr als ein blendendes Paradoxon, wenn ich ſage: das urſprüngliche Verhältnis iſt das umge¬ kehrte. Im Tierreich iſt urſprünglich die Mutter, wie wir ſchon einmal beſprochen haben, der phyſiſch leiſtungsfähigere Teil. Sie trägt in ungezählten Fällen die ganze Laſt des Exiſtenzkampfes genau wie das Männchen, und ſie trägt als Zuthat obendrein noch ihre ganzen Mutterpflichten. Soll ich von hier einen allgemeinen Satz bilden, ſo könnte er nur heißen: die Natur hat, um die Mutterpflichten durchzudrücken, das Weib mindeſtens mit anderthalber Kraft ausgerüſtet.
Höher hinauf haſt du dann in der Ehe allerdings die Arbeitsteilung, die die Sachen etwas verſchiebt. Das Ver¬ hältnis wird eine Weile wieder normal zwiſchen den Ge¬ ſchlechtern: das Männchen nimmt dem Weibchen ſo viel an Exiſtenzkampf ab, wie das in ſeiner Mutterſchaft an Kraft zu¬ ſetzt. Aber wie ſtark bleibt doch auch da noch das Weib! Man muß eine Henne beobachten, die ihre Küchlein verteidigt! Und es kann viel Kraft bleiben, denn im Grunde iſt die Mutterſchaft überall bis zum höchſten Tier keine aufnutzende, ſondern immer eine kraftſtählende, kraftentwickelnde Sache, ihre Hauptſtationen vollziehen ſich geſund und raſch und die ur¬ ſprüngliche mächtige Kraftnatur ſchlägt immer wieder durch, jeden Moment bereit, das alte Plus, wo es not thut, doch auch noch wieder aus der Reſerve zu ziehen und zur ganzen Mutterkraft auch noch eine ganze Vaterkraft zu bewähren.
Das geht nun noch ſtark in den Naturmenſchen ein. Wie leicht werden der Wilden einerſeits noch die weiblichen Pflichten: erinnere dich nur an die erzählten Fälle vom einſamen Ge¬ bären und vom harten Arbeiten noch am gleichen Tag. Ander¬ ſeits aber: wie enorm pflegt noch die phyſiſche Arbeitslaſt für den Exiſtenzkampf zu ſein, die trotz aller Ehe und Arbeits¬ teilung auf dem wilden Weibe laſtet.
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liche Körper in der Regel heute für weichlicher, leiſtungs¬
unfähiger erklärt.
Ich halte es nun für mehr als ein blendendes Paradoxon,
wenn ich ſage: das urſprüngliche Verhältnis iſt das umge¬
kehrte. Im Tierreich iſt urſprünglich die Mutter, wie wir
ſchon einmal beſprochen haben, der phyſiſch leiſtungsfähigere
Teil. Sie trägt in ungezählten Fällen die ganze Laſt des
Exiſtenzkampfes genau wie das Männchen, und ſie trägt als
Zuthat obendrein noch ihre ganzen Mutterpflichten. Soll ich
von hier einen allgemeinen Satz bilden, ſo könnte er nur
heißen: die Natur hat, um die Mutterpflichten durchzudrücken,
das Weib mindeſtens mit anderthalber Kraft ausgerüſtet.
Höher hinauf haſt du dann in der Ehe allerdings die
Arbeitsteilung, die die Sachen etwas verſchiebt. Das Ver¬
hältnis wird eine Weile wieder normal zwiſchen den Ge¬
ſchlechtern: das Männchen nimmt dem Weibchen ſo viel an
Exiſtenzkampf ab, wie das in ſeiner Mutterſchaft an Kraft zu¬
ſetzt. Aber wie ſtark bleibt doch auch da noch das Weib!
Man muß eine Henne beobachten, die ihre Küchlein verteidigt!
Und es kann viel Kraft bleiben, denn im Grunde iſt die
Mutterſchaft überall bis zum höchſten Tier keine aufnutzende,
ſondern immer eine kraftſtählende, kraftentwickelnde Sache, ihre
Hauptſtationen vollziehen ſich geſund und raſch und die ur¬
ſprüngliche mächtige Kraftnatur ſchlägt immer wieder durch,
jeden Moment bereit, das alte Plus, wo es not thut, doch
auch noch wieder aus der Reſerve zu ziehen und zur ganzen
Mutterkraft auch noch eine ganze Vaterkraft zu bewähren.
Das geht nun noch ſtark in den Naturmenſchen ein. Wie
leicht werden der Wilden einerſeits noch die weiblichen Pflichten:
erinnere dich nur an die erzählten Fälle vom einſamen Ge¬
bären und vom harten Arbeiten noch am gleichen Tag. Ander¬
ſeits aber: wie enorm pflegt noch die phyſiſche Arbeitslaſt für
den Exiſtenzkampf zu ſein, die trotz aller Ehe und Arbeits¬
teilung auf dem wilden Weibe laſtet.
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/300>, abgerufen am 22.11.2024.
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