Was ist also nun der Mensch? Dein Weiser giebt dir eine sehr schlichte, aber sehr überzeugende Antwort.
Du sitzest auf der Erde und über dir sind die Sterne. Im weitesten Sinne bist auch du ein solcher Weltkörper. Auf die Größe kommt nichts an. Ein einsames Meteorsplitterchen im Raum ist viel kleiner als du und du wirst es doch nicht anders bezeichnen können.
Das eigentliche Grundwissen deines Leibes sind allgemeine Weltkörper-Eigenschaften. Dein Auge faßt im All das kleine Lichtpünktchen des Sternes Sirius. Dieser Sirius ist viele Billionen von Meilen von dir entfernt. Wie kommt es, daß du ihn mit deinem Leibe doch noch gleichsam berühren kannst? Du und der Sirius, ihr schwimmt alle beide in dem feinen Weltenstoff, den der Physiker Äther nennt, wie zwei Fische in demselben ungeheuren Teich. In diesem Äther schlägt die kolossale Flamme jenes glühenden Sirius eigentümliche Wellen¬ kreise. Du kennst die Kreise, die in einem gewöhnlichen Wasser¬ teich entstehen, wenn ein Stein hineinfällt. Immer einer um den andern, wobei immer neue Wasserteilchen in Mitleidenschaft gebracht werden, immer weitere, bis zum Ufer, wo der letzte sich bricht. So erzeugt auch der Sirius in dem Lichtäther eigentümliche, wahrscheinlich elektromagnetische Wellen, und in¬ dem solche Wellenkreise durch die ganzen Billionen von Meilen
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Was iſt alſo nun der Menſch? Dein Weiſer giebt dir eine ſehr ſchlichte, aber ſehr überzeugende Antwort.
Du ſitzeſt auf der Erde und über dir ſind die Sterne. Im weiteſten Sinne biſt auch du ein ſolcher Weltkörper. Auf die Größe kommt nichts an. Ein einſames Meteorſplitterchen im Raum iſt viel kleiner als du und du wirſt es doch nicht anders bezeichnen können.
Das eigentliche Grundwiſſen deines Leibes ſind allgemeine Weltkörper-Eigenſchaften. Dein Auge faßt im All das kleine Lichtpünktchen des Sternes Sirius. Dieſer Sirius iſt viele Billionen von Meilen von dir entfernt. Wie kommt es, daß du ihn mit deinem Leibe doch noch gleichſam berühren kannſt? Du und der Sirius, ihr ſchwimmt alle beide in dem feinen Weltenſtoff, den der Phyſiker Äther nennt, wie zwei Fiſche in demſelben ungeheuren Teich. In dieſem Äther ſchlägt die koloſſale Flamme jenes glühenden Sirius eigentümliche Wellen¬ kreiſe. Du kennſt die Kreiſe, die in einem gewöhnlichen Waſſer¬ teich entſtehen, wenn ein Stein hineinfällt. Immer einer um den andern, wobei immer neue Waſſerteilchen in Mitleidenſchaft gebracht werden, immer weitere, bis zum Ufer, wo der letzte ſich bricht. So erzeugt auch der Sirius in dem Lichtäther eigentümliche, wahrſcheinlich elektromagnetiſche Wellen, und in¬ dem ſolche Wellenkreiſe durch die ganzen Billionen von Meilen
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Was iſt alſo nun der Menſch? Dein Weiſer giebt dir
eine ſehr ſchlichte, aber ſehr überzeugende Antwort.
Du ſitzeſt auf der Erde und über dir ſind die Sterne.
Im weiteſten Sinne biſt auch du ein ſolcher Weltkörper. Auf
die Größe kommt nichts an. Ein einſames Meteorſplitterchen
im Raum iſt viel kleiner als du und du wirſt es doch nicht
anders bezeichnen können.
Das eigentliche Grundwiſſen deines Leibes ſind allgemeine
Weltkörper-Eigenſchaften. Dein Auge faßt im All das kleine
Lichtpünktchen des Sternes Sirius. Dieſer Sirius iſt viele
Billionen von Meilen von dir entfernt. Wie kommt es, daß
du ihn mit deinem Leibe doch noch gleichſam berühren kannſt?
Du und der Sirius, ihr ſchwimmt alle beide in dem feinen
Weltenſtoff, den der Phyſiker Äther nennt, wie zwei Fiſche in
demſelben ungeheuren Teich. In dieſem Äther ſchlägt die
koloſſale Flamme jenes glühenden Sirius eigentümliche Wellen¬
kreiſe. Du kennſt die Kreiſe, die in einem gewöhnlichen Waſſer¬
teich entſtehen, wenn ein Stein hineinfällt. Immer einer um
den andern, wobei immer neue Waſſerteilchen in Mitleidenſchaft
gebracht werden, immer weitere, bis zum Ufer, wo der letzte
ſich bricht. So erzeugt auch der Sirius in dem Lichtäther
eigentümliche, wahrſcheinlich elektromagnetiſche Wellen, und in¬
dem ſolche Wellenkreiſe durch die ganzen Billionen von Meilen
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/75>, abgerufen am 24.11.2024.
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