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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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hängt, wie der Roßschweif an einem Helm -- ein reines
Schmuckstück, das mit der hergebrachten Reihe von Nützlichkeits¬
federn an Leib, Flügeln und echtem Schwanz schlechterdings
gar nichts zu thun hat. Die Goldwelle beherrscht aber das
ganze Bild des Tieres als das Auffällige, das eigentlich über¬
raschend Schöne, das Paradiesische.

Wer das prachtvolle Geschöpf öfter gesehen hatte, mochte
sich ausmalen, wie es wirken würde, wenn diese Welle statt
in Gold in einer anderen Spektralfarbe strahlte.

Was mochte das zähe Wunderland Neu-Guinea -- so
spät bekannt geworden, jetzt aber so heiß umworben -- hier
nicht noch alles bieten! Zu dieser Stunde steht in Dresden
der Rudolfs-Paradiesvogel, benannt nach dem Schüler Brehms,
Rudolf von Österreich. In der Farbenlehre sagt man: die
Komplementär-Farbe zu gelb ist blau. So leuchten jene Schmuck¬
federn dieses Paradiesiers in einem wahren Capriblau, als sei
alles Licht italischen Meeres darauf ausgegossen. Wunderbar
ist dabei der Gegensatz zu gewissen karmoisinroten Federrändern
unter dem Blau, die wie ein Korallenbusch in dieser Bläue
liegen. Und auch hier ist diese blaue Welle nicht Flügel, nicht
eigentlicher Schwanz, es ist ein Luxus, der aber wie ein magi¬
sches Nixenkleid beim Fluge das ganze Tier umwallt.

Es ist das Bezeichnende aller schönsten Paradiesvögel,
diese Luxusleistung. Dem Wallace-Vogel, der sonst ein graues
Vöglein ist, blos mit einem violetten Krönchen auf dem Kopf,
schießen aus der Brust wahre Standarten metallischen Grüns, und
von den Schultern heben sich noch besonders vier schneeweiße
Riesenfedern, die sich senkrecht gegen die Flügel aufrichten lassen.

Dem König-Alberts-Vogel wallen zwei einzelne Federfahnen,
um ein vielfaches länger als der ganze Vogel sonst, in ab¬
wechselnd blau und weißer Porzellanfärbung wie ein ungeheuer¬
liches buntes Akazienblatt hinter dem Ohr hervor.

Noch andere der Reihe sind schwarz wie Anthracit und
aus dem Muschelbruch dieses Anthracitkörpers bricht es plötzlich

hängt, wie der Roßſchweif an einem Helm — ein reines
Schmuckſtück, das mit der hergebrachten Reihe von Nützlichkeits¬
federn an Leib, Flügeln und echtem Schwanz ſchlechterdings
gar nichts zu thun hat. Die Goldwelle beherrſcht aber das
ganze Bild des Tieres als das Auffällige, das eigentlich über¬
raſchend Schöne, das Paradieſiſche.

Wer das prachtvolle Geſchöpf öfter geſehen hatte, mochte
ſich ausmalen, wie es wirken würde, wenn dieſe Welle ſtatt
in Gold in einer anderen Spektralfarbe ſtrahlte.

Was mochte das zähe Wunderland Neu-Guinea — ſo
ſpät bekannt geworden, jetzt aber ſo heiß umworben — hier
nicht noch alles bieten! Zu dieſer Stunde ſteht in Dresden
der Rudolfs-Paradiesvogel, benannt nach dem Schüler Brehms,
Rudolf von Öſterreich. In der Farbenlehre ſagt man: die
Komplementär-Farbe zu gelb iſt blau. So leuchten jene Schmuck¬
federn dieſes Paradieſiers in einem wahren Capriblau, als ſei
alles Licht italiſchen Meeres darauf ausgegoſſen. Wunderbar
iſt dabei der Gegenſatz zu gewiſſen karmoiſinroten Federrändern
unter dem Blau, die wie ein Korallenbuſch in dieſer Bläue
liegen. Und auch hier iſt dieſe blaue Welle nicht Flügel, nicht
eigentlicher Schwanz, es iſt ein Luxus, der aber wie ein magi¬
ſches Nixenkleid beim Fluge das ganze Tier umwallt.

Es iſt das Bezeichnende aller ſchönſten Paradiesvögel,
dieſe Luxusleiſtung. Dem Wallace-Vogel, der ſonſt ein graues
Vöglein iſt, blos mit einem violetten Krönchen auf dem Kopf,
ſchießen aus der Bruſt wahre Standarten metalliſchen Grüns, und
von den Schultern heben ſich noch beſonders vier ſchneeweiße
Rieſenfedern, die ſich ſenkrecht gegen die Flügel aufrichten laſſen.

Dem König-Alberts-Vogel wallen zwei einzelne Federfahnen,
um ein vielfaches länger als der ganze Vogel ſonſt, in ab¬
wechſelnd blau und weißer Porzellanfärbung wie ein ungeheuer¬
liches buntes Akazienblatt hinter dem Ohr hervor.

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[347/0363] hängt, wie der Roßſchweif an einem Helm — ein reines Schmuckſtück, das mit der hergebrachten Reihe von Nützlichkeits¬ federn an Leib, Flügeln und echtem Schwanz ſchlechterdings gar nichts zu thun hat. Die Goldwelle beherrſcht aber das ganze Bild des Tieres als das Auffällige, das eigentlich über¬ raſchend Schöne, das Paradieſiſche. Wer das prachtvolle Geſchöpf öfter geſehen hatte, mochte ſich ausmalen, wie es wirken würde, wenn dieſe Welle ſtatt in Gold in einer anderen Spektralfarbe ſtrahlte. Was mochte das zähe Wunderland Neu-Guinea — ſo ſpät bekannt geworden, jetzt aber ſo heiß umworben — hier nicht noch alles bieten! Zu dieſer Stunde ſteht in Dresden der Rudolfs-Paradiesvogel, benannt nach dem Schüler Brehms, Rudolf von Öſterreich. In der Farbenlehre ſagt man: die Komplementär-Farbe zu gelb iſt blau. So leuchten jene Schmuck¬ federn dieſes Paradieſiers in einem wahren Capriblau, als ſei alles Licht italiſchen Meeres darauf ausgegoſſen. Wunderbar iſt dabei der Gegenſatz zu gewiſſen karmoiſinroten Federrändern unter dem Blau, die wie ein Korallenbuſch in dieſer Bläue liegen. Und auch hier iſt dieſe blaue Welle nicht Flügel, nicht eigentlicher Schwanz, es iſt ein Luxus, der aber wie ein magi¬ ſches Nixenkleid beim Fluge das ganze Tier umwallt. Es iſt das Bezeichnende aller ſchönſten Paradiesvögel, dieſe Luxusleiſtung. Dem Wallace-Vogel, der ſonſt ein graues Vöglein iſt, blos mit einem violetten Krönchen auf dem Kopf, ſchießen aus der Bruſt wahre Standarten metalliſchen Grüns, und von den Schultern heben ſich noch beſonders vier ſchneeweiße Rieſenfedern, die ſich ſenkrecht gegen die Flügel aufrichten laſſen. Dem König-Alberts-Vogel wallen zwei einzelne Federfahnen, um ein vielfaches länger als der ganze Vogel ſonſt, in ab¬ wechſelnd blau und weißer Porzellanfärbung wie ein ungeheuer¬ liches buntes Akazienblatt hinter dem Ohr hervor. Noch andere der Reihe ſind ſchwarz wie Anthracit und aus dem Muſchelbruch dieſes Anthracitkörpers bricht es plötzlich

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/363>, abgerufen am 22.11.2024.