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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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ments-Mensch so vieler Kulturjahrhunderte stehst da in Wahr¬
heit vor einem bänglich armen Zirkel von Jahrmillionen, die
dich von deinem Menschen-Frosch trennen. Man muß sagen,
die Menschheit hat in diesem Punkt einen wahren Don
Quixote-Helden-Kampf bis zum Äußersten geführt, um Varian¬
ten im einfachen Gefühl zu schaffen. Und ist doch wahrhaftig
nicht über den Frosch hinausgekommen.

Nein, in dieser Linie war es nun einmal nicht zu
machen. Ein ganz anderer Weg ist viel langsamer daneben
hoch gekommen -- und eben der doch schließlich ein mensch¬
licherer. Der Mensch ist einmal nun das Geistestier, das Tier
des aufstrebenden Geistes -- und da hilft alles nichts.

So ist von hier eine ganz andere, entschieden aussichts¬
vollere Straße versucht worden. Etwas geräuschloser, aber
doch übermächtig. Es ist nämlich, sintemalen der Kitzelakt der
Wollust nun doch einmal in die große Liebeskette als fester
Fels hineingeraten war, versucht worden, auch diesen Fels zu
vergeistigen in eine höhere Linie hinein.

Von einer höheren Linie ist das Zusammentreten der
beiden Individuen Mann und Weib einer Revision unterzogen
worden im Sinne einer nochmals höheren Einheitsbildung.

Nicht jedes Weib als solches und nur deswegen, weil
es "Weib" ist, mit jedem beliebigen Manne und umgekehrt.
Du verstehst, was ich meine. Das ungestüme Roß der Wollust,
selber nicht entwickelungsfähig, ist zwischen die Schenkel eines
allgewaltigen Geistes- und Kultur-Reiters gepreßt worden:
der geistigen Begründung des Liebes-Individuums auf Grund
individueller Harmonie zwischen diesem Manne und ausgespart
gerade diesem Weibe. Von hier beginnt ein weiterer Werde¬
prozeß, der noch einmal wirklich alles umwertet. Das Wort
Einzelehe bezeichnet ihn nur andeutend und vorläufig, nicht
dauernd wesentlich. Aber es faßt ihn immerhin grob so, daß
die Sache erkennbar wird.

Die Wollust, die zwischen Männern, Weibern, mit

ments-Menſch ſo vieler Kulturjahrhunderte ſtehſt da in Wahr¬
heit vor einem bänglich armen Zirkel von Jahrmillionen, die
dich von deinem Menſchen-Froſch trennen. Man muß ſagen,
die Menſchheit hat in dieſem Punkt einen wahren Don
Quixote-Helden-Kampf bis zum Äußerſten geführt, um Varian¬
ten im einfachen Gefühl zu ſchaffen. Und iſt doch wahrhaftig
nicht über den Froſch hinausgekommen.

Nein, in dieſer Linie war es nun einmal nicht zu
machen. Ein ganz anderer Weg iſt viel langſamer daneben
hoch gekommen — und eben der doch ſchließlich ein menſch¬
licherer. Der Menſch iſt einmal nun das Geiſtestier, das Tier
des aufſtrebenden Geiſtes — und da hilft alles nichts.

So iſt von hier eine ganz andere, entſchieden ausſichts¬
vollere Straße verſucht worden. Etwas geräuſchloſer, aber
doch übermächtig. Es iſt nämlich, ſintemalen der Kitzelakt der
Wolluſt nun doch einmal in die große Liebeskette als feſter
Fels hineingeraten war, verſucht worden, auch dieſen Fels zu
vergeiſtigen in eine höhere Linie hinein.

Von einer höheren Linie iſt das Zuſammentreten der
beiden Individuen Mann und Weib einer Reviſion unterzogen
worden im Sinne einer nochmals höheren Einheitsbildung.

Nicht jedes Weib als ſolches und nur deswegen, weil
es „Weib“ iſt, mit jedem beliebigen Manne und umgekehrt.
Du verſtehſt, was ich meine. Das ungeſtüme Roß der Wolluſt,
ſelber nicht entwickelungsfähig, iſt zwiſchen die Schenkel eines
allgewaltigen Geiſtes- und Kultur-Reiters gepreßt worden:
der geiſtigen Begründung des Liebes-Individuums auf Grund
individueller Harmonie zwiſchen dieſem Manne und ausgeſpart
gerade dieſem Weibe. Von hier beginnt ein weiterer Werde¬
prozeß, der noch einmal wirklich alles umwertet. Das Wort
Einzelehe bezeichnet ihn nur andeutend und vorläufig, nicht
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die Sache erkennbar wird.

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[322/0338] ments-Menſch ſo vieler Kulturjahrhunderte ſtehſt da in Wahr¬ heit vor einem bänglich armen Zirkel von Jahrmillionen, die dich von deinem Menſchen-Froſch trennen. Man muß ſagen, die Menſchheit hat in dieſem Punkt einen wahren Don Quixote-Helden-Kampf bis zum Äußerſten geführt, um Varian¬ ten im einfachen Gefühl zu ſchaffen. Und iſt doch wahrhaftig nicht über den Froſch hinausgekommen. Nein, in dieſer Linie war es nun einmal nicht zu machen. Ein ganz anderer Weg iſt viel langſamer daneben hoch gekommen — und eben der doch ſchließlich ein menſch¬ licherer. Der Menſch iſt einmal nun das Geiſtestier, das Tier des aufſtrebenden Geiſtes — und da hilft alles nichts. So iſt von hier eine ganz andere, entſchieden ausſichts¬ vollere Straße verſucht worden. Etwas geräuſchloſer, aber doch übermächtig. Es iſt nämlich, ſintemalen der Kitzelakt der Wolluſt nun doch einmal in die große Liebeskette als feſter Fels hineingeraten war, verſucht worden, auch dieſen Fels zu vergeiſtigen in eine höhere Linie hinein. Von einer höheren Linie iſt das Zuſammentreten der beiden Individuen Mann und Weib einer Reviſion unterzogen worden im Sinne einer nochmals höheren Einheitsbildung. Nicht jedes Weib als ſolches und nur deswegen, weil es „Weib“ iſt, mit jedem beliebigen Manne und umgekehrt. Du verſtehſt, was ich meine. Das ungeſtüme Roß der Wolluſt, ſelber nicht entwickelungsfähig, iſt zwiſchen die Schenkel eines allgewaltigen Geiſtes- und Kultur-Reiters gepreßt worden: der geiſtigen Begründung des Liebes-Individuums auf Grund individueller Harmonie zwiſchen dieſem Manne und ausgeſpart gerade dieſem Weibe. Von hier beginnt ein weiterer Werde¬ prozeß, der noch einmal wirklich alles umwertet. Das Wort Einzelehe bezeichnet ihn nur andeutend und vorläufig, nicht dauernd weſentlich. Aber es faßt ihn immerhin grob ſo, daß die Sache erkennbar wird. Die Wolluſt, die zwiſchen Männern, Weibern, mit

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/338>, abgerufen am 22.11.2024.