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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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Verbindung steht hier ein Geschlechts-Niesen beider Parteien
-- Mann und Weib spritzen ihr Liebesprodukt dabei vor.

Es stände aber nichts im Wege, das darüber rückwärts
hinaus sich noch viel einfacher zu denken.

Laß selbst die allgemeine Bauchberührung, ja jede un¬
mittelbare Körperbetastung als Kitzelmoment fortfallen. Zwei
Tiere verschiedenen Geschlechts sollen bloß ihre gegenseitige
Nähe durch ein Sinnesorgan Auge oder Ohr merken, -- sie
sollen sich hören, oder sehen, oder auch riechen. Und dann
beide losschießen. Hier bildete geradezu also das Auge oder
das Ohr oder die Nase den Kitzelerreger, der sofort zur vollen
Wollust führte.

Du siehst: jede einzelne Stufe jener Steigerungsskala, die
wir bei dir oben betrachtet haben, kann bei diesen oder jenen
deiner tierischen Ahnen schon genügt haben, um das ganze so¬
fort auszulösen. Wie wenn du deine Geliebte bloß sähest
oder reden hörtest oder gar bloß den Parfüm ihres Kleides
einatmetest und das genügte, um die ganze Melodie des in¬
timsten Liebesaktes bei dir spielen zu lassen mit sämtlichen
Empfindungen und unter Ausströmen der Lebenswelle.

Bei den Blaufelchen wärst du doch wenigstens schon
beim Händedruck. Den umgekehrten Weg vom Blaufelchen zu
dir kannst du dir aber jetzt wirklich von selber abzählen. Die
Kröten dort im Teich regen sich offenbar noch ganz durch
äußere Hautreibung auf. Bei den Molchen, die Pforte an
Pforte lieben, ist die Empfindung sicherlich schon stark auf
diesen Pfortenrand lokalisiert. Aber es sind ja noch die
Kloaken-Pforten. Also das Wollust-Centrum sitzt sehr im
Gegensatz zu dir noch am After. (Der Fall ist, nebenbei be¬
merkt, wieder interessant zur Geschichte der Päderastie.) Dieser
Sachverhalt hält sich auch noch bei Eidechse und Krokodil.
Aber hier hört etwas anderes, dir fremdes schon auf.

Das Weib behält nämlich seine Eier fortan auch über
den Wollust-Akt hinweg im Leibe.

Verbindung ſteht hier ein Geſchlechts-Nieſen beider Parteien
— Mann und Weib ſpritzen ihr Liebesprodukt dabei vor.

Es ſtände aber nichts im Wege, das darüber rückwärts
hinaus ſich noch viel einfacher zu denken.

Laß ſelbſt die allgemeine Bauchberührung, ja jede un¬
mittelbare Körperbetaſtung als Kitzelmoment fortfallen. Zwei
Tiere verſchiedenen Geſchlechts ſollen bloß ihre gegenſeitige
Nähe durch ein Sinnesorgan Auge oder Ohr merken, — ſie
ſollen ſich hören, oder ſehen, oder auch riechen. Und dann
beide losſchießen. Hier bildete geradezu alſo das Auge oder
das Ohr oder die Naſe den Kitzelerreger, der ſofort zur vollen
Wolluſt führte.

Du ſiehſt: jede einzelne Stufe jener Steigerungsſkala, die
wir bei dir oben betrachtet haben, kann bei dieſen oder jenen
deiner tieriſchen Ahnen ſchon genügt haben, um das ganze ſo¬
fort auszulöſen. Wie wenn du deine Geliebte bloß ſäheſt
oder reden hörteſt oder gar bloß den Parfüm ihres Kleides
einatmeteſt und das genügte, um die ganze Melodie des in¬
timſten Liebesaktes bei dir ſpielen zu laſſen mit ſämtlichen
Empfindungen und unter Ausſtrömen der Lebenswelle.

Bei den Blaufelchen wärſt du doch wenigſtens ſchon
beim Händedruck. Den umgekehrten Weg vom Blaufelchen zu
dir kannſt du dir aber jetzt wirklich von ſelber abzählen. Die
Kröten dort im Teich regen ſich offenbar noch ganz durch
äußere Hautreibung auf. Bei den Molchen, die Pforte an
Pforte lieben, iſt die Empfindung ſicherlich ſchon ſtark auf
dieſen Pfortenrand lokaliſiert. Aber es ſind ja noch die
Kloaken-Pforten. Alſo das Wolluſt-Centrum ſitzt ſehr im
Gegenſatz zu dir noch am After. (Der Fall iſt, nebenbei be¬
merkt, wieder intereſſant zur Geſchichte der Päderaſtie.) Dieſer
Sachverhalt hält ſich auch noch bei Eidechſe und Krokodil.
Aber hier hört etwas anderes, dir fremdes ſchon auf.

Das Weib behält nämlich ſeine Eier fortan auch über
den Wolluſt-Akt hinweg im Leibe.

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[317/0333] Verbindung ſteht hier ein Geſchlechts-Nieſen beider Parteien — Mann und Weib ſpritzen ihr Liebesprodukt dabei vor. Es ſtände aber nichts im Wege, das darüber rückwärts hinaus ſich noch viel einfacher zu denken. Laß ſelbſt die allgemeine Bauchberührung, ja jede un¬ mittelbare Körperbetaſtung als Kitzelmoment fortfallen. Zwei Tiere verſchiedenen Geſchlechts ſollen bloß ihre gegenſeitige Nähe durch ein Sinnesorgan Auge oder Ohr merken, — ſie ſollen ſich hören, oder ſehen, oder auch riechen. Und dann beide losſchießen. Hier bildete geradezu alſo das Auge oder das Ohr oder die Naſe den Kitzelerreger, der ſofort zur vollen Wolluſt führte. Du ſiehſt: jede einzelne Stufe jener Steigerungsſkala, die wir bei dir oben betrachtet haben, kann bei dieſen oder jenen deiner tieriſchen Ahnen ſchon genügt haben, um das ganze ſo¬ fort auszulöſen. Wie wenn du deine Geliebte bloß ſäheſt oder reden hörteſt oder gar bloß den Parfüm ihres Kleides einatmeteſt und das genügte, um die ganze Melodie des in¬ timſten Liebesaktes bei dir ſpielen zu laſſen mit ſämtlichen Empfindungen und unter Ausſtrömen der Lebenswelle. Bei den Blaufelchen wärſt du doch wenigſtens ſchon beim Händedruck. Den umgekehrten Weg vom Blaufelchen zu dir kannſt du dir aber jetzt wirklich von ſelber abzählen. Die Kröten dort im Teich regen ſich offenbar noch ganz durch äußere Hautreibung auf. Bei den Molchen, die Pforte an Pforte lieben, iſt die Empfindung ſicherlich ſchon ſtark auf dieſen Pfortenrand lokaliſiert. Aber es ſind ja noch die Kloaken-Pforten. Alſo das Wolluſt-Centrum ſitzt ſehr im Gegenſatz zu dir noch am After. (Der Fall iſt, nebenbei be¬ merkt, wieder intereſſant zur Geſchichte der Päderaſtie.) Dieſer Sachverhalt hält ſich auch noch bei Eidechſe und Krokodil. Aber hier hört etwas anderes, dir fremdes ſchon auf. Das Weib behält nämlich ſeine Eier fortan auch über den Wolluſt-Akt hinweg im Leibe.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/333>, abgerufen am 22.11.2024.