auch noch über diesen Anschauungs-Dualismus zu einem wenig¬ stens grundlegenden Monismus, einer Einheitslehre hinsichtlich deiner gesamten Erfahrungswelt überzugehen.
Du könntest dich nämlich auf die einfache Thatsache be¬ sinnen, daß zunächst alle deine Erfahrung Empfindungserfahrung und also seelischer Natur ist, -- während die ganzen Begriffe der Kraft und des Mechanismus erst innerhalb dieser grund¬ legend seelischen Erfahrung geschaffene Abstraktionen deines Denkens selber sind, die dir zur Ordnung des Weltbildes un¬ schätzbare Dienste thun, aber mit keinem Finger und dicken Zeh irgendwo aus deinem seelischen Welterlebnis positiv heraus¬ ragen können.
Es wäre also schließlich die mechanistische Anschauungsart doch nur eine Loge sozusagen innerhalb des umfassenden psychischen oder seelischen Theaters, und damit wäre die Einheit auch von hier aus erreicht, die am anderen Pol der Materialismus er¬ rungen zu haben glaubte.
Doch das mache nun mit dir ab wie du willst.
Sei es nun so oder so oder noch so damit: in jenem entscheidenden Moment ist eben auf alle Fälle alles wieder beim Alten. Ich selber bin von neuem das Maß aller Ana¬ logien. Ich bin konsequente Maschine, -- zur Definition gerade meiner Maschine gehört aber irgendwie auch die Empfindung. Ich sehe nun, daß alle anderen Menschen in allem mir Sicht¬ baren auch Maschinen sind wie ich, -- folglich werden sie wohl auch Empfindung besitzen. Die Maschine dort, die ich einen lebendigen Kuckuck heiße, wird entsprechend ebenfalls wohl Lust empfinden. Und so geht das nun abermals abwärts ins Unaufhaltsame. Alle Lebensmaschinen da unten sind ja nur Unterschiede des Grades, nicht der Art gegen mich. Und end¬ lich überhaupt alles Mechanische. In alle Tiefen sinkt die Empfindungs-Analogie jetzt erst recht mit -- und alles schein¬ bar vom Mechanismus Umgeworfene richtet sich auf wie strotzende Kornähren nach dem Regen.
auch noch über dieſen Anſchauungs-Dualismus zu einem wenig¬ ſtens grundlegenden Monismus, einer Einheitslehre hinſichtlich deiner geſamten Erfahrungswelt überzugehen.
Du könnteſt dich nämlich auf die einfache Thatſache be¬ ſinnen, daß zunächſt alle deine Erfahrung Empfindungserfahrung und alſo ſeeliſcher Natur iſt, — während die ganzen Begriffe der Kraft und des Mechanismus erſt innerhalb dieſer grund¬ legend ſeeliſchen Erfahrung geſchaffene Abſtraktionen deines Denkens ſelber ſind, die dir zur Ordnung des Weltbildes un¬ ſchätzbare Dienſte thun, aber mit keinem Finger und dicken Zeh irgendwo aus deinem ſeeliſchen Welterlebnis poſitiv heraus¬ ragen können.
Es wäre alſo ſchließlich die mechaniſtiſche Anſchauungsart doch nur eine Loge ſozuſagen innerhalb des umfaſſenden pſychiſchen oder ſeeliſchen Theaters, und damit wäre die Einheit auch von hier aus erreicht, die am anderen Pol der Materialismus er¬ rungen zu haben glaubte.
Doch das mache nun mit dir ab wie du willſt.
Sei es nun ſo oder ſo oder noch ſo damit: in jenem entſcheidenden Moment iſt eben auf alle Fälle alles wieder beim Alten. Ich ſelber bin von neuem das Maß aller Ana¬ logien. Ich bin konſequente Maſchine, — zur Definition gerade meiner Maſchine gehört aber irgendwie auch die Empfindung. Ich ſehe nun, daß alle anderen Menſchen in allem mir Sicht¬ baren auch Maſchinen ſind wie ich, — folglich werden ſie wohl auch Empfindung beſitzen. Die Maſchine dort, die ich einen lebendigen Kuckuck heiße, wird entſprechend ebenfalls wohl Luſt empfinden. Und ſo geht das nun abermals abwärts ins Unaufhaltſame. Alle Lebensmaſchinen da unten ſind ja nur Unterſchiede des Grades, nicht der Art gegen mich. Und end¬ lich überhaupt alles Mechaniſche. In alle Tiefen ſinkt die Empfindungs-Analogie jetzt erſt recht mit — und alles ſchein¬ bar vom Mechanismus Umgeworfene richtet ſich auf wie ſtrotzende Kornähren nach dem Regen.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0315"n="299"/>
auch noch über dieſen Anſchauungs-Dualismus zu einem wenig¬<lb/>ſtens grundlegenden Monismus, einer Einheitslehre hinſichtlich<lb/>
deiner geſamten Erfahrungswelt überzugehen.</p><lb/><p>Du könnteſt dich nämlich auf die einfache Thatſache be¬<lb/>ſinnen, daß zunächſt alle deine Erfahrung Empfindungserfahrung<lb/>
und alſo ſeeliſcher Natur iſt, — während die ganzen Begriffe<lb/>
der Kraft und des Mechanismus erſt innerhalb dieſer grund¬<lb/>
legend ſeeliſchen Erfahrung geſchaffene Abſtraktionen deines<lb/>
Denkens ſelber ſind, die dir zur Ordnung des Weltbildes un¬<lb/>ſchätzbare Dienſte thun, aber mit keinem Finger und dicken Zeh<lb/>
irgendwo aus deinem ſeeliſchen Welterlebnis poſitiv heraus¬<lb/>
ragen können.</p><lb/><p>Es wäre alſo ſchließlich die mechaniſtiſche Anſchauungsart<lb/>
doch nur eine Loge ſozuſagen innerhalb des umfaſſenden pſychiſchen<lb/>
oder ſeeliſchen Theaters, und damit wäre die Einheit auch von<lb/>
hier aus erreicht, die am anderen Pol der Materialismus er¬<lb/>
rungen zu haben glaubte.</p><lb/><p>Doch das mache nun mit dir ab wie du willſt.</p><lb/><p>Sei es nun ſo oder ſo oder noch ſo damit: in jenem<lb/>
entſcheidenden Moment iſt eben auf alle Fälle alles wieder<lb/>
beim Alten. Ich ſelber bin von neuem das Maß aller Ana¬<lb/>
logien. Ich bin konſequente Maſchine, — zur Definition gerade<lb/>
meiner Maſchine gehört aber irgendwie auch die Empfindung.<lb/>
Ich ſehe nun, daß alle anderen Menſchen in allem mir Sicht¬<lb/>
baren auch Maſchinen ſind wie ich, — folglich werden ſie<lb/>
wohl auch Empfindung beſitzen. Die Maſchine dort, die ich<lb/>
einen lebendigen Kuckuck heiße, wird entſprechend ebenfalls wohl<lb/>
Luſt empfinden. Und ſo geht das nun abermals abwärts ins<lb/>
Unaufhaltſame. Alle Lebensmaſchinen da unten ſind ja nur<lb/>
Unterſchiede des Grades, nicht der Art gegen mich. Und end¬<lb/>
lich überhaupt alles Mechaniſche. In alle Tiefen ſinkt die<lb/>
Empfindungs-Analogie jetzt erſt recht mit — und alles ſchein¬<lb/>
bar vom Mechanismus Umgeworfene richtet ſich auf wie<lb/>ſtrotzende Kornähren nach dem Regen.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[299/0315]
auch noch über dieſen Anſchauungs-Dualismus zu einem wenig¬
ſtens grundlegenden Monismus, einer Einheitslehre hinſichtlich
deiner geſamten Erfahrungswelt überzugehen.
Du könnteſt dich nämlich auf die einfache Thatſache be¬
ſinnen, daß zunächſt alle deine Erfahrung Empfindungserfahrung
und alſo ſeeliſcher Natur iſt, — während die ganzen Begriffe
der Kraft und des Mechanismus erſt innerhalb dieſer grund¬
legend ſeeliſchen Erfahrung geſchaffene Abſtraktionen deines
Denkens ſelber ſind, die dir zur Ordnung des Weltbildes un¬
ſchätzbare Dienſte thun, aber mit keinem Finger und dicken Zeh
irgendwo aus deinem ſeeliſchen Welterlebnis poſitiv heraus¬
ragen können.
Es wäre alſo ſchließlich die mechaniſtiſche Anſchauungsart
doch nur eine Loge ſozuſagen innerhalb des umfaſſenden pſychiſchen
oder ſeeliſchen Theaters, und damit wäre die Einheit auch von
hier aus erreicht, die am anderen Pol der Materialismus er¬
rungen zu haben glaubte.
Doch das mache nun mit dir ab wie du willſt.
Sei es nun ſo oder ſo oder noch ſo damit: in jenem
entſcheidenden Moment iſt eben auf alle Fälle alles wieder
beim Alten. Ich ſelber bin von neuem das Maß aller Ana¬
logien. Ich bin konſequente Maſchine, — zur Definition gerade
meiner Maſchine gehört aber irgendwie auch die Empfindung.
Ich ſehe nun, daß alle anderen Menſchen in allem mir Sicht¬
baren auch Maſchinen ſind wie ich, — folglich werden ſie
wohl auch Empfindung beſitzen. Die Maſchine dort, die ich
einen lebendigen Kuckuck heiße, wird entſprechend ebenfalls wohl
Luſt empfinden. Und ſo geht das nun abermals abwärts ins
Unaufhaltſame. Alle Lebensmaſchinen da unten ſind ja nur
Unterſchiede des Grades, nicht der Art gegen mich. Und end¬
lich überhaupt alles Mechaniſche. In alle Tiefen ſinkt die
Empfindungs-Analogie jetzt erſt recht mit — und alles ſchein¬
bar vom Mechanismus Umgeworfene richtet ſich auf wie
ſtrotzende Kornähren nach dem Regen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/315>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.